Soldaten der US-Army der 1. Brigade der 3. Infanterie-Division (Archivbild)

US-Stützpunkte in Deutschland Was ein Truppenabzug bedeuten würde

Stand: 29.03.2025 15:13 Uhr

Wie sicher sind die deutschen US-Stützpunkte unter Trump? Laut Medienberichten überlegen die USA, 35.000 Soldaten abzuziehen - fast alle US-Truppen in Deutschland. Verloren ginge auch ein Wirtschaftsfaktor.

Von Oliver Bemelmann, SWR

"Klar ist die Angst groß", sagt Jürgen Kneip, der bei der Feuerwehr der US Army in Kaiserslautern arbeitet. Die Stadt beherbergt zusammen mit der benachbarten Air Base Ramstein die größte amerikanische Militärgemeinde außerhalb der USA. Der 58-Jährige fürchtet, seinen Job zu verlieren, sollte Donald Trump die amerikanischen Truppen aus Deutschland abziehen.

"Wir bekommen jeden Tag neue Hiobsbotschaften. Niemand weiß, wie es weitergeht", so der Feuerwehrmann. Kneip ist einer von bundesweit etwa 12.000 deutschen Zivilbeschäftigten, die bei den US-Streitkräften arbeiten. Die meisten davon in Rheinland-Pfalz.

Zivilbeschäftige berichten von "dubiosen Mails"

Seit dem erneuten Amtsantritt von Trump gibt es Befürchtungen, dass er die Truppenstärke reduzieren könnte. Die Gerüchteküche befeuert hat jüngst die britische Zeitung The Telegraph, die von einer angeblichen massiven US-Truppenverlegung von Deutschland nach Ungarn berichtete. Auch wenn das nicht belegt werden konnte.

Viele zivile Mitarbeiter der US-Streitkräfte sind aktuell verunsichert, bestätigt auch Susanne Schäfer von der Gewerkschaft ver.di in Kaiserslautern. In der Pfälzer Stadt waren vor zwei Wochen Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes bei einem Warnstreik auf die Straßen gegangen, darunter viele, die für die US-Army arbeiten. Sie forderten mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen, viele bangen um ihre Jobs. Nach Gewerkschaftsangaben gibt es bei den US-Zivilkräften unter anderem einen Einstellungsstopp, Homeoffice-Regelungen wurden zurückgezogen, und Beschäftigte berichten von "dubiosen" E-Mails, die sie zunehmend erhalten.

Ilona Lauer ist Verkäuferin im Kaiserslautern Military Community Center. Die 60-Jährige kritisiert: "Wir müssen fünf Punkte angeben, was wir in der letzten Woche gearbeitet haben. Das muss dann per Mail beantwortet werden. Absolute Kontrolle!". Ein anderer Beschäftigter, der anonym bleiben möchte, sagt, man wisse nicht, ob und wie man darauf reagieren solle. Es sei beängstigend, "dass in Washington Sachen entschieden werden und am nächsten Tag sind solche Mails im Postfach."

Militärexperte: US-Abzug wäre "verheerendes Signal"

Insgesamt sind in Deutschland nach US-Angaben derzeit etwa 37.000 Soldaten stationiert. "Die Präsenz amerikanischer Truppen ist natürlich dort, wo sie sind, ein Wirtschaftsfaktor", sagt Dr. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München. Oftmals leben ganze Gemeinden davon, dass sie für die Amerikaner arbeiten, so der Militärexperte gegenüber dem SWR.

Ein Abzug der US-Truppen wäre für solche Standorte "sicherlich ein Schlag ins Kontor". Zudem wäre es "sicherheitspolitisch ein verheerendes Signal" auch gegenüber Staaten wie Russland, so Masala, "dass die USA ihre Verpflichtung zum konventionellen Beistand nicht mehr vollumfänglich für alle Europäer aussprechen würden".

Jüngste Äußerungen der neuen US-Administration schüren solche Sorgen in Europa, denn die atomare Abschreckung durch US-Waffen und der Beistand mit konventionellen Truppen gelten als unverzichtbar für die Verteidigung der europäischen NATO-Verbündeten. Bereits während seiner ersten Amtszeit 2020 hatte Trump mit einem Teilabzug der US-Truppen gedroht. Seine Begründung: Deutschland zahle nicht genug in die NATO ein. Daher "werden wir die Zahl der Soldaten in Deutschland auf 25.000 zurückführen", so Trump damals. Die Pläne wurden von der Biden-Regierung aber wieder kassiert.

Wie ernst ist die Lage heute?

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth versicherte Anfang Februar bei seinem Besuch der US-Streitkräfte in Stuttgart zwar, die neue US-Regierung plane nicht, in größerem Umfang US-Soldaten aus Europa abzuziehen. Es werde vorerst keine Kürzungen der Truppenstärke geben. Im gleichen Atemzug betonte er aber, man wolle die Streitkräftelage weltweit überprüfen.

Auch US-Vizepräsident JD Vance schlug vor der Münchener Sicherheitskonferenz gegenüber den NATO-Partnern und Deutschland härtere Töne an. Er kritisierte erneut, die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik sei eingeschränkt und stellte dabei einen Zusammenhang zur US-Militärpräsenz im Land her: "Die gesamte deutsche Verteidigung wird vom amerikanischen Steuerzahler subventioniert", sagte Vance und verwies auf die Tausenden US-Soldaten, die in Deutschland stationiert sind.

David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, sieht darin vor allem taktische Drohungen. Dies sei Teil der Trumpschen Strategie, die darin bestehe, "auf die NATO-Partner, aber auch auf Deutschland Druck auszuüben" - damit Deutschland selbst mehr Geld in seine Landesverteidigung stecke.

Auch Militärexperte Carlo Masala hält es für "nicht besonders wahrscheinlich", dass eine so große Anzahl US-Truppen verlegt wird - zumindest nicht schnell und kurzfristig. Allerdings hält er einen "graduellen Truppenabzug oder eine Truppen-Umschichtung innerhalb Europas" für möglich. Die USA unter Trump sehen sich nicht mehr als "der primäre Sicherheitsgarant für Europa", so Masala weiter: "Wir werden es nicht verhindern können, dass die Amerikaner zu einem großen Teil konventionell Europa verlassen werden".

Masala: Nuklearer Schutzschirm nicht bedroht

Im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz sind geschätzt rund 20 taktische US-Atomwaffen stationiert. Offiziell bestätigt ist das nicht. Deutschland, das keine eigenen Atomwaffen besitzt, könnte diese im Ernstfall einsetzen. Allerdings nur, wenn auch der amerikanische Präsident zustimmt. Die jüngsten politischen Entwicklungen in den USA haben allerdings Zweifel wachsen lassen, ob Trump überhaupt noch dieser nuklearen Teilhabe zustimmen würde.

Militärexperte Carlo Masala sieht "noch keinerlei Anzeichen aus den USA, dass auch der nukleare Schutzschirm zur Disposition steht." Doch Europa müsse sich wappnen. Es mache Sinn, "den amerikanischen Schutzschirm durch einen französischen zu ergänzen", so Masala. Denn es sei eher unwahrscheinlich, dass die Amerikaner künftig im Ernstfall bereit seien, "die Vernichtung von New York für die Befreiung von Tallinn zu riskieren".

US-Militär investiert massiv in Standorte

Noch ist unklar, wie ernst es Trump mit dem Truppenabzug wirklich ist. Im rheinland-pfälzischen Baumholder sieht man die bisherigen Drohungen eher gelassen. Seit 80 Jahren sind die Amerikaner hier bereits stationiert, etwa 8.000 Soldaten und ihre Familien leben in der Region. Bürgermeister Bernd Alsfasser ist zuversichtlich, dass sie auch weiterhin bleiben. Das sage ihm sein Bauchgefühl. Außerdem werden auf dem US-Stützpunkt gerade viele neue Wohnungen gebaut, für etwa 2.000 zusätzliche Amerikaner.

Die US-Armee plant, eine Spezialeinheit aus Stuttgart hierher zu verlegen und investiert dafür nach eigenen Angaben rund eine Milliarde US-Dollar. Bernd Alsfasser hofft dadurch auf einen wirtschaftlichen Schub für seine Verbandsgemeinde.

Auch in andere US-Militärstandorte in Rheinland-Pfalz pumpen die Amerikaner gerade viel Geld. In Weilerbach bei Ramstein entsteht ein neues Militärhospital - die künftig größte US-Militärklinik außerhalb der USA. Verbandsgemeindebürgermeister Ralf Hechler, CDU, sieht daher keine Anzeichen, dass die Amerikaner sich zurückziehen wollen. Und selbst wenn, meint er, ginge das ja nicht von heute auf morgen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete "Zur Sache Rheinland-Pfalz" am 20. März 2025 um 20:15 Uhr.