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Lustloser Handel Wall Street ohne Schwung
An der Wall Street gingen die Anleger zum verspäteten Start in die neue Handelswoche keine großen Risiken ein. Neben der Lage in der Ukraine standen Aussagen aus der Notenbank im Fokus.
Nach der feiertagsbedingten Pause zum Wochenstart hat den New Yorker Börsen heute frischer Schwung gefehlt. Der mit Technologie-Aktien gespickte Auswahlindex Nasdaq 100 erreichte gleich zum Börsenstart bei 22.191 Punkten ein Rekordhoch, fiel dann aber zurück und notierte zuletzt 0,23 Prozent höher bei 22.164 Punkten.
Der Nasdaq-Composite-Index ging bei 20.041 Zählern minimal höher aus dem Handel, verfehlte aber ein neues Rekordhoch. Der breit aufgestellte S&P 500 endete genau einen Punkt über seinem alten Allzeithoch bei 6.129 Punkten, ein Plus von 0,24 Prozent. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss nahezu unverändert bei 44.556 Zählern. Damit fehlte den Indizes zwar heute der Schwung, sie bleiben aber auf allerhöchstem Niveau.
Gestützt wurden die Kurse an der Wall Street durch die Hoffnung auf eine Friedenslösung für die Ukraine durch Verhandlungen zwischen den USA und Russland. So begannen in der saudischen Hauptstadt Riad die Vorbereitungen für einen Gipfel der Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin. Einen Termin für einen Gipfel gebe es aber noch nicht, sagte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow.
Auch ein beruhigender Kommentar aus der Notenbank Federal Reserve (Fed) lockte die Anleger bisher nicht aus der Deckung. Aus Sicht von US-Notenbank-Direktor Christopher Waller wird die neue Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump nur geringen Einfluss auf die Entwicklung der Inflation haben.
Für lange Gesichter sorgten jedoch die Äußerungen der Chefin des Fed-Bezirks San Francisco, Mary Daly. "Die Geldpolitik muss straff bleiben, bis ich sehe, dass wir wirklich Fortschritte bei der Inflation machen", sagte Daly auf einer Bankenkonferenz in Arizona.
Experten zeigten sich ebenfalls vorsichtig. "Ich glaube nicht, dass die Fed einen Fehler machen will, indem sie die Zinsen zu früh senkt", sagte Philip Blancato vom Vermögensverwalter Ladenburg Thalmann. "Denn wenn sie das tut, wäre die unbeabsichtigte Folge sicherlich, dass die Inflation wieder ansteigt."
Vor der Eröffnung wurde schon der Empire State Index veröffentlicht. Er misst die Geschäftstätigkeit des produzierenden Gewerbes im Bundesstaat New York und viel mit 5,7 Punkten besser aus als erwartet. Experten hatten nur einen unveränderten Wert prognostiziert.
Jüngst hätten sich die Stimmungswerte der Industrie verbessert, dies werde auch heute beim Empire-State Index erwartet, hieß es im Vorfeld von der Helaba. Ein gutes Signal für den Aktienmarkt wäre es nicht: "Mithin bleiben die Zinssenkungserwartungen wohl gedämpft", schreiben die Marktanalysten.
Unter den Einzelwerten zogen die Aktien von Intel deutlich um 16 Prozent an. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge prüfen die Halbleiterunternehmen Broadcom und TSMC unabhängig voneinander Gebote für Teile des Chipherstellers. Die Anteilsscheine von Broadcom gaben knapp zwei Prozent nach.
Nachdem die Anleger am Vormittag noch etwas unentschlossen wirkten, drehte die Stimmung am Nachmittag. Der DAX verließ die Verlustzone und schloss am Ende des Tages bei 22.844 Punkten um 0,2 Prozent höher. Somit war auch der heutige Tage ein weiterer Rekordtag, die Bestmarke wurde im Verlauf bei 22.882 Zählern markiert.
Die nächste Tausendermarke bei 23.000 Zählern ist damit nur noch knapp ein Prozent entfernt. Gestern hatte der Index um 1,3 Prozent zugelegt.
Bislang bleiben größere Gewinnmitnahmen trotz des ununterbrochenen Rekordlaufs seit Anfang des Monats weiter aus, obwohl der DAX allein in den vergangenen vier Handelswochen fast 1.800 Punkte zugelegt hat. Marktbeobachter fragen sich längst, wie lange die DAX-Stärke anhalten wird, insbesondere weil die wirtschaftliche Lage in Deutschland weiterhin schwach ist. Allerdings ist auch der MDAX der mittelgroßen Werte zuletzt angesprungen und gewann auch heute wieder 0,54 Prozent auf 28.306 Zähler hinzu.
"Die Tausendermarken fallen im DAX gerade beinahe im Wochenrhythmus", kommentierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. Er erinnerte daran, dass der Index vor einer Woche erstmals die 22.000 Punkte hinter sich gelassen und sich am Morgen der nächsten runden Hürde von 23.000 Punkten genähert hatte.
Für eine positive Überraschung sorgte heute der ZEW-Index: Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich im Februar stärker als erwartet aufgehellt. Das ZEW-Stimmungsbarometer stieg gegenüber dem Vormonat um 15,7 Punkte auf 26 Punkte. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Anstieg auf 20 Punkte gerechnet.
"Kurz vor dem Wahltag erfahren die Konjunkturerwartungen eine deutliche Verbesserung im Februar", kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach. "Hoffnungen auf eine handlungsfähige neue Bundesregierung dürften für den gestiegenen Optimismus gesorgt haben."
Die Aussichten für deutsche Standardwerte seien durchaus positiv, stellte Madeleine Ronner, DWS-Fondsmanagerin, fest. "Die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe scheinen sich zu stabilisieren. Zudem ist die Erwartungshaltung derzeit so niedrig, dass schon kleine positive Überraschungen für weiteren Rückenwind sorgen könnten."
Der starke Lauf von Rüstungsaktien und Papieren mit Bezug zur Branche setzte sich heute fort. Einige kletterten in Rekordhöhen, so etwa die DAX-Konzerne Rheinmetall und Airbus, Hensoldt aus dem MDAX, oder die französische Thales und Leonardo aus Italien.
Immer mehr zum verkappten Rüstungswert wird der Stahl- und Industriekonzern Thyssenkrupp, für dessen Marinesparte es zuletzt Gedankenspiele gab, Teile an die Börse zu bringen. Vor allem der U-Boot-Bau gewinnt an Bedeutung. Die Aktie stieg heute erneut deutlich um rund sieben Prozent. und führte damit den MDAX an.
"Tektonische Verschiebungen" in der europäischen Verteidigungspolitik sorgten für weiteres Potenzial, schrieb Analyst Alexander Neuberger vom Bankhaus Metzler mit Blick auf Rheinmetall. Er erhöhte am Morgen das Kursziel für den Rüstungskonzern und Autozulieferer von 800 auf 1.085 Euro. Damit hat Neuberger das höchste Kursziel am Markt, nachdem tags zuvor die Investmentbank Stifel ihres auf 1.037 Euro und die DZ Bank den fairen Wert auf 1.080 Euro angehoben hatten.
Der Kurs des Euro gab heute leicht nach und wurde zuletzt im US-Handel bei 1,0449 Dollar gehandelt. Am Wochenende wurde auf der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich, dass sich die europäischen Staaten in sicherheitspolitischen Fragen künftig weniger stark auf die USA verlassen können.
Die veränderte europäische Sicherheitslage wird nach Einschätzung von Experten der Dekabank über Jahre hinweg keine Begrenzung von Haushaltsdefiziten und Schuldenständen in Staaten der Eurozone mehr zulassen.
"Die Eurozone steht vor immensen politischen Herausforderungen", heißt es in einem Kommentar der Dekabank und dies spreche eher gegen einen steigenden Eurokurs. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0447 (Montag: 1,0473) Dollar fest.
Auch am Rentenmarkt positionieren sich die Anleger in Erwartung steigender Staatsdefizite. Die Kurse fielen, im Gegenzug stiegen die Renditen. Zehnjährige Bundesanleihen lagen zuletzt knapp unter 2,5 Prozent nach rund 2,3 Prozent zum Monatswechsel. Die Umlaufrendite stieg von 2,42 Prozent am Vortag auf 2,43 Prozent leicht an, wie die Deutsche Bundesbank in Frankfurt mitteilte.
Der Zulieferer Continental will angesichts der Krise in der Autoindustrie weitere Stellen streichen. In der vor einer Abspaltung an die Börse stehenden schwächelnden Autozuliefersparte sollen bis Ende 2026 weltweit noch einmal 3.000 Jobs in Forschung und Entwicklung wegfallen, davon 1.450 in Deutschland, teilte das Unternehmen mit. Betroffen sind vor allem Hessen und Bayern, der Standort Nürnberg soll ganz schließen.
Der Ticketvermarkter und Konzertveranstalter CTS Eventim hat dank eines starken Endspurts Bestmarken bei Umsatz und Ergebnis erzielt. Die Erlöse wuchsen im abgelaufenen Geschäftsjahr um 19,1 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro, das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) legte um 21,9 Prozent auf 542,2 Millionen Euro zu. Vor allem das lukrative Geschäft mit Eintrittskarten für Musik- und Sportveranstaltungen brummte.
Der Hafenlogistik-Konzern HHLA hat im vergangenen Jahr der mauen Konjunktur, Lieferkettenstörungen wie auch den geopolitischen Unsicherheiten getrotzt und kräftig zugelegt. "Besonders der gezielte Ausbau unseres europäischen Netzwerks trug positiv zur Umsatz- und Ergebnisentwicklung bei", erklärte Firmenchefin Angela Titzrath. Die Erlöse stiegen nach ersten Berechnungen um 10,5 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro und das Betriebsergebnis (Ebit) um 22,7 Prozent auf 134 Millionen. Netto lag der Überschuss bei 33 (Vorjahr: 20) Millionen Euro.
Samsung Electronics will eigene Aktien im Wert von 3,05 Billionen Won (2,11 Milliarden Dollar) zurückkaufen. Das Unternehmen teilte mit, dass es zwischen dem 19. Februar und dem 16. Mai dieses Jahres eigene Stammaktien im Wert von 2,7 Billionen Won und andere Aktien im Wert von 304 Milliarden Won erwerben werde, um die Bewertung für die Aktionäre zu steigern und seine Mitarbeiter zu unterstützen.
Nach einer Erholung der Werbeeinnahmen hat Baidu einen Quartalsumsatz über Markterwartungen bekanntgegeben. Der chinesische Suchmaschinen-Betreiber gab am Dienstag zwar einen leichten Rückgang der Erlöse auf umgerechnet 4,48 Milliarden Euro bekannt. Analysten hatten allerdings mit etwa 100 Millionen Euro weniger gerechnet. Auch die Einnahmen aus dem Online-Marketing überraschten mit 2,54 Milliarden Euro positiv.
Die in den USA notierten Baidu-Aktien verloren dennoch deutlich rund 7,5 Prozent. Sie zeichneten damit die Talfahrt der Hongkonger Papiere vom Montag nach, da die Wall Street zu Wochenbeginn wegen eines Feiertages geschlossen war. Auslöser des Ausverkaufs war eines der seltenen Treffen des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping mit den Chefs zahlreicher Technologie-Konzerne - die Führungsriege von Baidu fehlte dort allerdings.