Bundestagswahl 2025
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Reaktionen auf Hochrechnungen Scholz spricht von "bitterem" Ergebnis - AfD jubelt
Als Reaktion auf die Hochrechnungen bei der Bundestagswahl sieht Scholz die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der SPD bei sich. Unions-Kanzlerkandidat Merz wertet das CDU/CSU-Ergebnis als historisch. Bei der AfD brach Jubel aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit Blick auf die ersten Hochrechnungen von einem "bitteren Wahlergebnis" für die SPD gesprochen. Die Sozialdemokraten hätten die Wahl klar verloren. Es sei jetzt aber wichtig für die SPD, "gemeinsam nach vorne" zu gehen. Scholz machte klar, er trage für das Ergebnis Verantwortung. Er dankte für das Vertrauen, der neunte Regierungschef in Deutschland gewesen zu sein. Er werde das Amt bis zum letzten Tag ausführen.
In der Berliner Runde von ARD und ZDF machte der SPD-Politiker aber auch deutlich, dass er einer unionsgeführten Bundesregierung nicht angehören und auch keine Koalitionsgespräche führen werde. "Ich werde, wenn es Gespräche gibt zum Beispiel zwischen SPD und Union, nicht der Verhandlungsführer der SPD sein."
Er habe sich um das Amt des Bundeskanzlers beworben. "Aber ich werde nicht als Vertreter der SPD in einer von der CDU-geführten Bundesregierung sein und auch nicht darüber verhandeln."
"Es ist eine historische Niederlage, es ist ein ganz, ganz bitterer Abend", sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch in der ARD. Die SPD stürzt laut ARD-Hochrechnung auf 16,4 Prozent ab - ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis. Miersch gratulierte der Union und Friedrich Merz. "Sie haben diesen Regierungsauftrag laut Prognosen." Inwieweit die SPD Regierungsverantwortung aufnehmen solle und wolle, müsse sich zeigen.
SPD-Chef Lars Klingbeil kündigte einen personellen Neustart seiner Partei an. "Dieses Ergebnis wird Umbrüche erfordern in der SPD", sagte er. Nötig sei nicht nur eine organisatorische und programmatische Neuaufstellung, sondern "ja, auch, dass wir uns personell anders aufstellen". Er sage "hier mit absoluter Klarheit, der Generationswechsel in der SPD muss eingeleitet werden", betonte er.
Merz spricht von historischem Ergebnis
"Es wird ein spannender Abend", sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der ARD. Nur eins sei klar: "Die Wahl hat die Union gewonnen." Die Ampel sei abgewählt und die Menschen wollten einen Politikwechsel. Der neue Kanzler werde Friedrich Merz heißen, so Linnemann. "Wir wollen eine stabile Mehrheit, eine stabile Regierung." Auf mögliche Koalitionsoptionen wollte er sich nicht festlegen.
CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sprach von einem historischen Ergebnis. "Wir, die CDU, die CSU, die Union, wir haben diese Bundestagswahl 2025 gewonnen", sagte er.
In der Berliner Runde erneuerte er seine Absage an eine Koalition mit der AfD. Man habe ganz grundlegende unterschiedliche Auffassungen, etwa in der Außen- und Sicherheitspolitik. An AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel gerichtet sagte Merz: "Sie wollen das Gegenteil von dem, was wir wollen, und deswegen wird es eine Zusammenarbeit nicht geben." Später verwies er auch die Differenzen in der Russland-Politik. "Wir suchen nicht die Freiheit und den Frieden auf dem Schoß von Putin", so der CDU-Chef.
In dem harten Wahlkampf gegen die SPD sieht er kein Hindernis für eine künftige Koalition. "Selbstverständlich reden wir nach der Wahl miteinander vernünftig", sagte er. Durch den Wahlkampf sei "auch klar geworden, wo die Unterschiede in Deutschland liegen". Die hohe Wahlbeteiligung gebe dem Bundestag eine "hohe Legitimation".
Söder: Ohne die Grünen - "wenn es irgendwie geht"
Angesprochen darauf, dass man möglicherweise in ein Dreierbündnis eintreten müsse, bekräftigte CSU-Chef Markus Söder in der Berliner Runde zwar seine Bedenken gegen eine Zusammenarbeit mit den Grünen.
Auf die Frage, ob es beim kategorischen Nein der CSU zu einer Zusammenarbeit bleibe, schloss er dies aber nicht mehr generell aus. "Wenn es irgendwie geht, bleiben wir ganz klar dabei." Er wolle Merz nichts vorgeben, das sei nicht seine Aufgabe. Aus Sicht der CSU sei aber ganz eindeutig: "Eine Regierung ohne die Grünen ist eine bessere Regierung."
Die Union kam laut Hochrechnung insgesamt auf 28,5 Prozent.
Weidel: "Als Volkspartei angekommen"
Bei der Wahlparty der AfD gab es Jubel. "Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass das für uns ein historischer Erfolg ist", sagte die AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel in der ARD. Die AfD wurde mit 20,6 Prozent laut Hochrechnung mit deutlichem Abstand zweitstärkste Kraft. Es ist ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl.
Man sei "als Volkspartei angekommen", sagte Weidel in der Berliner Runde. Sie zeigte sich erneut offen für Koalitionsverhandlungen mit der Union. In Richtung Merz sagte sie: "Unsere Hand ist ausgestreckt, wir werden vernünftigen Anträgen der Union zustimmen, wenn es denn erforderlich ist." Die Union könne mit SPD und Grünen keine stabile Regierung bilden, die vier Jahre halte, so Weidel. Sie zeigte sich überzeugt: "In den nächsten Jahren werden wir die Union überholen."
"Wir sind jetzt die politische Mitte", sagte Co-Parteichef Tino Chrupalla. Auch er betonte, dass die Hand der Partei weiter in Richtung der Union ausgestreckt sei. "Die Wähler haben uns ein ganz klares Votum gegeben."
Habeck: "Achtbares, okayes Ergebnis - mehr nicht"
Die Grünen-Führungsriege um die Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak reagierte auf der Wahlparty in Berlin mit Beifall auf die ARD-Prognose. Laut Hochrechnung erreichen die Grünen 11,9 Prozent. 2021 hatten die Grünen noch 14,7 Prozent erzielt.
Brantner sieht nach den ersten Prognosen große Herausforderung für Demokraten. "Ich glaube, das ist jetzt das Gebot der Stunde für alle, dass alle Demokraten über sich hinauswachsen und wir diesen Kontinent zusammenhalten in Frieden und in Freiheit", sagte sie.
Es sei wichtig, dass die Demokraten dafür zur Verfügung stünden, das Land und Europa zu sichern angesichts der weltweiten geopolitischen Herausforderungen. Man brauche auf jeden Fall einen Kanzler, der zusammenführe und nicht spalte.
Kanzlerkandidat Robert Habeck bezeichnete in der Berliner Runde das Abschneiden seiner Partei als "durchwachsen". "Ich wollte mehr, wir wollten mehr", sagte er. Es sei ein "achtbares, okayes Ergebnis - mehr nicht".
Er bezog sich auch auf das Abschneiden der Linkspartei bei der Wahl. Diese habe sich mit ihrer Rolle in der Opposition zuletzt als Wahloption vor allem bei jüngeren Wählern hervorgetan. Der Weg, eine Koalition mit der Union auszuschließen, sei den Grünen hingegen "verbaut" gewesen, sagte Habeck. "Wir sind gesprächsbereit", erklärte er, auch bezogen auf eine mögliche Koalition mit Union und SPD.
Van Aken: "Die Linke lebt"
Die Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek, freute sich über das Abschneiden ihrer Partei. "Ich bin so unfassbar glücklich über unser Ergebnis", sagte sie in der ARD. Die Linke erzielt laut Hochrechnungen 8,6 Prozent. Es sei richtig gewesen, sich auf das Thema Soziales zu konzentrieren, so Reichinnek. Man werde auch künftig für bezahlbaren Wohnraum und ein gerechtes Steuersystem eintreten.
Auch Linken-Chef und Co-Spitzenkandidat Jan van Aken zeigte sich begeistert über das Abschneiden seiner Partei. "Die Linke lebt", sagte er vor einer jubelnden Menge in Berlin.
Lindner kündigt bei Nichteinzug Rückzug an
Die FDP kommt laut Hochrechnung derzeit auf 4,5 Prozent und muss deshalb noch um den Einzug in den Bundestag bangen. FDP-Chef Christian Lindner kündigte bereits seinen Rückzug aus der Politik an, falls die Partei tatsächlich den Sprung verpasst.
Wenn die FDP aus dem Bundestag ausscheide, sei es völlig klar, dass er dann auch aus der Politik ausscheide, sagte er in der Berliner Runde. "Dann ist mein Führungsanspruch für die FDP erloschen." Er werde dafür sorgen, dass sich die FDP politisch und personell neu aufstellen könne. Als Parteivorsitzender trete er dann nicht erneut an.
FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki schloss eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP erneut aus. "Ich kann Jamaika für mich persönlich ausschließen und für meine Partei auch", sagte Kubicki in der ARD. "Wir haben für uns ausgeschlossen, dass wir noch einmal die nächsten vier Jahre mit den Grünen zusammen regieren."
Sollte die FDP im Bundestag vertreten sein, wird es für Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot wahrscheinlich nicht reichen. Dann müsse eine Koalition aus CDU, SPD und FDP gebildet werden, so Kubicki weiter. Die Mehrheit der FDP-Wähler habe mit der Rolle der Liberalen in der Ampelkoalition gefremdelt. "Wir haben es nicht geschafft, nach dem Aus der Ampel vom 6. November dieses Vertrauen ausreichend zurückzugewinnen", sagte Kubicki mit Blick auf das Wahlergebnis.
BSW hofft auf Einzug
Laut Hochrechnung erreichte das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) 4,9 Prozent. BSW-Chefin Amira Mohamed Ali hoffte noch auf ein Überwinden der Fünf-Prozent-Hürde. "Wir gehen davon aus, wir schaffen das", sagte Mohamed Ali in der ARD. Falls dies gelinge, sei man offen für mögliche Koalitionsgespräche - außer mit der AfD und den Grünen. "Eines ist ganz klar: Für ein 'Weiter so' stehen wir nicht zur Verfügung."
"Wir werden noch zittern müssen", sagte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. Unabhängig vom Ergebnis sei es schon beeindruckend, wo das BSW stehe. "Wir haben das großartig gemacht."