
40 Jahre "Rock am Ring" Mainstream-Magnet unter Marktdruck
Es sollte ein einmaliges Event bleiben. Inzwischen geht "Rock am Ring" ins 40. Jahr. Das Festival bleibt ein Mainstream-Magnet - trotz steigender Kosten, Wetterrisiken und hoher Erwartungen der Fans
Als "Rock am Ring" 1985 auf dem Nürburgring Premiere feierte, war das Festival als einmaliges Event geplant. Ein Rockfestival auf einer Rennstrecke - das gab es so noch nicht. Etwa 75.000 Menschen kamen damals, feierten Acts wie U2 oder Foreigner und Veranstalter Marek Lieberberg schuf eine Marke, die bis heute Bestand hat: Das Konzept wurde zum Vorbild für viele andere Festivals.
Nach Querelen mit dem Betreiber des Nürburgrings wanderte das Festival in den Jahren 2015 und 2016 ins benachbarte Mendig. Seit 2017 ist es jedoch zurück am Ursprungsort. Nach Lieberbergs Rückzug 2021 übernahm die PRK DreamHaus GmbH das Festival, in einem zunehmend komplexen Markt.
Konkurrenz, Kosten, Klima
Denn Deutschland zählt mit mehreren Hundert Musikfestivals jährlich zu den wichtigsten Festivalländern Europas. Aber der Markt ist hart umkämpft: Nach der Corona-Pandemie sind viele kleinere Formate verschwunden. Künstlergagen steigen zunehmend, Sicherheits- und Produktionsanforderungen sind komplexer geworden.
Die größte Herausforderung sieht "Rock am Ring"-Festivaldirektorin Jana Posth jedoch in den steigenden Produktionskosten: "Man will die Kosten nicht an den Fan weitergeben", so Posth, "ein Festival soll leistbar bleiben - für alle." Das ist jedoch kein einfaches Unterfangen: Kostete das Ticket 1985 noch 49 Mark, liegt der Einstiegspreis heute bei 179 Euro, ohne Camping.
Auch das Wetter wird extremer und für Festivals zunehmend problematisch. Gewitter, Schlammschlachten oder Hitze würden immer mehr zum Faktor, mit dem Veranstalter wie Festivalbesucher rechnen müssen, erläutert Posth. Gerade in der Eifel zeigte sich das in den vergangenen Jahren: Plötzliche Gewitter oder Starkregen trübten das Festivalgeschehen regelmäßig.
Auch die Bedürfnisse der Fans haben sich verändert. Wo früher spartanisch mit Pavillon und Kühlbox campiert wurde, sind heute längst sogenannte Glamping-Optionen ein Verkaufsschlager. Für Auto am Zelt, Nähe zum Gelände oder fertige Unterkünfte zahlen viele Festival-Gänger gerne mehr, auch bei "Rock am Ring".
Wunsch nach Vertrautem - und Überraschung
2025 ist "Rock am Ring" ausverkauft, 90.000 Menschen werden am Wochenende in der Eifel feiern. Die Marke scheint gefestigt. Wie aber bleibt ein Festival relevant, das es schon seit 40 Jahren gibt? "Indem man Tradition und Historie weiterleben lässt und nicht versucht, das Rad neu zu erfinden", erklärt Posth die nötige Balance: "Man muss eine Mischung schaffen aus alten und neuen Dingen und so eine Geschichte erzählen."
Ein solches Storytelling zeigte sich auch in der Line-up-Diskussion: Festivals konkurrieren zunehmend mit Tourneen großer Acts, die eigene Stadien füllen. In diesem Jahr sind es Linkin Park, die sich viele Fans bei "Rock am Ring" gewünscht hätten. Die Nachfrage nach bekannten Namen bleibt hoch, gleichzeitig erwarten viele Besucher neue Impulse. Rege diskutiert wird darüber vor allem in den Social Media.
Ein Treffpunkt der Generationen
Erschwert wird die Suche nach den Acts durch ein generationsübergreifendes Publikum: Bei "Rock am Ring" treffen Altrocker auf den Festival-Stammgast oder die TikTok-affine Gen Z. Für die Veranstalter ist das ein Spagat: "Man versucht ein Line-up zu schaffen, in dem sich alle Besuchergruppen wiederfinden und das alle anspricht", beschreibt Posth den Anspruch. "Ziel ist es, Bands für alle Lager zu buchen und gleichzeitig eine neue Farbe abzubilden. Festivals leben auch immer von Neuentdeckungen."
Zum Jubiläum spielen auf den Hauptbühnen Künstler wie Slipknot, Korn, Sleep Token oder K.I.Z. - ein Genre-Mix, wie er schon seit der ersten Ausgabe 1985 typisch für das Festival ist. Schon immer bietet der Ring mehr als nur Rockmusik. Zusätzlich wird es anlässlich des Jubiläums am Freitag Überraschungsacts geben. Obwohl Rock in Streaming- und Mainstream-Charts an Boden verloren hat, bildet er weiterhin das Rückgrat des Festivals.
"Rock am Ring" ist 2025 nicht nur Rückblick, sondern auch Standortbestimmung: Wer hier feiert, feiert auch ein Stück Popgeschichte - und die Fähigkeit eines Formats, sich über Jahrzehnte hinweg neu zu justieren.