Marine le Pen im Gericht in Paris

Urteil wegen Veruntreuung Le Pen darf fünf Jahre lang nicht bei Wahlen antreten

Stand: 31.03.2025 15:36 Uhr

Das Urteil ist ein politischer Paukenschlag in Frankreich: Wegen der Veruntreuung von EU-Geldern darf die rechtsnationale Politikerin Le Pen bei der kommenden Präsidentschaftswahl nicht antreten. In Umfragen lag sie vorne.

Die französische Rechtsnationalistin Marine Le Pen ist in einem Betrugsprozess schuldig gesprochen worden und darf dem Urteil zufolge bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 nicht antreten. Ein Gericht in Paris urteilte, dass Le Pen für fünf Jahre das passive Wahlrecht entzogen wird. Sie darf damit bis 2030 nicht für ein politisches Amt in Frankreich kandidieren. In dem Prozess ging es um die Veruntreuung von EU-Geldern.

Das von der Richterin verhängte Verbot gilt ab sofort. Einzige Chance auf eine Kandidatur Le Pens im Jahr 2027 wäre ein rasches Berufungsurteil, mit dem das Kandidaturverbot wieder gekippt würde. Le Pens Anwalt kündigte bereits Berufung an, Parteisprecher Laurent Jacobelli sagte, Le Pen bleibe weiter "kämpferisch".

Zwei Jahre Haft mit Fußfessel

Die Richterin Bénédicte de Perthuis begründete das sofortige Amtsverbot mit einem drohenden "Rückfallrisiko". Sie verwies zudem auf eine "erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung, die es bedeuten würde, wenn sich eine in erster Instanz verurteilte Person zur Präsidentschaftswahl stellt".

Zusätzlich zum Entzug des passiven Wahlrechts wurde Le Pen auch zu zwei Jahren Haft mit Fußfessel verurteilt. Zwei weitere Jahre Haft setzte das Strafgericht zur Bewährung aus. Außerdem wurde eine Geldstrafe von 100.000 Euro verhängt.

Le Pen bestreitet Fehlverhalten

Neben Le Pen wurden auch acht aktuelle und ehemalige Mitglieder ihrer Partei Rassemblement National (RN), die früher im Europäischen Parlament saßen, schuldig gesprochen, EU-Gelder, die für Mitarbeiter des Europaparlaments bestimmt waren, jahrelang für die Bezahlung von eigenen Mitarbeitern verwendet zu haben. Ein solches Vorgehen verstößt gegen EU-Vorschriften. Le Pen und ihre Mitangeklagten bestritten ein Fehlverhalten.

Die Richter hätten das Urteil vor allem damit begründet, dass der Rassemblement National das System der Veruntreuung in vollem Bewusstsein aufgebaut habe, erklärt ARD-Korrespondent Michael Strempel. "Sie haben gewusst, dass es illegal ist und es trotzdem so organisiert." Außerdem gebe es bei den Angeklagten überhaupt kein Schuldbewusstsein.

Michael Strempel, ARD Berlin, zu dem Urteil gegen französische Rechtspopulistin Le Pen

Mittagsmagazin, 31.03.2025 13:00 Uhr

Le Pen verließ Gerichtssaal vor Urteilsverkündung

Le Pen verließ den Gerichtssaal noch vor der Verkündung des vollständigen Urteils. Ungeachtet des Strafmaßes kann Le Pen bis zum Ende der Wahlperiode weiter als Abgeordnete im Parlament sitzen, wo sie Fraktionsvorsitzende ist.

Für Le Pens Partei Rassemblement National ist das Ergebnis des Prozesses ein Desaster. Der vorübergehende Verlust des passiven Wahlrechts ist in Frankreich eine gängige Strafe, wenn Politiker wegen Korruption und Untreue verurteilt werden. Dennoch gilt es aufgrund der großen Beliebtheit von Le Pen als heikel - auch moderate Politiker hatten Bedenken angemeldet, da es das Narrativ befeuern könnte, das Urteil sei politisch motiviert, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern.

Entsprechend fielen die ersten Reaktionen des Rassemblement National aus: "Heute ist es nicht nur Marine Le Pen, die zu Unrecht verurteilt wird: Es ist die französische Demokratie, die hingerichtet wird", sagte der RN-Vorsitzende Jordan Bardella.

Die Generalsekretärin der französischen Grünen EÉLV Marine Tondelier begrüßte dagegen das Urteil: "Wenn man allen anderen eine Lektion in Sachen Vorbildlichkeit erteilt, muss man damit beginnen, diese Lektion bei sich selbst anzuwenden."

Kritik aus dem Ausland

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban sprach Le Pen nach ihrer Verurteilung seine Unterstützung aus. "Ich bin Marine!", erklärte Orban kurz nach der Urteilsverkündung auf Französisch im Onlinedienst X. Der Rechtsnationalist gilt als enger Verbündeter Le Pens.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, man wolle sich zwar nicht in innere Angelegenheiten Frankreichs einmischen. Die Beobachtungen des Kremls zeigten aber, dass Europäische Hauptstädte "nicht im Geringsten zögern, sich im politischen Prozess über die Demokratie hinwegzusetzen."

Bardella als möglicher neuer Präsidenschaftskandidat

Das Urteil trifft die rechtsnationale Partei in Frankreich in einem Moment, in dem sie im Parlament so stark vertreten ist wie noch nie. Auch in Umfragen zur Präsidentschaftswahl liegt Le Pen derzeit vorne. RN-Präsident Bardella, der 29-jährige Vertraute Le Pens, könnte nun der neue Kandidat der Partei für die Wahl 2027 werden. Ob er antreten will, ist noch nicht bekannt.

Der Politikwissenschaftler Arnaud Benedetti, der ein Buch über den RN geschrieben hat, sagte, das Urteil sei ein Wendepunkt in der französischen Politik, der sich auf alle Parteien und die Wählerschaft auswirken werde. "Dies ist ein politisches Erdbeben", so Benedetti. "Es wird unweigerlich zu einer Neuordnung führen, insbesondere im rechten Lager."

Carolin Dylla, ARD Paris, tagesschau, 31.03.2025 13:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 31. März 2025 um 14:00 Uhr.