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Rheinland-Pfalz Warum Moselwein in China boomt
Weißwein von der Mosel ist in China so beliebt wie nie. Die Exporte haben um 35 Prozent zugelegt. Woran das liegt? Eine Spurensuche von Traben-Trarbach bis Shanghai.
Mit einem halben Rundbogen an der Decke hat dieser Weinladen von Liang Yang in Shanghai etwas von der Ästhetik eines Weinkellers. Er ist überschaubar, typisch für die exklusiven Weingeschäfte in der Millionenmetropole an der chinesischen Ostküste. Neben zahlreichen Rotweinen im Regal gibt es auch eine ganze Ecke mit Weißweinen. Darunter: Einige Flaschen Riesling von der Mosel.

Liang Yang verkauft in seinem Laden in Shanghai immer mehr Riesling von der Mosel.
"Der Riesling - alte Reben, trocken - ist gerade im Trend und schwierig zu bekommen", erzählt Weinhändler Liang Yang. In seinem Laden ist sein meistverkaufter Riesling gerade ausverkauft, so groß ist die Nachfrage. Auch Liang Yang selbst ist auf den Geschmack gekommen, sagt er und schwärmt von der Leichtigkeit und Säure der Moselweine.

Liang Yang hat einige bekannte Weine von der Mosel im Angebot. Zusätzlich zu ihrem Orginaletikett haben die Weine ein weiteres Schild mit handschriftlichen chinesischen Schriftzeichen am Flaschenhals hängen. So wissen auch chinesische Kunden, was drin ist.
Wein aus Traben-Trarbach steht in Shanghai im Regal
Die Reben, die für diesen Geschmack verantwortlich sind, wachsen 9.000 Kilometer entfernt, zum Beispiel in der Wolfer Goldgrube, einem bekannten Weinberg nahe dem Moselstädtchen Traben-Trarbach. Dort erntet Moritz Hoffmann seine Trauben. Er hat im Keller des Weinguts Vollenweider so manche Flasche abgefüllt, die es heute im Weinladen in Shanghai zu kaufen gibt. Und darauf ist der 29-Jährige auch ein bisschen stolz: "Es ist schon erstaunlich zu sehen, wo unser Wein überall auf der Welt landet, dass er international gefragt ist."

Moritz Hoffmann hat nach dem Tod seines Geschäftspartners Daniel Vollenweider das Weingut in Traben-Trarbach übernommen. Er ist mit 29 Jahren einer der jüngsten Winzer an der Mittelmosel.
Etwa jede zehnte Flasche verkauft er inzwischen nach China. Das Weingut ist schon seit gut 25 Jahren dort aktiv, aber in den vergangenen fünf Jahren sei es mit den Verkäufen richtig bergauf gegangen, erzählt Hoffmann: "Ich glaube das hat damit zu tun, dass dort über Jahre die Wirtschaft gewachsen ist. Die Leute in China können sich jetzt auch teureren Moselwein leisten."
35 Prozent mehr Wein nach China geliefert
Und Moritz Hoffmann ist nicht der Einzige, der vom neuen Riesling-Durst der Chinesen profitiert. Nach den Daten der chinesischen Zollbehörde hat Deutschland im vergangenen Jahr 9,2 Prozent mehr Wein nach China verkauft als im Jahr zuvor. Deutschland ist damit auf den sechsten Platz der wichtigsten Weinlieferanten des Landes vorgerückt. Besonders beliebt: Die Tropfen von der Mosel.
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Auch der Thörnicher Winzer Thomas Ludwig vom Verein Moselwein hält China für einen der derzeit wichtigsten Exportmärkte.
Thomas Ludwig vom Verein Moselwein zufolge sind die Lieferungen von Mosel, Saar und Ruwer nach China um mehr als 35 Prozent gestiegen. Das Reich der Mitte sei für ihn und seine Kollegen mittlerweile der zweitgrößte ausländische Markt: "Jeder, der exportiert, ist mittlerweile in China unterwegs."
Winzer sehen Potential für noch mehr Export
Auch Kilian Schmitges macht gerade wieder einen Container für den Versand fertig. Mit einem Stapler packt der junge Winzer aus Erden zehn Paletten Wein auf einen Lastwagen. Das Ziel: Ein Großhändler in Shanghai. "Inzwischen verkaufen wir etwa zehn Prozent unseren Weins in China", sagt der 31-Jährige: "Und ich glaube da ist noch viel mehr drin."
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Kilian Schmitges hat gerade einen LKW mit Weinkisten aus seinem Betrieb in Erden beladen. Zwei- bis dreimal jährlich schickt er so eine Fuhre nach China.
Vor knapp zehn Jahren ist er zum ersten Mal in das asiatische Land geflogen. Damals war Riesling nur ein Nischenprodukt in China. Man trank vor allem Rotwein. Heute sagt Schmitges: "Für mich hat China als Exportmarkt das größte Potential." Die Chinesen lernten den Riesling gerade erst kennen: "Wir werden irgendwann gar nicht mehr genug Wein abfüllen können, um die Nachfrage dieses gigantischen Landes zu bedienen."
Chinesen achten auf Alkoholgehalt
Und diese Entwicklung ist neu, wie auch Jeuce Huang sagt, die mit einem Büro in Shanghai das Deutsche Weininstitut DWI vertritt: "Vor mehr als zehn Jahren machte Weißwein im Anteil weniger als zehn Prozent aus, Rotwein dagegen 90 Prozent." Mittlerweile sei der Anteil von Weißwein auf dem chinesischen Markt auf fast 20 Prozent gestiegen.
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Jeuce Huang vermarktet seit zehn Jahren deutschen Wein in China. In ihrem Büro in Shanghai hängen Poster mit Fotos von Weinbergen aus den verschiedenen deutschen Anbaugebieten.
"Für chinesische Verbraucher spielt die Gesundheit eine immer wichtigere Rolle", erklärt Jeuce Huang. Die Kunden bevorzugten Weine mit leichtem Geschmack und niedrigerem Alkoholgehalt - so wie Riesling von der Mosel.
Vor allem junge chinesische Frauen mögen Weißwein
Vor allem bei jungen Frauen komme der Riesling gut an, so Huang. Insbesondere in den großen Metropolen Shanghai und Peking seien sie die Trendsetter. Riesling gilt in China vor allem als Sommergetränk, frisch gekühlt besonders im Sommer bei Temperaturen teils bis zu 40 Grad willkommen. Hinzu kommt: In Supermärkten in Shanghai ist eine Flasche Riesling schon ab umgerechnet neun Euro zu haben - online schon ab 5 Euro - und somit für junge Leute erschwinglich.
In exklusiven Weinläden hingegen kann eine Flasche Riesling durchaus umgerechnet mehr als 100 Euro kosten. Moritz Hoffmann vom Weingut Vollenweider sagt, dass gerade seine teureren Weine gefragt seien: "Der wird vor allem von jungen, wohlhabenden Chinesen getrunken." Da gehe es auch um Status, meint Hoffmann, um die Zurschaustellung von Luxus.
US-Markt ist für Moselwinzer unsicher geworden
In Trier, Bernkastel-Kues oder Traben-Trarbach bekommt man die Weine oft schon für die Hälfte dessen, was sie in Shanghai kosten. Doch der Transport will ja bezahlt werden und für die Winzer soll genügend hängen bleiben - gerade in diesen für die Branche schwierigen Zeiten. Denn der zuvor wachsende russische Markt ist seit dem Ukraine-Krieg weggebrochen und der bislang wichtigste Markt kriselt: die USA.
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Es geht steil nach unten in der Traben-Trarbacher Lage "Burgberg".
Noch immer geht jede dritte Flasche aus dem Moseltal in die Vereinigten Staaten. "Viele fürchten aber, dass US-Präsident Donald Trump wieder Strafzölle auf deutschen Wein erheben könnte", heißt es beim Verein Moselwein. Bereits seit einiger Zeit sind die Geschäfte in Amerika rückläufig. Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit Strafzölle erhoben. Seitdem hätten sich viele Moselwinzer neue Kunden in anderen Ländern gesucht, vor allem in China und Südkorea.
Chinesen haben altes Weingut in Ürzig gekauft
Doch die Chinesen kaufen nicht nur Wein von der Mosel, manche steigen sogar direkt vor Ort ins Geschäft ein. So hat 2016 eine Investorengruppe aus Peking das Weingut "Mönchhof" in Ürzig gekauft, ein renommiertes Haus mit einer 200 Jahre langen Tradition.
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Der Mönchhof in Ürzig ist eines der ältesten Weingüter Deutschlands. Die Weinberge in dem Moselort wurden bereits 1177 urkundlich erwähnt.
Dass Chinesen Weingüter in anderen Teilen der Welt kaufen, ist nichts Neues. Mittlerweile sind etliche Weinberge im französischen Bordeaux, in den USA und Australien in chinesischen Händen. Für die Region zwischen Koblenz und Luxemburg allerdings interessieren sich die Chinesen noch nicht so lange. Laut Experten hat das damit zu tun, dass hiesige Weingüter erst seit einigen Jahren verstärkt in Marketing investieren.
Rot ist Glücksfarbe in der chinesischen Kultur
Doch all der Reklame und dem Trend zum Trotz: Die meisten Menschen in China trinken immer noch lieber Rotwein. Dies habe mehrere Gründe, erklärt Weinhändler Liang Yang in Shanghai. So passe Rotwein zum Beispiel besser zu den Gerichten eines deftigen chinesischen Geschäftsessens.
Zudem hat die Farbe Rot in China eine besondere Bedeutung. "Ich trage zum Beispiel gerade einen roten Pullover", erklärt Yang: "Denn Rot gilt in der chinesischen Kultur als Glücksbringer, besonders zum Jahresanfang."
Auszeichnung stärkt Moselweine im chinesischen Markt
Als Glücksbringer für die Moselwinzer hingegen könnte sich eine Auszeichnung aus dem vergangenen Jahr erweisen. Diese besondere Würdigung gab es von der größten Online-Handelsplattform Chinas "Tmall" und der Weinfirma "LookVin".
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Die Mosel wurde von einer chinesischen Plattform als bestes internationales Weinanbaugebiet ausgezeichnet.
Bei ihrer jährlichen Preisverleihung wurde die Mosel als einziges Weinanbaugebiet der Welt mit dem Titel "Best International Wine Region of the Year" prämiert. Die Bewertung beruhte auf Verkaufszahlen, Marktforschung sowie der Wahrnehmung und dem Image der Weinregion in China.
Sendung am Do., 20.2.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP