
Rheinland-Pfalz Wie rheinland-pfälzisch wird die neue Bundesregierung?
Mit Julia Klöckner hat die vielleicht prominenteste rheinland-pfälzische Abgeordnete als Bundestagspräsidentin schon das zweithöchste Amt im Staat inne. Doch wer könnte noch wichtig werden? Und in welchem Bereich? Eine Übersicht.
Noch laufen die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Wohl erst Ende April oder Anfang Mai wird der Prozess ganz abgeschlossen sein. Und auch erst dann wird klar sein, auf welchen Posten rheinland-pfälzische Abgeordnete mitmischen.
Jörg Kukies: von der Übergangslösung zur Dauerlösung?
Doris Ahnen: erfahrene Finanz- und Bildungspolitikerin mit Potenzial
Verena Hubertz: Aufstieg einer SPD-Senkrechtstarterin
Thorsten Rudolph: Fachkenntnis in Verteidigung
Thomas Gebhart: Erfahrungsträger zwischen Gesundheit und Klima
Mechthild Heil: Frauenförderung und Wiederaufbau im Ahrtal
Patrick Schnieder: Strippenzieher mit Aufstiegschancen
Johannes Steiniger: Finanzpolitiker und TikTok-Talent
Volker Wissing: parteiloser Joker mit Minister-Erfahrung
Jörg Kukies: von der Übergangslösung zur Dauerlösung?
Die größten Hoffnungen auf ein Ministeramt kann sich wohl der derzeitige SPD-Finanzminister Jörg Kukies machen. Der Nachfolger von Christian Lindner (FDP) war wohl ursprünglich eher als Übergangslösung bis zur nächsten Bundesregierung gedacht. Auch weil der Mainzer das Amt wohl vor allem bekommen hat, da er zum engsten Kreis von Olaf Scholz gehört. Doch auch in der Union gibt es mittlerweile einige Fans des ehemaligen Investmentbankers. Und auch Friedrich Merz (CDU) soll Kukies Expertise schätzen. Die entscheidende Frage wird wohl sein, an welche Partei das Finanzministerium am Ende geht.

Jörg Kukies (SPD) ist derzeit als Nachfolger von Christian Lindner (FDP) Finanzminister und momentan noch kommissarisch im Amt.
Doris Ahnen: erfahrene Finanz- und Bildungspolitikerin mit Potenzial
Mit Geld kennt sich auch die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen aus. Über zehn Jahre hat die Sozialdemokratin den Job jetzt in der Landesregierung inne. Von 2001 bis 2014 war sie dort vorher Bildungsministerin. An Regierungserfahrung mangelt es der 60-jährigen Triererin also nicht. Offen ist allerdings, ob Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sie so kurz vor der Landtagswahl 2026 gehen lassen will. Oder ob er eben gerade einen solchen guten Draht in die Bundesregierung als nützlich ansieht.

Doris Ahnen (SPD), Finanzministerin in Rheinland-Pfalz
Verena Hubertz: Aufstieg einer SPD-Senkrechtstarterin
Den könnte ihm allerdings auch seine Partei-Kollegin Verena Hubertz verschaffen. Die Triererin hatte gerade erst zusammen mit Schweitzer den SPD-Vorsitz in der wichtigen Koalitions-Arbeitsgruppe Wirtschaft innegehabt. Insgesamt gilt die 37-jährige Unternehmerin als Senkrechtstarterin im Bundestag, nicht nur weil sie direkt in ihrer ersten Bundestags-Legislatur zur stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion gewählt worden ist.
Thorsten Rudolph: Fachkenntnis in Verteidigung
Dass Thorsten Rudolph Verteidigungsminister wird, ist bei der prominenten Konkurrenz auf dem Posten eher unwahrscheinlich. Dabei hat der Sozialdemokrat als Koblenzer schon von Haus aus nicht die schlechteste Verbindung ins Verteidigungsministerium, dort ist unter anderem das Beschaffungsamt angesiedelt. Als Haushalts- und Finanzexperte, der auch im Gremium „Sondervermögen Bundeswehr“ saß, bietet er sich aber vielleicht als Parlamentarischer Staatssekretär an, jetzt wo das Geld für die Bundeswehr verteilt werden muss.

Thorsten Rudolph (SPD) aus dem Wahlkreis Koblenz ist über die Landesliste in den Bundestag eingezogen. Dort sitzt der 50-Jährige seit 2021 und ist Mitglied in vier Ausschüssen: Haushalt, Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union, Bundesfinanzierungsgremium und Gremium "Sondervermögen Bundeswehr".
Thomas Gebhart: Erfahrungsträger zwischen Gesundheit und Klima
Und bei der CDU? Da war Thomas Gebhart schon von 2018 - 2021 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium und hat dementsprechend während der Corona-Pandemie viel Erfahrung in dieser Position gesammelt. In der vergangenen Legislatur hat er sich dann im Ausschuss für Klimaschutz und Energie ein neues Feld erschlossen, das direkt zwei der großen Herausforderungen der kommenden Bundesregierung vereint.

Den Wahlkreis Südpfalz gewann Thomas Gebhart (CDU) in diesem Jahr mit 38,2 Prozent der Erststimmen. Der 53-Jährige ist seit 2009 Mitglied des Bundestages. Zuletzt war er für die CDU/CSU-Fraktion Obmann im Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Davor hatte er von 2018 bis 2021 das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs im Gesundheitsministerium inne.
Mechthild Heil: Frauenförderung und Wiederaufbau im Ahrtal
Zuletzt war auch Mechthild Heil in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Als Vorsitzende der "Gruppe der Frauen" in der Unions-Bundestagsfraktion hat sie in einen Brief an Friedrich Merz einen Frauenanteil von 50 Prozent, bei allen zu besetzenden Positionen gefordert. Als direkt gewählte Kandidatin für den Wahlkreis Ahrweiler hat sie ihre Erfahrung der Ahrtal-Katastrophe von 2021 auch in den Bau-Ausschuss des Bundestags eingebracht.

Bereits zum fünften Mal in Folge gewann Mechthild Heil (CDU) das Direktmandat im Wahlkreis Ahrweiler (39,3 Prozent). Die gebürtige Andernacherin ist seit 2009 Abgeordnete in Berlin und war dabei von 2013 bis 2017 Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion. Die 63-Jährige ist zudem Vorsitzende der Gruppe der Frauen der Union.
Patrick Schnieder: Strippenzieher mit Aufstiegschancen
Die ordnende Kraft in der Landesgruppe der CDU im deutschen Bundestag ist Patrick Schnieder. Seit 2009 ist er direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Bitburg. Und seit 2018 ist er einer von drei parlamentarischen Geschäftsführern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hinter Thorsten Frei. Doch da letzterer wohl gute Chancen auf einen Ministerposten hat scheint es nicht ausgeschlossen, dass Schnieder ihn als 1. Parlamentarischen Geschäftsführer beerbt. Oder folgt er gar auf Friedrich Merz als Fraktionsvorsitzender, wenn dieser ins Kanzleramt zieht?

40,2 Prozent der Erststimmen und damit das Direktmandat im Wahlkreis Bitburg holte Patrick Schnieder (CDU). Schnieder ist seit 2009 Bundestagsabgeordneter und seit mehreren Jahren Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion. Sein Bruder ist der rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Gordon Schnieder.
Johannes Steiniger: Finanzpolitiker und TikTok-Talent
Viel Parlaments-Erfahrung bringt auch Johannes Steiniger mit. Mit nur 37 Jahren kann der Bad Dürkheimer schon auf bald zwölf Jahre im Bundestag zurückschauen. Nach zwei Legislaturen im Finanzausschuss könnte er in diesem Bereich den nächsten Schritt gehen. Doch der Direktkandidat aus dem Wahlkreis Neustadt – Speyer fällt nicht nur mit Finanz- sondern auch mit Klick-Zahlen auf. Auf TikTok gilt er schon länger als einer der wenigen, der das digitale Feld erfolgreich nicht der AfD überlassen hat. Vielleicht das Know-How für den nächsten Bundes-Generalsekretär? Allerdings wurde der Christdemokrat gerade erst im September 2024 zum Landes-Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU gewählt, die ihn im Landtagswahlkampf zu 100 Prozent braucht.

Im Wahlkreis Neustadt-Speyer gewann Johannes Steiniger (CDU) mit 34,7 Prozent der Erststimmen erneut das Direktmandat. Der 37-jährige Pfälzer ist bereits seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und war damals das drittjüngste Mitglied im gesamten Parteispektrum. Steiniger ist seit 2024 auch Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz.
Volker Wissing: parteiloser Joker mit Minister-Erfahrung
Die absolute Wildcard unter den Rheinland-Pfälzern ist der mittlerweile parteilose Volker Wissing. Der ehemalige Vorsitzende der rheinland-pfälzischen FDP ist derzeit noch geschäftsführend Bundesverkehrs- und Justizminister in Personalunion. Da er weder der Union noch der SPD angehört, sind seine Chancen maximal im einstelligen Prozentbereich. Doch da der Landauer nach dem Ampel-Aus die Pflicht des Amts über die Partei gestellt hat, fällt sein Name immer wieder mal, wenn es sein könnte, dass sich die CDU, CSU und SPD bei einer Besetzung vielleicht nicht einig werden könnten.

Volker Wissing trat nach dem Bruch der Ampel-Regierung aus der FDP aus und wurde, neben seiner Tätigkeit als Minister für Digitales und Verkehr, noch Justizminister
Sendung am Di., 8.4.2025 14:00 Uhr, SWR Aktuell Langstrecke, SWR Aktuell