Mit Plakaten und Reh-Kadavern protestieren Jäger gegen das geplante neue Jagdrecht.

Rheinland-Pfalz Neues Jagdrecht: Jäger wollen nicht noch mehr Wild abschießen

Stand: 10.05.2025 18:46 Uhr

Führt das neue Jagdrecht in Rheinland-Pfalz dazu, dass viel zu viele Wildtiere abgeschossen werden müssen? So sehen es die Jäger. Naturschützer widersprechen.

Von SWR

"Wir sind nicht Ihre Auftrags-Killer!" steht auf einem großen Transparent, dass die rheinland-pfälzische Jägerschaft am Samstag vor dem Grünen-Parteitag in Idar-Oberstein aufgespannt hat. Darunter aufgehängt: Ausgeweidete, blutige Reh-Kadaver.

Der drastische Protest gilt der grünen Umweltministerin Katrin Eder, die sich stark für das neue Jagdrecht engagiert hat. Der Gesetzentwurf ist am vergangenen Freitag vom Ministerrat beschlossen worden. In der kommenden Woche soll er in den Landtag eingebracht werden, wie das Umweltministerium in Mainz mitteilte.

Jäger contra Eder: Ist das Gesetz "Wahnsinn" oder "ausgewogen"?

Das soll sich bei der Waldentwicklung ändern

Kernpunkt: Der Waldumbau. Die Jagd soll stärker auf die in Folge des Klimawandels nötige Walderneuerung ausgerichtet werden. Dazu soll der Wald auch mit einem Mix aus teils neuen Baumarten verjüngt werden.

Gefährdet Wild durch Verbiss die Entwicklung des Waldes, soll die Jagd abgestimmt werden - und zwar zwischen der oder dem für die Jagd Zuständigen in diesem Gebiet und dem jeweiligen Verpächter. Es soll dann eine Jagdkonzeption geben, wie Wildschäden künftig verhindert werden sollen.

Sollte die Entwicklung des Waldes erheblich gefährdet sein, kann von Behördenseite ein Mindestabschussplan festgesetzt werden. Wird auch dieser nicht umgesetzt, kann eine behördliche Anordnung folgen.

Jäger kritisieren Gesetzentwurf

An diesen Plänen entzündet sich der Protest des Landesjagdverbands. Er nennt das Gesetz einen "Riesenfehler" und kündigte "harschen Widerstand" an. Die Jägerschaft in Rheinland-Pfalz werde mit dem Gesetz zu immer höheren Abschüssen gezwungen.

"Die Wildbiologie wird überhaupt nicht beachtet, sondern es geht jetzt nur noch um Totschießen zu Nutzen des Forstes und der Waldbesitzer, die einfach nur ihre wirtschaftliche Kraft stärken möchten", sagt Sven Bischoff, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz.

Verbandspräsident Dieter Mahr kündigte an, gegen die Novelle anzukämpfen. "Wir werden alle demokratischen Mittel nutzen und zivilen Ungehorsam zeigen, um das Inkrafttreten zu verhindern", so Mahr. Der Verband prüfe intensiv die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde, eines Volksbegehrens und eines Volksentscheids. 

Es wird von uns Jägern verlangt, dass wir immer mehr schießen und immer mehr schießen, die Wildbiologie wird überhaupt nicht beachtet, sondern es geht jetzt nur noch um Totschießen zu Nutzen des Forstes und der Waldbesitzer. Sven Bischoff, Landesjagdverband Rheinland-Pfalz

BUND begrüßt neues Landesjagdgesetz

Gänzlich anders beurteilen Naturschützer den Entwurf für ein neues Jagdrecht. Ein zu hoher Bestand an Schalenwild könne die natürliche Verjüngung des Waldes und die Entwicklung artenreicher, naturnaher Wälder stark behindern, erklärte Sabine Yacoub, Landesvorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Rheinland-Pfalz. Sie sieht in der Jagd ein wichtiges Instrument für eine naturnahe Waldbewirtschaftung. In vielen Regionen sei der Wildbestand zu hoch und die notwendige Naturverjüngung bleibe aus. "Wir begrüßen, dass dieses Problem mit der geplanten Änderung des Landesjagdgesetzes angegangen wird", sagte die BUND-Landeschefin.

 Auch der Naturschutzbund Deutschland zeigt sich mit dem Gesetzentwurf zufrieden: Die Reform des Landesjagdgesetzes sei vor dem Hintergrund der immer stärker schwindenden Artenvielfalt, der fortschreitenden Klimakrise sowie aus weiteren Natur- und Artenschutzgründen dringend notwendig. Die Novellierung sei längst überfällig, so der Naturschutzbund.

Weitere geplante Änderungen im neuen Jagdrecht
Das soll sich beim Tierschutz ändern Generell soll der Schutz der Tiere mehr Aufmerksamkeit bekommen. So soll die Ausbildung von Jagdhunden durch flugunfähig gemachte, lebende Enten gesetzlich verboten werden. Auch wenn diese in Rheinland-Pfalz ohnehin nicht mehr üblich ist. Auch Fallen, die sofort töten, sollen untersagt werden. Geplant ist auch eine sogenannte Hegeverpflichtung. Demnach sollen Inhaber von Jagdrevieren Jungwild schützen, wie etwa Rehkitze, wenn zum Beispiel Wiesen gemäht werden. Das soll sich bei der Munition ändern Dass Blei in die Umwelt gelangt, soll möglichst verhindert werden. Aus diesem Grund ist geplant, bleihaltige Büchsenmunition bei der Jagd zu untersagen. Es soll aber dabei eine Übergangsfrist von fünf Jahren geben. Das soll sich bei der Mitjagd ändern Die Möglichkeit zur Mitjagd soll Teil vertraglicher Vereinbarungen zwischen Grundbesitzern und Jagdpächtern werden - zum Beispiel bei übermäßigen Wildschäden. Damit dürfen neben dem Jagdpächter auch Grundstückseigentümer jagen, wenn diese beispielsweise bei großen Wildschäden helfen, Tiere abzuschießen. Das ist im neuen Jagdrecht zu Tieren in Siedlungen geplant Anders als das bisherige Jagdgesetz widmet sich der Gesetzentwurf auch Wildtieren in Orten und Städten. Es soll künftig möglich sein, Jägerinnen und Jägern zu urbanen Wildberatern auszubilden. Sie sollen Kommunen und Anwohner beraten, wenn es um den Umgang mit wilden Tieren in Siedlungen geht. Das soll sich ändern bezüglich des Umgangs mit Wölfen Der Wolf soll ins neue Jagdrecht für Rheinland-Pfalz aufgenommen werden. Das war von mehreren Seiten, darunter der CDU-Opposition, gefordert worden. Das Ministerium hatte sich längere Zeit dagegen verwehrt und auf die geringe Zahl an Wölfen im Land verwiesen. Dennoch sollen die Hürden für den Abschuss eines Wolfs hoch bleiben. Laut Umweltministerium soll zunächst eine ganzjährige Schonzeit gelten. Ein Wolf darf weiter nur dann "entnommen" werden, wie es im Fachjargon heißt, wenn er ernste wirtschaftliche Schäden verursacht. Etwa, weil er Nutztiere reißt oder Menschen gefährdet.

Gesetzentwurf ist Kompromiss zwischen vielen Interessen

Über das neue Jagdrecht ist bereits über Jahre erbittert gestritten worden. Völlig überraschend ist das nicht, auch in anderen Bundesländern wurden Reformen des Jagdrechts von kontroversen Diskussionen begleitet.

"Der jetzt erarbeitete Entwurf ist ein mit viel Zeit und Geduld ausgehandelter Kompromiss zwischen den Interessen unterschiedlicher Verbände", sagte die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder. Und zwar "unter der Prämisse der Stärkung des Walderhalts und den Inhalten des Koalitionsvertrags."

Mit dem Beschluss im Ministerrat ist Eder ihrem Ziel, ein neues Jagdrecht einzuführen, einen entscheidenden Schritt näher gekommen. In Kraft treten soll das Gesetz voraussichtlich zum April 2027.

Sendung am Fr., 9.5.2025 17:00 Uhr, SWR1 RP Nachrichten - Radionachrichten