
Rabea Rogge Als erste deutsche Frau ins All
Die deutsche Elektroingenieurin Rabea Rogge startet voraussichtlich in der kommenden Nacht mit einer SpaceX-Rakete ins All. Die Mission, an der sie teilnimmt, wurde vom Bitcoin-Milliardär Chun Wang bezahlt.
Nach zwölf Männern aus Deutschland, die bislang in den Weltraum geflogen sind, ist es nun soweit: Die Berlinerin Rabea Rogge wird als erste Deutsche ins All starten. Anders als Matthias Maurer und Alexander Gerst, die zuletzt auf der Internationalen Raumstation (ISS) waren, ist Rabea Rogge keine ESA-Astronautin. Sie fliegt als Privatperson an Bord einer Crew Dragon-Kapsel von SpaceX. Mit ihr fliegen der maltesische Unternehmer Chun Wang, eine norwegische Filmregisseurin und ein australischer Polarabenteurer ins All.
Der Weg ins All
Einige Tage vor Abflug hat die 29-jährige Forscherin tagesschau.de aus der Quarantäne in Florida ein Interview gegeben und erzählt, wie sie für die Mission ausgewählt wurde:
"Ich habe Chun und Eric, zwei meiner Crewmitglieder, auf einer Skiexpedition im hohen Norden in Spitzbergen kennengelernt. Ich hatte damals ein Satellitenteam geleitet. Wir haben sehr viel über Technologie, Weltraum und Zukunftsvisionen geredet. Und ein halbes Jahr später hat mir Chun gesagt: Hey, ich habe hier eine Mission in eine polare Umlaufbahn. Möchtest du mitkommen, weil du da gut reinpasst?"
Wieviel Geld Chun Wang an SpaceX für die Mission gezahlt hat, ist nicht bekannt. Rabea Rogge hat keine "klassische" Astronauten-Ausbildung bei der ESA durchlaufen, sie ist Elektroingenieurin und hat an der ETH Zürich studiert. Ihren Flug verdankt sie der Privatisierung in der Raumfahrt. Sie hofft, dass in Zukunft neben Astronautinnen und Astronauten von Raumfahrtagenturen wie der ESA oder der NASA noch viel mehr Menschen ins All fliegen werden. Ihre Mission sieht sie als eine Art Pionierphase.
"Ich denke, dass der Weltraum allen Menschen gehört und dass, wenn wir wirklich als Zivilisation im Weltall leben und arbeiten wollen, wir so viele Daten wie möglich brauchen. Anstatt dass man sagt, man muss ein Supermensch sein, um ins All zu fliegen, ist die Frage doch eher: Wie designen wir das Leben im All so, dass so viele Menschen als möglich Leute ins All fliegen können?"
Inspiration für Mädchen und Frauen
Rabea Rogge erzählt, dass sie sich freuen würde, wenn sie nach ihrer Mission nicht darauf reduziert wird, die erste Deutsche im Weltraum gewesen zu sein. Aber natürlich möchte sie mit ihrer Mission inspirieren. "Ich denke, dass sich Frauen in einem Technologieberuf - das habe ich auch gemerkt - viel mehr durchsetzen müssen. Und wenn das jetzt für junge Mädchen ein Vorbild ist, ist das natürlich super."
Beobachtung aus dem All
Ungefähr dreieinhalb Tage soll die Crew mit Rabea Rogge im All bleiben. Die Fram2-Mission - benannt nach einem norwegischen Expeditionsschiff - hat mehrere Ziele. Zum ersten Mal werden Menschen an Bord einer Raumkapsel in einer polaren Umlaufbahn sein, also über die Polarregionen der Erde fliegen. Dabei soll die Crew die Polarregionen beobachten. Da die Kapsel nicht an der ISS andockt, ist an der Stelle des Andockstutzens eine "Cupola", also ein Fenster angebaut. Auf ein "Mitmach-Experiment" zu Polarlichtern freut sich Rabea Rogge besonders.
"Wir haben ein supercooles Experiment zu Nordlichtern, bei dem wir mit der Universität in Svalbard, Spitzbergen zusammenarbeiten, die sich die innere Struktur von einem neuen Phänomen in der Aurora anschaut. Dafür haben wir mehr als eine Million Menschen, die vom Boden aus Bilder machen und wir von oben."
Auswirkungen der Schwerelosigkeit
Insgesamt werden an Bord 22 Forschungsexperimente durchgeführt. Sie sollen vor allem dazu dienen, mehr über die menschliche Gesundheit im Weltraum zu erfahren, auch mit Blick auf Langzeitmissionen. Der Chef des SpaceX-Unternehmens Elon Musk plant bereits für die nächsten Jahre Flüge mit Menschen zum Mars. Neben einer Studie zu Knochenschwund soll beim jetzigen Flug zum ersten Mal ein mobiles Röntgengerät zum Einsatz kommen. Damit möchte man testen, wie man qualitativ gute Bilder im All erzeugt. Bei längeren Missionen, die mit Knochenschwund einhergehen, könnten Knochenbrüche wahrscheinlicher werden und so diagnostiziert werden. Außerdem soll es bei Fram2 Studien zu Schlafqualität, Stressniveau, Reisekrankheit und Diabetes geben.
Unterschied zur ISS-Forschung
Obwohl in den vergangenen Jahren auf der Internationalen Raumstation (ISS) schon sehr viel zu Auswirkungen der Schwerelosigkeit geforscht wurde, könnte die Fram2-Mission doch neue Erkenntnisse bringen. Walther Pelzer, der Generaldirektor der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), sagt: "Bei der Fram2-Mission werden Kurzzeitexperimente gemacht, die es so auf der ISS eher nicht gibt. Da kommen die Astronautinnen und Astronauten erstmal oben an und in den ersten Tagen gibt es nicht viele medizinische Experimente. Insofern können wir Einiges lernen."
Trotz des möglichen Erkenntnisgewinns kann sich Jan Wörner, der ehemalige ESA-Generaldirektor, in diesem Zusammenhang eine Bemerkung nicht verkneifen. Nachdem sich Elon Musk vor Kurzem dafür ausgesprochen hat, die ISS schon vor ihrem geplanten Ende 2030 aus dem All zu holen, weil sie ihren Zweck erfüllt habe und nur noch wenig zusätzlichen Nutzen biete, sagt Wörner: "Es ist 'interessant', dass Elon Musk offensichtlich an Forschung im Weltraum glaubt und da immer noch Bedarf sieht, während er gleichzeitig das beste Labor, die ISS, in Frage stellt."
Rückkehr zur Erde
Anders als bei der Vorgängermission "Polaris Dawn" wird die Crew keinen Weltraumspaziergang absolvieren. Dafür sollen die Raumfahrer versuchen, nachdem sie in ihrer Kapsel zurück zur Erde geflogen, im Wasser gelandet und geborgen wurden, selbstständig auszusteigen.
Rabea Rogge Meint dazu: "Wenn wir später auf dem Mond oder auf den Mars landen, werden diese Pioniere auch keine Hilfe beim Ausstieg aus dem Raumschiff haben. Und wir sind die erste Crew, die das jetzt ohne Hilfe testet."
Rabea Rogge möchte einige Gegenstände von Freunden und Familie mit ins All nehmen und eine Medaille des Flugpioniers Otto Lilienthal. "Ich finde, jede Raummission baut auf den Schultern von solchen Pionieren wie Otto Lilienthal."