
Urteil im Berufungsprozess Vier Jahre Haft für Österreichs Ex-Minister Grasser
Im Jahr 2020 wurde der frühere Finanzminister Österreichs, Grasser, unter anderem wegen Bestechlichkeit zu acht Jahren Haft verurteilt. Nun hat der Oberste Gerichtshof den Schuldspruch bestätigt, die Haftstrafe aber reduziert.
Der ehemalige österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist vor dem Obersten Gerichtshof des Landes wegen Bestechlichkeit zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Damit wurde in dem Berufungsprozess seine ursprünglich verhängte Gefängnisstrafe halbiert.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der ehemalige FPÖ-Politiker der Untreue und Geschenkannahme schuldig gemacht hatte. Das in erster Instanz gefällte Urteil wegen Beweismittelfälschung hob der Oberste Gerichtshof auf.
Millionen-Provision für interne Informationen
Grasser, der den Posten als Finanzminister von 2000 bis 2007 innehatte, war 2020 nach langjährigen Ermittlungen am Wiener Landesgericht zu acht Jahren Haft verurteilt worden.
Dem heute 56-Jährigen wurde vorgeworfen, 2004 beim Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen einem privaten Investor entscheidende Informationen über den erforderlichen Kaufpreis gegeben zu haben. So konnte sich das Immobilienunternehmen des Investors als bestbietender Bewerber den Zuschlag sichern. Grasser und weitere Beteiligte sollen dafür Provisionen in Höhe von 9,6 Millionen Euro erhalten haben.
Der frühere FPÖ-Politiker hat die Vorwürfe stets bestritten und gegen das Urteil Berufung eingelegt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte nun den Schuldspruch wegen Bestechlichkeit und des Weiteren die Verurteilung wegen Unregelmäßigkeiten rund um den Mietvertrag einer Finanzbehörde. "Es handelt sich um schwerwiegende Straftaten mit schwerwiegenden Folgen", sagte die Vorsitzende Richterin. Das sei in Österreich bisher beispiellos.
Aufgrund der langen Verfahrensdauer entschied das Gericht jedoch, die verhängte Haftstrafe zu reduzieren. Trotz Minderung des Strafmaßes bleibt es das bisher höchste gegen einen österreichischen Spitzenpolitiker.

Grassers Anwälte warfen dem Obersten Gerichtshof vor, ein politisches Urteil gefällt zu haben.
Grasser kündigt Beschwerde gegen "Fehlurteil" an
Grassers Anwälte hatten vor dem Obersten Gerichtshof von einem politischen Urteil gesprochen. Sie zweifelten die Objektivität der Erstrichterin an, weil sich ihr Ehemann beim Kurznachrichtendienst X negativ über den Angeklagten geäußert hatte. Der Oberste Gerichtshof betonte hingegen, dass Richterinnen und Richter in der Lage seien, trotz solcher Meinungsäußerungen objektive Urteile zu fällen.
Auch Grasser sprach von einem "Fehlurteil", das Recht und Gerechtigkeit verletzte, und kündigte eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an. Dieser Schritt bewirkt aber keinen Aufschub der Haftstrafe.