
Getöteter Hisbollah-Chef Zehntausende bei Trauerfeier für Nasrallah
Vor fünf Monaten hatte Israels Militär Hisbollah-Chef Nasrallah im Libanon getötet. Jetzt hat die Miliz eine große Begräbniszeremonie für ihn abgehalten. Israel schickte Kampfflugzeuge im Tiefflug über Beirut - als Warnung.
In der libanesischem Hauptstadt Beirut sind Zehntausende Menschen zusammengekommen, um von dem langjährigen Anführer der Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, Abschied zu nehmen. Die Zeremonie fand rund fünf Monate nach seinem Tod statt. Das israelische Militär hatte den Hisbollah-Chef in einem Beiruter Vorort bei einem Luftangriff getötet. Er wurde zunächst provisorisch neben seinem Sohn beigesetzt, der schon 1997 im Kampf für die Hisbollah starb.
Die Trauerfeier war aus Sicherheitsgründen nicht direkt nach Nasrallahs Tod abgehalten worden. Auch seines potenziellen Nachfolgers Haschem Safieddin wurde bei der Veranstaltung gedacht. Er war wenige Tage nach Nasrallah bei einem israelischen Luftangriff getötet worden.

Menschen reichen Männern, die neben dem Sarg von Hassan Nasrallah stehen, Dinge an, zum Beispiel Tücher. Die Männer berühren damit den Sarg und werfen sie wieder in die Menge.
Gäste aus dem Irak, dem Jemen und dem Iran
Im größten Stadion des Libanons und in der Umgebung versammelten sich mehr als 50.000 Menschen, wie Reporterinnen der Nachrichtenagentur dpa berichteten. Vor dem Stadion verfolgten große Menschenmengen die Veranstaltung auf Leinwänden. Wie libanesische Medien berichteten, waren auch Tausende Iraker für die Zeremonie in die Stadt gekommen. Auch aus dem Jemen und dem Iran waren Delegationen vertreten.
Zum Auftakt wurde eine Rede des iranischen Religionsführers, Ali Chamenei, verlesen. Nach einem Gebet wurden die mit gelben Hisbollah-Fahnen geschmückten Särge Nasrallahs sowie des ebenfalls getöteten Funktionärs Haschim Safi al-Din langsam ins Stadion gefahren. Safi al-Din, der als Nachfolger Nasrallahs gehandelt wurde, sollte bei der Zeremonie ebenfalls gedacht werden.
Viele Menschen warfen Tücher und Flaggen auf die Särge, wie auf Bildern im Hisbollah-Fernsehsender Al-Manar zu sehen war. Ausschnitte aus Reden des getöteten Hisbollah-Chefs wurden über Lautsprecher abgespielt. In Vorbereitung auf die Trauer-Veranstaltung waren in den vergangenen Tagen riesige Porträts der beiden getöteten Anführer in der libanesischen Hauptstadt aufgehängt worden.
Für die Hisbollah war die Gedenkfeier auch eine Gelegenheit, sich zu inszenieren und ihre Macht zu demonstrieren. Der Tod Nasrallahs bedeutete einen schweren Rückschlag für die vom Iran unterstütze Miliz im Libanon, die im Spätsommer in schwere Gefechte mit der israelischen Armee verwickelt und massiv angegriffen worden war. Die Hisbollah kann jedoch nach wie vor auf Unterstützung aus der mehrheitlich schiitischen muslimischen Gemeinschaft des Landes zählen. Der neue Hisbollah-Chef Naim Kassem sagte in seiner Rede vor den Trauernden in Beirut, die Miliz werde Nasrallahs "Willen bewahren" und "weiter auf diesem Weg gehen".
Angriffe zeitgleich zur Zeremonie
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz erklärte, israelische Kampfflugzeuge seien während der Zeremonie im Tiefflug über Beirut geflogen. Auch Augenzeugen berichteten, Flugzeuge seien während der Feierlichkeiten zu hören gewesen. Viele Menschen in der Menge forderten den "Tod Israels". Israel sende damit eine "klare Botschaft" an diejenigen, die es bedrohen wollten, sagte Katz weiter. Die israelische Armee schrieb im Onlinedienst X, die Welt sei "ein besserer Ort" ohne Nasrallah.
Kurz vor der Zeremonie hatte das israelische Militär mehrere Ziele im Libanon bombardiert. Das berichteten die Armee sowie libanesische Medien. Ein syrisches Mädchen sei verletzt worden, berichtete die Staatsagentur NNA. Berichte über Tote gab es nicht. Die israelische Armee teilte mit, ein militärischer Posten der Hisbollah sei angegriffen worden. Geheimdienste hätten dort Raketenabschussrampen, Waffen und "Hisbollah-Aktivitäten" ausgemacht. Die Aktivitäten seien ein Verstoß gegen die Waffenruhe. Diese gilt seit Ende November. Israel flog seitdem mehrfach Luftangriffe und die Armee betonte auch jetzt, dass sie weiter gegen jede Bedrohung vorgehen werde.
Nach monatelanger Präsenz hatte Israel vor knapp einer Woche einen Großteil seiner Stellungen in dem nördlichen Nachbarland geräumt. Die libanesische Führung wertet den Verbleib israelischer Truppen an fünf strategischen Punkten als Verstoß gegen die Waffenruhe-Vereinbarung.