Nordrhein-Westfalen Suche nach Lösungen: Wiedenbrücker Sprungbecken nicht tief genug
Die Tiefe des Beckens unter dem Dreimeterturm im Freibad Wiedenbrück entspricht weder europäischen noch deutschen Normen. Das ist erst jetzt aufgefallen. Freiwillige sind deswegen am Sonntag 1.000 mal vom Dreier gesprungen, um zu beweisen, dass keine Gefahr droht. Trotzdem bleibt das Sprungbrett vorläufig gesperrt.
Kann das Drei-Meter-Brett zumindest für Kinder wieder freigegeben werden? Muss das Sprungbecken ausgebaggert werden? Und wenn ja, ist das über eine Spendenaktion zu finanzieren? Rheda-Wiedenbrücks Bürgermeister Theo Mettenborg sucht mit seinen Mitarbeitern nach Lösungen. Parallel dazu wird die Sprungaktion vom Wochenende ausgewertet.
Mehr als 1.000 Menschen Testen das Sprungbrett
Am Sonntagnachmittag waren die 1.000 Sprünge in Rheda-Wiedenbrück gemacht. Einige Springer kamen mit den Füßen leicht auf dem Boden auf. Allerdings hat sich niemand verletzt, so wie in den letzten Jahren auch nicht. Denn das wäre ein Problem.
Der "Dreier" bleibt aber erstmal gesperrt, wahrscheinlich die komplette Woche. Der Bürgermeister und seine Juristen werden erst einmal die Ergebnisse auswerten.

Acht Zentimeter Beckentiefe fehlen bis zur Norm
Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für das Deutsche Badewesen, Christian Mankel, war heute vor Ort und lobte die Aktion. Das Risiko liege aber auf Seiten der Stadt Rheda-Wiedenbrück. Allerdings will sich die Badegesellschaft auch dafür einsetzen, dass über die Normen noch einmal nachgedacht wird.
Diejenigen, die gesprungen sind, taten das auf eigenes Risiko. Sie alle trugen ein Armbändchen, damit die Ergebnisse dokumentiert werden konnten. Angst brauchten sie aber keine haben. Auch der erste Springer heute nicht, es war Michael Duhme von der Stadt. Denn er macht das schon seit klein auf.
Absprunghöhe, Beschleunigung, Geschwindigkeit, das entscheidet. Ein normaler Schwimmer kommt nie auf den Grund.
Michael Duhme, Tiefbauamtsleiter Stadt Rheda-Wiedenbrück

Amtsleiter Michael Duhme macht den ersten Sprung ins Becken
Die Kommission, die alles dokumentiert hat, will in einigen Tagen eine Rückmeldung geben, ob es gefährliche Situationen gegeben hat. Und dann wird entschieden, wie es weitergeht, sagt Bürgermeister Theo Mettenborg.
Der hatte sich zusammen mit seinem Amtsleiter Michael Duhme auf diesen Tag gefreut. Die Doppelstadt hat zwei Freibäder und in dem in Wiedenbrück beginnt jetzt die Saison. Es ist wieder warm geworden, das Bad ist fein herausgeputzt und sauber, die Schwimmerinnen und Schwimmer können kommen.
Deutsche Badegesellschaft misst genau nach
Wäre da nicht kürzlich dieser Besuch gewesen von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen, dem Verband, dem alle 6.000 Frei- und Hallenbäder in Deutschland angehören. Der hat die Beckentiefe unter dem Dreier gemessen. Das Ergebnis: Es fehlen acht Zentimeter. 3,62 Meter tief ist das Becken, 3,70 Meter tief müsste es sein. Damit verstößt die Stadt gegen europäische und deutsche Normen.
Wir haben 20 Jahre lang bewiesen, dass hier nichts passiert ist, und jetzt geht´s um acht Zentimeter.
Theo Mettenborg (CDU), Bürgermeister Rheda-Wiedenbrück

Bürgermeister Theo Mettenborg (links) ist fassungslos.
Was klingt, wie ein Schildbürgerstreich, hat einen ersten Hintergrund. Sollte ein Turmspringer oder eine Turmspringerin am Boden aufschlagen und die Stadt verklagen, könnte es teuer werden.
Sprungtürme: Hauptunfallquellen in öffentlichen Bädern
Dann müsste Rheda-Wiedenbrück womöglich haften, sagt Frank Achtzehn von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen: "Für uns ist es schwer einschätzbar, ob sich gefährliche Verletzungen ergeben können, wir wissen aber, dass Sprungtürme und Wasserrutschen die Hauptunfallquellen in öffentlichen Schwimmbädern sind und schauen deshalb besonders genau hin."
Einfach ignorieren konnte Rheda-Wiedenbrück das Gutachten des Verbandes also nicht. Also hatten Bürgermeister Mettenborg und sein Team die Idee zum Massenspringen, die Medien in ganz Deutschland interessierte.

Am Montag könnte der Sprungturm im Freibad wieder offen sein.
Sind die Ergebnisse positiv, könnte der Bürgermeister am kommenden Montag den Turm freigeben - theoretisch. "Vielleicht geht es ja mit starken Einschränkungen", sagt Theo Mettenburg vorsichtig: "Dann steht jemand unten und sagt: Ihr könnt den Turm nutzen, aber nur gerade runterspringen. Dann wäre erstmal die Saison gerettet, und wir könnten überlegen, was wir für nächstes Jahr machen."
Sie könnten den Turm umbauen. Ohne das federnde Sprungbrett, mit einer stabilen Plattform, wäre das Becken tief genug. Das allerdings würde fast 40.000 Euro kosten.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Stadt Rheda-Wiedenbrück
- Deutsche Gesellschaft für das Badewesen