
Traktorhersteller John Deere Auszeit mit Prämie statt Jobabbau
Um Personalabbau zu verhindern, greift der Landtechnikhersteller John Deere zu einer ungewöhnlichen Methode: Beschäftigte können das Unternehmen für einige Jahre verlassen, behalten aber ihren Arbeitsplatz.
Für den 25-jährigen Maurice Cornelisse ist die Not von John Deere eine einzigartige Chance. Freiwillig darf er das Unternehmen für zwei bis vier Jahre verlassen. Dafür gibt es eine Prämie. Wie hoch diese ist, möchte das Unternehmen auf Anfrage des Saarländischen Rundfunks nicht sagen. Darüber hinaus gibt es die feste Zusage, dass der gelernte Mechatroniker mindestens einen gleichwertigen Arbeitsplatz bekommt, wenn er wieder zurückkehrt.
Cornelisse war dreieinhalb Jahre bei John Deere, zur Ausbildung und zuletzt als Ausgelernter. Jetzt hat er sich dafür entschieden, das Werk in Zweibrücken für drei Jahre zu verlassen. Statt im Werk zu arbeiten, lässt er sich im rund 50 Kilometer entfernten Kaiserslautern zum Techniker weiterbilden. Die Ausstiegsprämie unterstützt ihn dabei finanziell. Dort sitzt er wieder mit einigen Kollegen zusammen, mit denen er damals die Ausbildung gemacht hat.
Das Angebot ist aus der Not geboren
Die Idee zur Auszeit entspringt einer wirtschaftlichen Krise. Für John Deere läuft das Geschäft schlecht. Die Umsatzzahlen seien derzeit rückläufig, sagt Frank Schättle. Als Personalleiter ist er auch Teil der Geschäftsführung.
Um das Werk wieder auf Kurs zu bringen, muss eingespart werden. Denn aktuell habe das Unternehmen mehr Beschäftigte als Arbeit, heißt es von der Seite der Geschäftsführung weiter. Zur Diskussion stehen, wie in solchen Fällen üblich, Personalabbau oder Kurzarbeit, um die Kosten zu senken.
John Deere fürchtet den Fachkräftemangel
Kurzarbeit sei für das Unternehmen immer noch besser, als Personal abzubauen. John Deere befürchtet: Ist das Personal einmal weg, verschwindet damit auch das Berufswissen und die -erfahrung, die es beim Bau von Landmaschinen braucht. In Zeiten des Fachkräftemangels sei das fatal.
"Es ist nicht so, dass, wenn wir in zwei Jahren jemanden brauchen, einfach das Tor aufmachen oder ein Schild draußen anbringen und sagen: 'Wir brauchen mal wieder Leute'. Sondern wir brauchen die Menschen mit Erfahrung, mit Know-how. Wir brauchen die Facharbeiter", sagt Frank Schättle, Personalleiter und Teil der Geschäftsführung bei John Deere in Zweibrücken.
Zusammen mit der Arbeitnehmervertretung hat die Geschäftsführung nun also dieses ungewöhnliche Auszeitmodell entwickelt. Das spart John Deere vor allem Geld, bindet langfristig die Fachkräfte und gibt ihnen die Chance, sich im Idealfall noch weiterzubilden.
Auszeit nur Teil eines großen Maßnahmenpakets
Diese sogenannte Qualifikationsauszeit ist dabei nur ein Teil eines viel größeren Maßnahmenpakets. Um weiter Geld zu sparen, hat John Deere zum Beispiel die Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden reduziert. Die Lohneinbußen werden zum Teil ausgeglichen. Sonderzahlungen sind bereits in zusätzliche freie Tage umgewandelt worden. Wer will, kann sich auch intern weiterbilden lassen, um so in anderen Abteilungen mit mehr Personalbedarf eingesetzt zu werden.
Das Unternehmen ganz zu verlassen sei aber eher etwas für jüngere Menschen oder Arbeitnehmende, die gerade erst mit der Ausbildung fertig geworden sind, beobachtet der stellvertretende Betriebsratsvorsitzenden Marc Möller. Seit fast einem Jahr, seit April 2024, ist das Modell bei John Deere im Einsatz.
Nach großer Nachfrage ist das Kontingent von 24 auf 44 Plätze aufgestockt worden, wie der Arbeitnehmervertreter berichtet. Bisher haben sich insgesamt 30 Beschäftigte dafür entschieden. Zum Vergleich: Am Werk in Zweibrücken sind etwa 1.000 Menschen beschäftigt.
Arbeitsplatzgarantie ist wichtig
Maurice Cornelisse will die Auszeit auch für Privates nutzen. Seine Technikerweiterbildung dauert etwa zwei Jahre. Im dritten Jahr will er reisen und die Welt sehen. Die zugesicherte Arbeitsplatzgarantie ist für ihn dabei sehr wichtig.
"Ich wusste, wenn das Arbeitsleben anfängt, dass ich keine Zeit mehr habe, um mir die Welt anzuschauen. Darum habe ich gesagt: Ich gehe drei Jahre aus dem Unternehmen, kann alles machen, was ich möchte, und komme wieder zurück und habe meinen festen Arbeitsplatz", so der 25-Jährige.
Wenn der 25-Jährige nach der Auszeit wieder bei John Deere einsteigt, möchte er in Zweibrücken Prozesse optimieren.
Zweibrücken-Modell kann auch anderen Unternehmen helfen
Sowohl der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Marc Möller, als auch Frank Schättle von der Geschäftsführung sind sich sicher: Die allermeisten Arbeitnehmer werden wieder zurückkommen. Inwiefern das zutrifft, wird sich in etwa einem Jahr zeigen.
Bisher wird das Modell zur Auszeit nur bei John Deere in Zweibrücken eingesetzt. Von Unternehmensseite heißt es aber, sollte sich der Landmaschinenmarkt nicht rasch erholen, könne man sich dieses Modell auch an anderen Standorten vorstellen. Marc Möller ist sich zudem sicher, dass eine Qualifizierungsauszeit auch Unternehmen aus anderen Branchen durch wirtschaftliche Engpässe führen könnte.
Gemessen an der wirtschaftlichen Situation von John Deere, ist das Maßnahmenpaket für die IG Metall eine arbeitnehmerfreundliche Entwicklung. Auch in Bezug auf die Qualifizierungsauszeit äußert sich die Gewerkschaft positiv, selbst wenn vor allem jüngere Beschäftigte die Freistellung in Anspruch nehmen würden. Die IG Metall sieht das Angebot grundsätzlich als gute Lösung für die Beschäftigten in Zweibrücken.