Rafael Grossi spricht auf einer Pressekonferenz der IAEA.
hintergrund

Internationale Atomenergiebehörde Die neue Relevanz der IAEA

Stand: 21.06.2025 11:11 Uhr

Israel will das Atomprogramm des Irans ausschalten. Die Sorge, dass es dadurch zu einer radioaktiven Verseuchung kommt, ist groß. Was kann die Internationale Atomenergiebehörde in dieser Lage ausrichten?

Die Aufgabe der IAEA (International Atomic Energy Agency) klingt zunächst simpel: Sie soll die friedliche Nutzung der Kernenergie fördern. "Atoms for peace" - so lautete das Stichwort bei der Gründung der IAEA 1957.

Das heißt gleichzeitig: Die IAEA überwacht auch, dass Kernenergie nicht für kriegerische Zwecke eingesetzt wird. Sie ist zuständig dafür, dass ihre rund 180 Mitgliedsstaaten den "Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen" (Atomwaffensperrvertrag) einhalten.

Zu diesem Zweck schickt sie ihre Inspektoren in alle Welt. Sie überprüfen zum Beispiel, dass Staaten in Atomkraftwerken kein Material für militärische Zwecke abzweigen. Über ihre Tätigkeit berichtet die IAEA an die UN-Vollversammlung.

Hält sich ein Mitgliedsland nicht an seine Verpflichtungen, kann die Organisation auch den UN-Sicherheitsrat einschalten. Die IAEA ist allerdings keine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, sondern mit ihnen nur vertraglich verbunden.

Seit langer Zeit Besorgnis

Mit Blick auf das iranische Atomprogramm äußert die IAEA seit einiger Zeit Besorgnis. Seit dem Jahr 2019 protokolliert sie die Anreicherung von Uran im Iran weit über zivile Zwecke hinaus. Im Jahr zuvor waren die USA aus dem Wiener Atomabkommen ausgestiegen.

Kurz vor dem israelischen Angriff auf das Land hatte die IAEA mitgeteilt, dass Iran sich nicht mehr an seine Pflicht zur Nichtverbreitung von Atomwaffen hält. Ein schwerwiegender Vorwurf, erhoben erstmals seit 20 Jahren. Der Gouverneursrat der Organisation hielt in einer Resolution laut Reuters fest,

dass die zahlreichen Versäumnisse des Irans, seinen Verpflichtungen seit 2019 nachzukommen und mit der Organisation in Bezug auf nicht deklariertes Nuklearmaterial und Aktivitäten an mehreren nicht deklarierten Standorten im Iran uneingeschränkt und rechtzeitig zu kooperieren (...) eine Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen aus dem Sicherungsabkommen mit der Organisation darstellen.

IAEA mahnt Zurückhaltung an

Doch die militärische Lösung dieses Problems, die Israel nun offenkundig anstrebt, ist nicht im Sinne der IAEA. Seit Beginn des Angriffs ruft ihr Chef Rafael Grossi immer wieder zu Zurückhaltung auf und zur diplomatischen Lösung der Probleme mit dem Iran.

Grossi bietet auch immer wieder an, selbst in den Iran zu reisen und als Vermittler zu fungieren. Bisher ohne sichtbaren Erfolg. Die IAEA kann immer nur auf die Kooperation ihrer Mitgliedsstaaten setzen.

Das zeigt sich auch bei der Informationsbeschaffung zum Zustand der iranischen Atomanlagen nach den Angriffen. Hier ist die IAEA auf die Kooperationsbereitschaft des Irans angewiesen. Laut Grossi steht die IAEA in Kontakt mit den iranischen Atombehörden. Die Organisation kann sich also immerhin auf die Fahnen schreiben, noch einiges an Vertrauen in dem Land zu genießen.

Schwierige Informationslage

In ihren Briefings nach israelischen Angriffen bezieht sich die IAEA aber auch auf Satellitenbilder oder nennt keine Quellen. Gelegentlich muss sie Aussagen zu Schäden auch revidieren. Wie umfassend die iranischen Behörden also wirklich mit der IAEA kooperieren, ist kaum zu sagen.

Die Organisation kommuniziert äußerst zurückhaltend, wohl um die Zusammenarbeit mit dem Iran nicht zu gefährden. Die IAEA hat auch eigene Inspekteure in dem Land, deren Sicherheit sie gewährleisten muss. Inwiefern die Mitarbeiter aktuell als Quellen über Schäden an Atomanlagen dienen, ist unklar.

Ihren regulären Aufgaben können sie derzeit wohl nicht nachkommen. Die Inspektionen im Iran würden fortgesetzt, sobald die Sicherheitsbedingungen dies zuließen, hieß es von der IAEA.

"Innerhalb einer Stunde reaktionsfähig"

Sollte es durch die israelischen Angriffe zu einer nuklearen Katastrophe kommen, betont Grossi, sei die IAEA bereit "innerhalb einer Stunde zu reagieren". Grossi hat angeboten, zum Beispiel Experten seiner Organisation für nukleare Sicherheit und Gefahrenabwehr in den Iran zu entsenden.

Für solche Fälle hat die IAEA an ihrem Sitz in Wien ein Zentrum für Störfälle und Notfälle (IEC). Es dient als zentrale Stelle für Informationsaustausch und Zuweisung von Ressourcen bei nuklearen Unfällen. Das Zentrum stehe derzeit in ständigem Austausch mit den iranischen Behörden, so Grossi am 13. Juni im UN-Sicherheitsrat.

Darüber hinaus gibt es eine Task Force aus mehreren hochrangigen Mitarbeitern, die die Lage beobachten und dem UN-Sicherheitsrat rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Mehr als Angebote kann die Organisation aber derzeit nicht machen.