
Neue Studie Solarparks können für mehr Artenvielfalt sorgen
Solarparks stehen oft auf Flächen, die zuvor landwirtschaftlich genutzt wurden. Viele Menschen stehen den Anlagen kritisch gegenüber. Doch eine neue Studie untermauert nun eine bekannte These: Die Artenvielfalt kann davon profitieren.
Die Feldlerche ist ein typischer Feld- und Wiesenvogel, dessen Lebensraum in unserer aufgeräumten Landschaft immer knapper wird. Doch ausgerechnet Solarparks, die von vielen Menschen als starker Eingriff in die Natur wahrgenommen werden, helfen dem Vogel, sagt der Biologe Rolf Peschel. "Wir haben meistens mehr Feldlerchen als vorher."
Peschel hat zusammen mit einem Kollegen 30 Solarparks in ganz Deutschland untersucht. Alle stehen auf Flächen, die zuvor landwirtschaftlich genutzt wurden. In Auftrag gegeben hat die Untersuchung der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), ein Verband in dem auch zahlreiche Energieerzeuger und Solarpark-Entwickler selbst Mitglieder sind. bne-Geschäftsführer Robert Busch fasst die Ergebnisse der Studie so zusammen: "Die Artenvielfalt dieser Photovoltaik-Anlagen ist geradezu überwältigend. 400 Pflanzenarten, 200 Tierarten. Das ist mehr, als wir je zu hoffen gewagt hätten."
Lebensraum für Heuschrecken, Tagfalter und Vögel
So konnten die Biologen zwischen den Reihen mit den Solarpaneelen unter anderem 30 Heuschreckenarten und 36 Tagfalterarten nachweisen. In Tümpeln zwischen oder unter den Paneelen fühlen sich 13 Libellenarten und acht Amphibienarten wohl, unter anderem auch die seltene Gelbbauchunke. Und die zahlreichen Insekten locken nicht nur die Feldlerche und mehr als 30 weitere Vogelarten an, sondern bieten nachts auch über 13 Fledermausarten Nahrung.
Gestört oder irritiert von den Bauwerken zeigen sich Tiere offensichtlich nicht. "Das heißt, diese Anlagen sind bei guter Pflege und schlauem Design super geeignet dafür, als Inseln der Vielfalt in der Landschaft die Bedürfnisse der Energiewirtschaft und der Landwirtschaft und des Naturschutzes vor allem zu vereinen", sagt Busch.
Ähnliche Ergebnisse bereits in früheren Studien
Ganz überraschend sind diese Ergebnisse nicht. Unter anderem die TH Bingen hatte 2021 in einer deutlich kleineren Untersuchung festgestellt, dass Solarparks "durchaus die Biodiversität fördern und artenreiche Vegetationsbestände aufweisen können."
Und das Bundesamt für Naturschutz schreibt auf seiner Internetseite, Solarparks könnten "zu einer ökologischen Aufwertung von artenarmen Flächen beitragen und damit Lebensraum und Trittsteinbiotop für eine Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten werden, insbesondere in intensiv genutzten Agrarlandschaften."
Auch Rebekka Blessenohl, Referentin für erneuerbare Energien und Naturschutz beim Naturschutzbund NABU, zeigt sich im Gespräch mit tagesschau.de nicht sonderlich überrascht. "Diese neue Studie reiht sich gut in andere wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema ein, die alle zeigen: Solarparks sind erstmal keine toten Industrieanlagen."
Studie soll Genehmigungspraxis erleichtern
In der jetzt vorgelegten Studie, laut bne die "weltweit umfangreichste Untersuchung zur Artenvielfalt in Solarparks auf Landwirtschaftsflächen", sieht Geschäftsführer Robert Busch aber noch mal eine ganz andere Datengrundlage. Die, so hofft Busch, könnte dabei helfen, dass Solarparks künftig leichter genehmigt werden. Denn nun könne man den Naturschutzbehörden zeigen: "Diese Anlagen sind keine Fremdkörper, keine Gewerbeflächen, wo man sagen muss: 'Oh, das ist ja sowas ähnliches wie eine Industriehalle, da ist Kies drauf, alles Mist!' Sondern, dass man sagen muss: Hey, das ist ein extrem positiver Teil der Landschaft."
Die Studie zeigt aber auch, dass die Menge der Arten in einem Solarpark oft vom Zufall oder dem Standort abhängt. So hat sich zum Beispiel die Nähe eines Truppenübungsplatzes, auf dem viele seltene Arten leben, positiv auf die Artenzahl in einem benachbarten Solarpark ausgewirkt. Auch hat es Einfluss auf die Artenvielfalt, wann und wie oft zwischen den Solarpanelen gemäht wird.
Artenvielfalt fördern per Gesetz?
Rebekka Blessenohl vom NABU sieht in der Studie deshalb auch den Beleg dafür, dass Artenvielfalt in Solarparks kein Selbstläufer ist. "Es hängt von der Umgebung eines Solarparks, der Vornutzung dieser Fläche und auch von der Umgebung und auch der Ausgestaltung eines Parks ab, ob es ein Gewinn für den Naturschutz bedeutet, oder eben nicht." Deswegen fordert sie für Solarparks gesetzliche Standards und ökologische Mindestkriterien. Diese müssten für die Schaffung von Artenvielfalt einen echten Mehrwert haben.
In der Konsequenz würde das bedeuten, dass der Bestand der Feldlerche und anderer Arten nicht mehr vom reinen Zufall oder dem guten Willen der Solarpark-Betreiber abhängen. Sondern per Gesetz sogar ganz gezielt gefördert würde.