Feuerwehrleute löschen einen Brand an einer Energieanlage in der Ukraine im November 2024.

Krieg gegen die Ukraine Neue Vorwürfe zu Bruch von Teilwaffenruhe

Stand: 28.03.2025 16:46 Uhr

Ein Verzicht auf Angriffe auf Energieanlagen soll den Frieden in der Ukraine näher bringen. Doch diese Teilwaffenruhe scheint brüchig, beide Seiten werfen sich Verstöße vor. Der Kreml behält sich nun sogar das Recht vor, sie nicht mehr einzuhalten.

Russland und die Ukraine haben sich erneut gegenseitig den Bruch einer Abmachung zum Verzicht auf Angriffe gegen Energieanlagen vorgeworfen.

Russland behält sich eigenen Angaben zufolge daher das Recht vor, diese Vereinbarung nicht einzuhalten. Dies gelte für den Fall, dass die Ukraine "weiterhin" dagegen verstoße, sagt Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland verbreitet regelmäßig Vorwürfe, um damit eigene Aggression zu rechtfertigen.

In dem seit mehr als drei Jahre währenden Krieg Russlands gegen die Ukraine gibt es Versuche der USA, einen Waffenstillstand zu vermitteln. Eine von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagene 30-tägige Waffenruhe ohne Vorbedingungen lehnte Kremlchef Wladimir Putin ab. Auch sonst zeigt Putin kein Interesse an Verhandlungen oder einer friedlichen Lösung seines Kriegs.

Als Minimalkonsens haben sich beide darauf verständigt, Objekte der Energieversorgung von Angriffen auszunehmen. Russland zerstört seit Beginn seines Angriffskriegs gezielt und systematisch die Energieinfrastruktur der Ukraine.

Björn Blaschke, B. Blaschke, ARD Moskau, zzt. Tiflis, tagesschau, 29.03.2025 08:47 Uhr

Vorwürfe des Kreml

Nun behauptet das russische Verteidigungsministerium, das ukrainische Militär habe mit Drohnen und HIMARS-Raketen mehrere Objekte der eigenen Energieversorgung beschossen. So sei am Morgen die Gasmessstation in Sudscha attackiert worden, "wodurch ein starker Brand entstanden ist und das Energieobjekt faktisch vernichtet wurde".

Zudem seien über dem südrussischen Gebiet Saratow 19 Drohnen abgefangen worden, die auf die Infrastruktur einer Raffinerie zielten, hieß es weiter. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Kremlsprecher Peskow griff die Vorwürfe später auf und erklärte, ukrainische Soldaten "führen die Befehle im Bereich des Verzichts von Schlägen gegen Objekte der Energieinfrastruktur nicht aus". Es gebe von ukrainischer Seite täglich Versuche, russische Anlagen zu beschießen. Dies deute darauf hin, dass die ukrainische Armee außer Kontrolle sei und keine Befehle der Führung des Landes befolge. Russland halte sich hingegen an die Abmachung, sagte er. 

Ukraine beklagt Angriff auf Gasförderanlage

Im Gegenzug warf der ukrainische Staatskonzern Naftogaz Russland einen weiteren Angriff auf Gasförderanlagen vor. Der neueste Beschuss "ist nicht nur eine Attacke auf unsere Infrastruktur, sondern der Versuch, die Stabilität der Energieversorgung zu untergraben", sagte Konzernchef Roman Tschumak gemäß einer Mitteilung.

Es habe keine Opfer gegeben und es werde an der Beseitigung der Folgen gearbeitet. Angaben zur Art der eingesetzten Waffe, Ort und Zeit des Angriffs machte er nicht.

Zuvor hatten ukrainische Behörden über massive russische Drohnenangriffe vor allem im Gebiet Poltawa informiert. Auch diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden.

Nicht die ersten Vorwürfe

Beide Seiten haben einander inzwischen mehrfach vorgeworfen, sich nicht an die Abmachung zu halten.

So erklärte Selenskyj am Donnerstag am Rande eines Gipfels mit Partnerländern in Paris, dass das russische Militär bei einem Artilleriebeschuss von Cherson auch die Infrastruktur zur Energieversorgung der Stadt in der Südukraine beschädigt habe. Kiew werde entsprechende Beweise nach Washington schicken und warte dann auf eine Reaktion des Weißen Hauses.

Moskau wiederum hatte die ersten Anschuldigungen gegen Kiew bereits am Tag nach dem Telefonat von Putin und Trump erhoben. Zu dem Zeitpunkt waren die Details der Umsetzung einer solchen Abmachung noch gar nicht bekannt.

Putin fordert "UN-Verwaltung" für die Ukraine

Am Rande eines russischen Arktikforums hat Putin derweil eine "vorübergehende Verwaltung" der Ukraine durch die UNO vorgeschlagen. Unter diesen Umständen könnten "demokratische Präsidentschaftswahlen" in der Ukraine organisiert werden, auf die Verhandlungen für ein "Friedensabkommen" folgen könnten, sagte der Kremlchef. Putin fordert seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 die Absetzung Selenskyjs.

UN-Generalsekretär António Guterres sagte in Reaktion auf den Vorschlag, die Ukraine habe eine legitime Regierung, die respektiert werden müsse. Auch die Bundesregierung hat die Äußerung strikt zurückgewiesen. Putin beweise mit den täglichen Angriffen auf die Ukraine, dass es ihm nicht um die Demokratie in der Ukraine gehe, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Man solle deshalb auf das russische Narrativ gar nicht einsteigen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. März 2025 um 15:00 Uhr.