
Schleswig-Holstein Landtag Liveblog: Mai-Sitzung mit Geld, Gänsen und Ganztag
Der Landtag hat vom 21.5. bis zum 23.5. getagt. Es ging um Bildung, Wohnen - und es gab neue Gesichter im Landtag. Alle Infos zum Nachlesen hier im Blog.
Moin aus Kiel. Die Landtagswoche ist zu Ende gegangen. Im Liveblog haben wir über die Debatten im Landtag in Kiel berichtet. Einen Überblick über die Themen der drei Sitzungstage haben wir hier für Sie aufgelistet.
Der Freitag im Überblick:
Im Ziel einig: Mehr Inklusion
Die Inklusionsdebatte ist abgeschlossen. Fazit: Die Inklusionsquote in der Landesverwaltung stellt niemanden zufrieden, weder Regierung noch Opposition. Auch wenn beide den Stand der Dinge unterschiedlich bewerten - und über den richtigen Weg zum Ziel noch reden müssen. "Wir wollen mehr erreichen", sagte Staatskanzlei-Chef Dirk Schrödter (CDU).
Inklusionsdebatte zum Abschluss der Tagung
Die SPD fordert mehr Inklusion in den Landesbehörden. NDR Reporterin Natalie Beck hat dazu vorab recherchiert:
Landtags-Gänse sind wohlauf
Am Rande der Landtagssitzung ist zu hören, dass es kurzzeitig Sorge um die Gänsefamilie gab, die in den vergangenen Tagen in der Nähe des Plenarsaals gesichtet wurde. Die Tiere wurden von einem Hund gejagt. Zu Schaden kam offenbar niemand: Heute verfolgte die Familie die Bildungsdebatte vom Wasserbecken unter dem Plenarsaal aus.

Kennen sich auch mit Ganztagsbetreuung aus: Gänsefamilie am Plenarsaal.
Punktlandung bei der Redezeit
Nachdem die Bildungsministerin gestern ihre Redezeit mit rekordverdächtigen sieben Minuten und 18 Sekunden überschritten hat (Ihre "flammende 14-Minuten-Rede" habe gezeigt, wie wichtig ihr die Bildung sei, sagte heute der Grünen-Abgeordnete Malte Krüger), hat sie diesmal die Vorgabe fast genau eingehalten und ihre Redezeit nur um spärliche 40 Sekunden überschritten.
Bildungsministerin: Klarheit statt Neuanfang
Dorit Stenke (CDU) bedankt sich höflich für das "wunderschöne" Gedicht, mit dem sie von Oppositionspolitiker Habersaat begrüßt wurde. Und dann geht sie auf die Kritik ein. Den geforderten Neuanfang braucht es aus ihrer Sicht nicht, sondern: "Ruhe, Klarheit und Verlässlichkeit für Schulen." Kontinuität, betont Stenke, bedeutet nicht Rückschritt. Zusammen müsse man sich aufs Wesentliche konzentrieren, nämlich gute Bildung.
Es ist nicht der Neustart, der hilft, sondern es ist die kluge Weiterentwicklung."
— Bildungsministerin Dorit Stenke (CDU)
Stenke skizziert ihre Pläne: Eine flächendeckende Sprachstandserhebung etwa und weitere Schulpsychologenstellen. Beim Thema Inklusion weist sie den Vorwurf zurück, man drehe die Entwicklung zurück. Mit Blick auf die Datenbank zu Gewalt an Schulen meint die neue Ministerin, das Meldeportal sei nur ein Element. Entscheidend sei das "Handeln der Lehrkräfte."

Will Klarheit statt Neuanfang: Bildungsministerin Dorit Stenke (CDU)
Beim Thema Ganztagsbetreuung spricht sie von einer "Weiterentwicklung unserer bisherigen Vorstellungen", die sich nach ersten Rückmeldungen aus den Kommunen abzeichne. Mit Blick auf die Kritik der Kommunalverbände an der Finanzierung der Pläne verspricht Stenke, das Land halte sich an seine Versprechen.
CDU und Grüne verweisen auf leere Taschen
Die Redner der Koalitionsfraktionen bestätigen zwar, dass es viele Baustellen im Bildungsbereich gibt, weisen die Kritik von SPD und FDP aber als zu pauschal und schwarzmalerisch zurück. Und sie erinnern an die finanziellen Zwänge des Landes:
Wir arbeiten an einer besseren Haushaltslage, denn unser Ziel lautet natürlich: Mehr Lehrerstellen!"
— Martin Balasus, CDU (übrigens auch Lehrer)
Die Nachbesserungsvorschläge der FDP-Fraktion zum Schulgewalt-Meldeportal lehnen CDU und Grüne ab.
Die SSW-Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering dagegen teilt die Kritik von SPD und FDP. Auch sie wünscht sich etwa mehr Personal an den Schulen. Waldinger-Thiering hofft, dass die neue Ministerin vor allem zuhören wird.
Das Zuhören fällt manchen im Plenarsaal unterdessen offenbar schwer: Landtagsvizepräsidentin Beate Raudies (SPD) muss mehrfach zur Ruhe mahnen: "Das gilt auch für die Regierungsbank!"
Harte Bildungsthemen poetisch verpackt
Zur ersten Stunde gibt es im Landtag deutsche Lyrik: Martin Habersaat von der SPD startet mit einem Gedicht in seine Rede (Der FDP-Abgeordnete Bernd Buchholz erkennt es korrekt als Werk des Autoren Hermann Hesse) - mit dem berühmten Zitat: "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne." Ob das auch für die neue Bildungsministerin gilt, bleibt abzuwarten.
Danach wird es wieder sachlicher: Habersaat zititert Zahlen und Baustellen aus dem Bildungsbereich, angefangen bei der steigenden Zahl der Schulabbrecher und der Lehrkräfte ohne abgeschlossene Ausbildung. Bis hin zu mangelnder Inklusion und sinkenden Lehrerzahlen bei steigenden Schülerzahlen.
Anne Riecke von der FDP fordert "mehr Tempo, mehr Klarheit und mehr Mut, die strukturellen Probleme im Bildungsbereich anzugehen." Etwa beim Thema Ganztagsausbau. Der Bildungsministerin bietet sie eine "konstruktive Zusammenarbeit" an.
Beim Thema Gewalt an Schulen fordert Riecke, das Meldeportal auch für anonymisierte Meldungen zu öffnen und die Datenbank - GEMON genannt - so zu überarbeiten, dass sie zugänglicher wird. Die Zahl der Meldungen habe sich dort fast verdoppelt, aber bisher habe nur jede fünfte Schule überhaupt Meldungen abgegeben: "Diese Zahlen können bei weitem nicht vollständig sein", so Riecke.
Oppositionelle Lehrkräfte und ihre Erwartungen
Unter den Landtagsabgeordneten gibt es auch eine Handvoll Lehrkräfte. Anne Riecke (FDP) und Martin Habersaat (SPD) sind zwei davon. Habersaat ist seit sechzehn Jahren im Landtag, Riecke hat bis Dezember noch unterrichtet. Ihr liegt es vor allem am Herzen, dass Gewaltvorfälle an Schulen niedrigschwelliger gemeldet werden können als bisher. Und Habersaat fordert einen Neustart in der Bildungspolitik - auch wenn die neue Bildungsministerin Dorit Stenke (CDU) erklärtermaßen für "Kontinuität" stehen soll. Vielleicht, so Habersaat, sei Stenke ja "dem einen oder anderen Argument zugänglicher als ihre Vorgängerin."

Lehrkräfte im Landtag: Martin Habersaat (SPD) und Anne Riecke (FDP) haben Anträge zur Bildungspolitik gestellt.
Stenke selbst hatte gestern schon in der Bildungsdebatte gesprochen. Sollte Sie heute ihre Redezeit wieder so überziehen wie gestern, dann hätten Habersaat und Riecke im Gegenzug auch einige Minuten mehr.
Die Themen der Landtagssitzung: Große Summen, Gewalt an Schulen und graue Emissionen
- Ohne Bildungspolitik ging auch in dieser Plenartagung nichts: So will die SPD den Wechsel auf dem Posten der Bildungsministerin auch für einen Politikwechsel genutzt sehen - die neue Bildungsministerin will aber lieber Klarheit für die Schulen - und keine großen Umbrüche. Die FDP fordert, Gewaltvorfälle an Schulen niedrigschwelliger zu erfassen. Von den Regierungsfraktionen gibt es Widerspruch.
- Der SSW macht auf die Situation von Alleinerziehenden und ihren Kindern aufmerksam - und der Landtag wird im Ausschuss weiter darüber sprechen, wie man sie am besten unterstützen kann. Ein Ziel: Alleinerziehende sollen sichtbar gemacht werden.
- Auch die Trauerbegleitung von Kindern und Jugendlichen soll unterstützt werden - nach einer emotionalen Debatte einigten sich alle Fraktionen auf einen gemeinsamen Plan.
- Die Koalitionsfraktionen CDU und Grüne wollen stärker auf die Emissionen gucken, die bei Rückbau und Sanierung von Gebäuden entstehen - "graue Emissionen" genannt.
- Die Mietpreisbremse wird es in SH weiterhin nicht geben: Ein entsprechender Antrag der SPD scheiterte.
- Außerdem ging es im Landtag um die Folgen des Landesverfassungsgerichtsurteils zum Haushalt 2024 - und um die Frage, wann und wie die verfassungswidrigen Notkredite rückabgewickelt werden. Eine erst emotionale, dann eher technische Debatte, an deren Ende sich zeigte, dass Regierung und Opposition gar nicht so weit auseinanderliegen. Inzwischen ist klar, dass es doch einen ersten Nachtragshaushalt vor der Sommerpause geben wird - wie von der Opposition gefordert.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 23.05.2025 | 12:00 Uhr