
Schleswig-Holstein Schleswig-Holsteins Freibäder: Der Spaß kostet Millionen
Viele Freibäder in Schleswig-Holstein sind marode. Die Sanierungskosten gehen in die Millionen. Aber dennoch halten Städte und Gemeinden an ihren Bädern fest. Weil die mehr bieten als nur Badespaß.
Glückstadt, Kreis Steinburg, Bürgermeisterbüro. Auf dem Tisch ein großer Bauplan - das Fortuna-Bad. Bürgermeister Rolf Apfeld hat ein Problem: Das Bad ist mehr als 60 Jahre alt, die letzte Groß-Sanierung auch schon mehrere Jahrzehnte her. Nun bröckelt es überall, die ganze Struktur ist nicht mehr zeitgemäß. "Wir müssten in das alte Becken ein ganz neues Becken einlegen. Und dann ist es uns auch noch ein Herzensanliegen, das Bad barrierefrei zu machen", sagt der Verwaltungschef. Kalkulierte Kosten laut Stadt: bis zu acht Millionen Euro.
NDR Umfrage: Millionen-Investitionen in Freibäder nötig
Kaputte Filteranlagen, abgenutzte Beckenböden und eine nicht mehr zeitgemäße Gestaltung. So wie Glückstadt geht es momentan vielen Kommunen. 100 Freibäder gibt es im Land. Eine Stichproben-Umfrage von NDR Schleswig Holstein bei zehn größeren Städten zeigt: Alle befragten Kommunen sehen Sanierungsbedarf bei ihren Freibädern. Der von den Verwaltungen auf NDR Nachfrage veranschlagte Investitionsbedarf reicht pro Bad bis in den zweistelligen Millionenbereich. Die oftmals in den 60ern und 70ern eröffneten Bäder kämpfen mit veralteter Technik und Bauschäden am und im Beckenbereich.
Freibäder lebenswichtig für Gemeinden: "Augäpfelchen der Stadt"
Das Freibad am Ort - das sind Erinnerungen fürs Leben. Badespaß im Sommer, Pommes auf der Wiese, Anstehen für Eis. Aber: Acht Millionen Euro für die Freibad-Sanierung auftreiben - für eine Stadt von etwas mehr als 10.000 Einwohnern wie Glückstadt ist das ein Kraftakt. Bürgermeister Apfeld hat sich trotzdem entschieden: Ohne Freibad geht es nicht. "Das Freibad ist schon das Augäpfelchen der Stadt. Es hat auch eine wichtige Funktion, wenn Kinder schwimmen lernen sollen, insbesondere jetzt nach den Coronazeiten, dass die Jahrgänge auch ins Schwimmen kommen. Und wir haben hier eine sehr aktive Rettungsstaffel der DLRG, die hier immer wieder trainiert", sagt der parteilose Verwaltungschef.

In einigen Kommunen müssen auch die Dusch- und Umkleideräume saniert werden.
Es ist nicht selbsttragend. Das ist ein Zuschussgeschäft, aber es ist eben auch ein Aushängeschild für Glückstadt (...) und wir wollen damit auch unseren Auftrag der Schwimmerziehung nachkommen."
— Rolf Apfeld, parteilos, Bürgermeister Glückstadt
DLRG: Fast jeder zweite Viertklässler kann nicht sicher schwimmen
Nach Angaben des DLRG Schleswig-Holstein kann zu Beginn der vierten Klasse fast jedes zweite Kind noch nicht sicher schwimmen. Bei den Siebtklässlern beherrscht dann immer noch rund ein Drittel das Schwimmen nicht sicher. Ein Grund laut DLRG: In vielen Regionen fehlen Hallenbäder. Umso wichtiger seien also Freibäder, sagt DLRG-Landesgeschäftsführer Ken Blöcker. Den Wert der Freibäder für die Schwimm-Ausbildung von Kindern benennen auch die vom NDR befragten Städte als Argument für den Erhalt. Neben dem Gewinn an Lebensqualität. Und auf den wollten auch das kleine Drelsdorf und die noch kleineren Nachbargemeinden Bohmstedt und Ahrenshöft nicht verzichten.

Kinder benötigen laut DLRG heute wesentlich länger um das Schwimmen zu lernen.
Die Freibäder leisten im Sommerhalbjahr einen wichtigen Beitrag, um Kurse anbieten zu können"
— Ken Blöcker, DLRG-SH Landesgeschäftsführer
Neubau in Drelsdorf: Drei Gemeinden packen an
Zwei Jahre lang mussten die Menschen in Drelsdorf (Kreis Nordfriesland) auf ihr kleines Freibad verzichten, ebenso die Menschen aus Bohmstedt und Ahrenshöft. Risse in der Beckenfolie und veraltete Technik hatten das Bad aus den 60er-Jahren unbenutzbar gemacht. Im Herbst 2024 traf der Gemeinderat dann eine Entscheidung. Das Freibad muss erhalten bleiben und saniert werden. Die Baukosten dafür belaufen sich auf rund 1,4 Millionen Euro. Dabei unterstützt das Land den Neubau über die Sportstättenförderung mit rund 100 000 Euro. Schnell organisierten sich über WhatsApp-Gruppen freiwillige Helfer. Die Gemeinde packt an. Mit Schaufeln, Baggern und Frühstückshelfern hält die Dörfergemeinschaft zusammen, um das geliebte Freibad im Sommer 2026 wieder eröffnen zu können. "Wir machen so viel wie möglich in Eigenleistung", sagt Drelsdorfs ehrenamtlicher Bürgermeister Tim Friedrichsen.
Kommunen stehen hinter ihren Freibädern
Das große Glückstadt, das kleine Drelsdorf - sie kämpfen für ihre Freibäder. Trotz der teils millionenschweren Investitionen sind sich auch alle anderen vom NDR abgefragten Kommunen einig: Ihre Freibäder müssen erhalten bleiben. Sie seien für die Gesellschaft und die Städte von zu hohem Wert, um dort zu sparen. "Wir als Stadt können uns nicht aus allem rausziehen", sagt Glückstadts Bürgermeister Rolf Apfeld. Für die millionenteure Sanierung beantragt die Stadt Fördergeld. Im Herbst soll der Umbau des Fortuna-Bads beginnen. Jetzt ist erstmal wieder Freibad-Saison. Zur Eröffnung ist der Bürgermeister selbst vom Block gesprungen.

Freibäder haben laut der Kommune Tönning einen hohen Mehrwert für Bürger.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 23.05.2025 | 06:00 Uhr