Arbeiten an den Solarmodulen einer Photovoltaik-Anlage
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Gewerbliche Photovoltaik-Anlagen Kleinanleger berichten von Zahlungsverzug

Stand: 06.06.2025 06:13 Uhr

An gewerblichen Solaranlagen in Deutschland können sich auch private Anleger beteiligen - ein gängiges Modell in der Branche. Gegen einen größeren Anbieter gibt es zahlreiche Beschwerden und Vorwürfe.

Von Daniel Hoh, SWR

Michael Kaiser hatte das Angebot zufällig im Internet entdeckt. In Mehrum in Niedersachsen konnte man sich als Privatanleger an einer Photovoltaik-Anlage beteiligen: eine Modulfläche für knapp 50.000 Euro, ein Angebot des Unternehmens Solar Direktinvest aus Nürnberg. Der 59-Jährige griff zu, wurde bislang aber nicht glücklich damit. "Ich habe etwas anderes bekommen, als versprochen wurde", sagt er.

Michael Kaiser heißt eigentlich anders. Er will anonym bleiben, aus einem einfachen Grund: Mit seinem Kaufvertrag musste er eine "Quellenschutzvereinbarung" unterschreiben. Darin steht, dass er "geschäftspartnerbezogene Daten (…) für die Dauer von fünf Jahren" an keinen Dritten weitergeben dürfe. Auch andere Anleger fürchten juristische Konsequenzen, wenn man sie mit richtigem Namen zitieren würde.

Die Solar Direktinvest betreibt ein Geschäftsmodell, das in der Branche nicht ungewöhnlich ist: Die Unternehmen kaufen zunächst große Photovoltaik-Anlagen auf oder errichten sie selbst. Als Pachtflächen dienen zum Beispiel Dächer von Baumärkten, Agrarbetrieben oder unbebaute Grundstücke. Mehrere Module oder einzelne Wechselrichter werden dann an Kleinanleger weiterverkauft, mit entsprechendem Gewinnaufschlag.

Die Anleger können von üppigen Steuervorteilen profitieren. Hinzu kommen die Einspeisevergütungen. Für jede Kilowattstunde Sonnenstrom gibt es Geld - im Sommer mehr, im Winter weniger, je nach Sonneneinstrahlung. Um den Betrieb selbst müssen sich die Anleger nicht kümmern, sie zahlen monatlich eine Pauschale für Service- und Wartungsleistungen. Soweit die Theorie.

Falsche Versprechen bei PV-Anlagen?

In der Praxis treten etliche Probleme auf, zum Beispiel bei der Solar Direktinvest. Die Firma ist Teil einer kleineren Holding im Besitz des Nürnberger Unternehmers Andreas Köhler. Der 30-Jährige zeigt sich in Instagram-Videos gerne in teuren Sportwagen, führt anscheinend ein Luxusleben in Dubai. Zu seiner Firmengruppe gehört seit 2023 auch das Unternehmen "Milk the Sun", laut eigenen Angaben der "weltweit Nr. 1 Marktplatz für gewerbliche Photovoltaik Anlagen", mit einem angegebenen Transaktionsvolumen von rund sieben Milliarden Euro bei mehr als 2.000 Projekten.

Einige Kleinanleger der Solar Direktinvest bemängeln, dass einzelne Anlagen über keine Fernüberwachung verfügten. Obwohl in einem Flyer zu den Kaufverträgen stand: "Wir gewährleisten, dass ihre PV Anlage durchgehend mit dem Internet verbunden ist, um dadurch die tägliche Leistung überprüfen zu können." Auf Nachfrage bestreitet Andreas Köhler, dass in Bezug auf die Fernüberwachung falsche Versprechungen gemacht worden seien.

Lediglich die älteren Bestandsanlagen hätten kein Monitoring gehabt "und bei diesen wurde grundsätzlich nie ein Monitoring mit verkauft". Die Unterlagen sowie interne E-Mails, die Report Mainz vorliegen, belegen zumindest bei einer Anlage das Gegenteil.

Defekte Anlage und fehlende Abrechnungen

Ohne ständige Überwachung kam es etwa bei einer Solaranlage in Thüringen zu Defekten und einem teilweisen Ausfall der Stromproduktion, das zeigen Wartungsprotokolle. Die Anleger bekamen in dieser Zeit eine niedrigere Einspeisevergütung. Bei der Solaranlage von Michael Kaiser dauerte es mehr als ein halbes Jahr, bis sie überhaupt ans Stromnetz angeschlossen wurde.

Genauso beklagen Anleger, dass sie für das Jahr 2025 noch keine monatlichen Abrechnungen über die Einspeisevergütungen erhalten hätten – und damit auch kein Geld. Komme mal eine Abrechnung, fehlten darin sämtliche Angaben zur produzierten Strommenge.

Die Betriebsführung der Anlagen übernahm früher eine Tochterfirma der Solar Direktinvest. Die wurde im vergangenen Jahr an eine Gesellschaft in Düsseldorf verkauft. Einen Fragenkatalog von Report Mainz zu defekten Anlagen und fehlenden Abrechnungen ließ die Gesellschaft unbeantwortet, trotz mehrmaliger Versuche. Dafür antwortet der ehemalige Eigentümer Andreas Köhler: "Aufgrund personeller Überlastung" sei man bei den Abrechnungen in zeitlichen Rückstand geraten.

Fachanwalt Sebastian Lange aus Potsdam vertritt derzeit rund 20 Anleger aus der Firmengruppe von Köhler. Am einfachsten wäre, so sagt er, wenn sie selbst ein anderes Unternehmen mit der Betriebsführung beauftragen könnten. "Das ist wahrscheinlich aber nicht so einfach, weil man dann auch erst mal erfahren muss, wer sind denn all die anderen?", erklärt Lange. Denn auch das ist ein Problem: Oftmals wissen die Privatinvestoren gar nicht, wer sonst noch Miteigentümer der Solaranlage ist.

Viele Fallstricke bei Solar-Direktinvestitionen

Die Probleme rund um die Solar Direktinvest sind laut Kai-Wilfrid Schröder keine Einzelfälle. Er berät Investoren im Bereich Erneuerbare Energien und kennt die Vertriebsmethoden in der Branche. Der Fokus werde ganz klar auf die Sorgenfreiheit und das "staatlich garantiert" bei den Einspeisevergütungen gelegt.

"Die Risiken werden beim Kauf oft wegdiskutiert. Und damit beginnt die Irreführung des Verbrauchers schon von Beginn an, indem die unternehmerische Verantwortung der gewerblichen Tätigkeit völlig ausgeblendet wird", sagt Schröder. Wie viel privates Geld in große Solaranlagen in Deutschland fließt, ist schwer abzuschätzen. Der Berater geht aber von einem Milliardenmarkt aus, die Investitionen sind oft für die zusätzliche Altersvorsorge gedacht.