Birkenstock Sandalen

Birkenstock-Urteil des BGH Eine Sandale ist eine Sandale

Stand: 20.02.2025 14:39 Uhr

Birkenstock wollte erreichen, dass die weltbekannten Sandalen als Kunstwerke urheberrechtlich geschützt sind - um günstige Kopien zu verhindern. Der Bundesgerichtshof hat dies verneint.

Von Egzona Hyseni, ARD-Rechtsredaktion

Was haben Moonboots und der alte Porsche 356 gemeinsam? Sie gelten als Kunst und genießen damit Urheberrechtsschutz. Das heißt, sie dürfen nicht ohne Erlaubnis von anderen Herstellern kopiert werden. Dieser Urheberrechtsschutz gilt bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Deshalb ist er ein attraktives Instrument, um Nachahmungen zu verhindern. Auch der deutsche Sandalenhersteller Birkenstock aus Rheinland-Pfalz wollte für seine Sandalen diesen Urheberrechtsschutz erreichen.

Konstantin Wegner, Rechtsanwalt von Birkenstock, vertritt die Ansicht, dass die Sandale Kunst ist. "Der Schuh ist beeinflusst vom Brutalismus der Architektur. Das kann man sehr schön an einzelnen Elementen des Schuhs nachweisen. Wir sind deshalb absolut überzeugt davon, dass der Schuh ikonisches Design und deswegen auch urheberrechtlich geschützt ist", so Wegner. Der Brutalismus ist ein Baustil, der ab den 1950er-Jahren Verbreitung fand und auf den schweizerisch-französischen Architekten Le Corbusier zurückgeht.

"Sandalen sind eben auch Sandalen", Christoph Kehlbach, SWR, zum BGH-Urteil nach Birkenstock-Klagen

tagesschau24, 20.02.2025 10:00 Uhr

Zum Produktstart erstmal Tumult

1963 brachte der heute 88-jährige Orthopädiemeister Karl Birkenstock das erste Modell der Birkenstock-Sandale auf den Markt, als orthopädischen Gesundheitsschuh. Auf der internationalen Schuhmesse in Düsseldorf stellte Birkenstock damals seine Schuhe vor - und wurde dafür verlacht, wie Jochen Gutzy erzählt, der Sprecher von Birkenstock: "Das hat damals zu tumultartigen Zuständen geführt, als Karl Birkenstock 1963 auf der Schuhmesse in Düsseldorf zum ersten Mal die Produkte vorgestellt hat. Da wurde er als störend empfunden."

Damals waren spitze, hohe Schuhe in Mode - keine breiten, flachen Gesundheitslatschen. Heute sei das anders: Jedes Kind kenne die Birkenstocksandalen mittlerweile, sagt Gutzy. Er bezeichnet sie sogar als "Porsche unter den Sandalen".

Künstlerische Idee statt praktischer Nutzen

Doch all diese Argumente haben den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe nicht überzeugt. Der BGH hat heute entschieden: Die Birkenstock-Sandale sei keine Kunst. Sie genieße damit auch keinen Urheberrechtsschutz. Zwar könnten Alltagsgegenstände, auch Schuhe, grundsätzlich Gegenstände der angewandten Kunst sein, und damit auch Urheberrechtsschutz genießen. Dafür müsse hinter der Art und Weise, wie der Gegenstand gestaltet ist, aber eine künstlerische Idee stecken.

Ein rein handwerkliches Schaffen reiche dafür nicht aus, so der BGH. Das heißt: Wenn es Karl Birkenstock vor allem darum ging, einen orthopädischen, für den Fuß gesunden Schuh herzustellen, könne man sie nicht als Kunst qualifizieren. Birkenstock habe nicht nachgewiesen, dass die Gestaltung der Sandale auf künstlerischen Erwägungen beruht hat, so die Richterinnen und Richter in Karlsruhe.

Birkenstock will weiter gegen Nachahmer vorgehen

Jochen Gutzy von Birkenstock und Rechtsanwalt Konstantin Wegner zeigten sich nach dem Urteil enttäuscht. Gutzy wirft den "Kopisten" - wie er sie nennt - vor, auf dem Rücken von Birkenstock Profit zu erwirtschaften, und das teilweise unter fragwürdigen Produktionsbedingungen. "Die Hersteller, die wir verklagt haben, produzieren ja nicht einmal selbst", so der Firmensprecher. "Sie lassen diese Schuhe in Billiglohnländern produzieren. Unter Bedingungen, über die man nur spekulieren kann. Wir finden es nicht fair, dass auf diesem Wege ein leistungsloser Profit erwirtschaftet wird."

Gutzy kündigte an, dass sein Unternehmen auch weiterhin rechtlich gegen die Nachahmer vorgehen werde. Dies dürfte aber nach dem heutigen Urteil - zumindest mit dem Mitteln des Urheberrechts - kaum noch möglich sein. Zwar gibt es noch den Designschutz. Aber dafür sind die Fristen zumindest für die Birkenstocksandalen mittlerweile längst abgelaufen. Der Designschutz besteht maximal 25 Jahre und muss spätestens ein Jahr nach Veröffentlichung des Designs eingetragen werden.

Aktenzeichen: I ZR 16/24; I ZR 17/24; I ZR 18/24

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 20. Februar 2025 um 12:00 Uhr.