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Rheinland-Pfalz Wie aus ehemaligen Kirchen neue Wohnungen werden
Jedes Jahr gibt die Kirche weitere Gotteshäuser auf. Was tun mit den ungewöhnlichen Gebäuden? Der Trierer Projektentwickler Jan Eitel und Partner bauen sie zu Wohnungen um.
Die katholische Kirche im Bistum Trier hat im vergangenen Jahr insgesamt sechs Kirchen und Kapellen entweiht. Das teilte das Generalvikariat auf Anfrage mit. Die Zahl der Profanierungen liegt damit im Durchschnitt der Vorjahre. Was mit den Gebäuden jeweils geplant ist, teilte das Bistum nicht mit. Von den in der Vergangenheit entweihten Kirchen wurden einige abgerissen, andere suchen noch einen Käufer. Drei davon wurden zu Mehrfamilienhäusern umgebaut - vom Projektentwickler Jan Eitel und Partnern.
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Der Trierer Projektentwickler Jan Eitel ist in fünf Bundesländern aktiv und hat seinen Schwerpunkt in Rheinland-Pfalz.
SWR Aktuell: Herr Eitel, Sie haben als Projektentwickler bereits mehrere Kirchen zu Wohnhäusern umgebaut. Wo ist so etwas überhaupt möglich und wo nicht?
Jan Eitel: Der Umbau von Kirchengebäuden in Wohngebäude ist ausgesprochen komplex. Und anders als man das vielleicht denkt, geht das nicht mit jeder Kirche, sondern es beschränkt sich eigentlich weitestgehend auf die Nachkriegsbauten, also auf die Kirchen, die dann so ab den fünfziger oder sechziger Jahren entstanden sind. Wenn man richtig historische Kirchen hat, die in einem schönen gotischen oder auch romanischen Stil sind, ist es oft gar nicht möglich, die so ohne weiteres in Wohnraum umzubauen.
SWR Aktuell: Wo stehen denn ihre Objekte, die sie bisher entwickelt haben und wie viele sind das?
Jan Eitel: Die Kirchen, die wir bisher gemacht haben, die sind hauptsächlich im Trierer Raum. Da gibt es die ehemalige Kirche Maria-Königin in Trier-Pallien, es gibt die Christi Himmelfahrt in Trier-Ehrang und die Kirche Mariä Himmelfahrt in Quint.
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In der ehemaligen Kirche Maria Königin sind 17 neue Wohnungen gebaut worden.
SWR Aktuell: Wie kamen sie eigentlich dazu, Kirchen in Wohnungen umzuwandeln?
Jan Eitel: Wir sind sehr stark im Bauen im Bestand und daher immer quasi in den Bereichen unterwegs, wo es einen gewissen Strukturwandel gibt. Das können Textilfabriken sein, Brauereien, Bahngelände, Militärgelände. Es sind heute auch Kirchen, weil auch da ein Wandel stattfindet. Aber es ist kein Geschäftsfeld, dass wir uns Kirchen aussuchen. In der Tat hat man uns gesucht, weil wir bekannt dafür waren, aus ehemals nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden auch Umnutzungen im Bestand machen.
SWR Aktuell: Wie sieht denn dabei die Gratwanderung aus zwischen dem Denkmalschutz der ehemaligen Kirchen und der Marktfähigkeit der Wohnungsbauprojekte?
Jan Eitel: Nicht jede Kirche steht unter Denkmalschutz. Aber wir haben generell das Problem - und das wird oft verkannt -, dass es ein unglaublich hoher Aufwand ist, aus einem Gebäude, das ehemals nicht für Wohnzwecke genutzt worden ist, ein Gebäude für Wohnzwecke zu machen. Wenn sie zum Beispiel ein Bürogebäude haben, dann gibt es da schon Treppenhäuser, da gibt es Flure, da gibt es einzelne Büroräume. Da kann man sich leicht vorstellen, dass man diese Grundrisse auch in Wohnen umnutzen kann.
Diese Gebäude sind per se erstmal gar nicht für Wohnraum geeignet. Jan Eitel, Projektentwickler
Jetzt stellen Sie sich eine Kirche vor. Eine Kirche hat keine Stockwerke, hat keine Treppenhäuser, hat meistens überhaupt gar keine Fenster. Oder wenn Fenster, dann solche, die nicht für eine Belichtung geeignet sind. Es gibt keine Bäder... Ja, das heißt, sie sind unter ganz anderen Bedingungen gebaut. Es fehlen Stellplätze, der Brandschutz funktioniert nicht. Also diese Gebäude sind per se erstmal gar nicht für Wohnraum geeignet.
Wenn sie eine Kirche in ein Wohngebäude umwandeln, müssen sie versuchen, die Grundrisse, die das Wohnen nun einmal benötigt, in dieses Gebäude hinein zu zimmern, was wiederum große Eingriffe braucht.
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Das Wohnungsbauvorhaben auf dem Areal der ehemaligen Ambrosius-Kirche in Trier-Nord lässt wegen Denkmalschutz-Auflagen weiter auf sich warten.
SWR Aktuell: Sprechen wir einmal über Sankt Ambrosius in Trier-Nord, wo sie jetzt gerade Wohnraum in einer Kirche entwickeln. Das lässt schon einige Zeit auf sich warten, weil die Denkmalschutzbehörden des Landes und der Stadt mit dem ursprünglichen Entwurf nicht einverstanden waren. Wie geht es da weiter?
Jan Eitel: Für uns war das Frustrierende, dass wir keinen richtigen Grund bekommen haben. Sondern der Grund war: "Das Gebäude muss in Gänze erlebbar bleiben." Dann kann ich damit natürlich nichts machen. Dann kann ich eine Turnhalle reinmachen oder eine Gastronomie oder einen Veranstaltungssaal. Jede andere Nutzung sorgt dafür, dass die Kirche an sich – also das große Schiff – so in Gänze nicht mehr erlebbar bleibt.
Ich möchte das wirklich betonen, damit es nachher nicht heißt, es gibt Ärger mit dem Denkmalschutz: Dem ist momentan definitiv nicht so. Es gab sowohl einen Wandel auf Landesebene als auch auf städtischer Ebene, der sehr kooperativ ist. Die sagen nun, "ok, so wie ihr wolltet, geht es zwar nicht", aber sie rücken ab von dieser Forderung, dass der Raum als ganzes erlebbar bleiben muss.
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Behördliche Vorstellungen, wie die ehemalige Kirche umgestaltet werden darf, stellen die Investoren vor Herausforderungen.
Wir brauchen für das Wohnungsbauprojekt relativ viel Fläche, für diese wahnsinnigen Kosten, die entstehen. So eine Kirche umzubauen, ist deutlich teurer, als sie abzureißen und da einen Neubau hinzustellen. Und damit wir irgendwo auch den berühmten Return für diese Kosten haben, brauchen wir eben Fläche. Je weniger ich davon habe, desto weniger vermietbare bzw. veräußerbare Fläche bekomme ich am Ende. Das ist ein wahnsinniger Spagat. Das muss man austarieren, und noch sind wir nicht so weit, dass wir es geschafft haben, da die Machbarkeit herzustellen.
SWR Aktuell: Wer sind denn die Mieter oder Käufer solcher Wohnungen in umgebauten Kirchen? Sind das eher wohlhabende Menschen, vielleicht extrovertierte Kunden oder sogar Geistliche?
Jan Eitel: Es ist tatsächlich sehr gemischt. Wir können sie nicht in eine Schublade stecken. Wir vermieten. Und wir haben die ehemalige Kirche Christi-Himmelfahrt in Trier-Ehrang zu Sozialwohnungen umgebaut, also sprich: mit einem Mietpreisdeckel über eine Landesförderung. Und wir haben dort von Familien über Studierende bis hin zu Rentner-Ehepaaren ein sehr gemischtes Publikum.
Es ist nicht 08/15. Es hat Atmosphäre und auch etwas Spirituelles. Jan Eitel, Projektentwickler
Bei der Kirche Maria-Königin in Trier-Pallien ist der gemeinsame Nenner, den alle Bewohner haben, der "Liebhaber". Das heißt, alle haben sich irgendwie in das Objekt verliebt. Und das kann man auch verstehen, weil das ein ganz eigenes Ambiente hat. Es ist nicht 08/15. Es ist keine DIN-Kiste. Es hat Atmosphäre und auch etwas Spirituelles. Das sind nicht alles Geistliche oder tief Gläubige, aber es sind Leute, die diese Atmosphäre und die Entspannung, die damit zusammenhängt, zu schätzen wissen.
SWR Aktuell: Sie arbeiten zurzeit am vierten Projekt dieser Art und das katholische Bistum Trier hat uns geantwortet, dass 2024 noch sechs weitere Kirchengebäude und Kapellen profaniert worden sind. In diesem Jahr kommen noch mindestens zwei weitere dazu. Gibt es unter diesen Objekten schon eines, dass sie als nächstes in Wohnraum umwandeln werden? Oder eines, das sie interessiert?
Jan Eitel: Es gibt unter diesen Kirchen mit Sicherheit Objekte, die sich umnutzen lassen. Wir bekommen auch viel auf den Tisch. Aber es sind unter dem Strich eher Liebhaberobjekte und es ist für uns wirklich kein Geschäftsmodell. Es kostet unheimlich viel Zeit und unheimlich viel Geld und bindet wahnsinnig viele Ressourcen im Team, sodass solche Projekte bei uns immer nur Sonderprojekte sein können, weil wir sonst die ganze Arbeit, die wir brauchen, um unsere Gehälter zu zahlen, und um voranzukommen, gar nicht mehr machen können. Deswegen gehen wir tatsächlich relativ restriktiv damit um und sind nicht aktiv auf der Suche nach entweihten Kirchen.
Sendung am Fr., 21.2.2025 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz