Karsten Wildberger

Bundesregierung Wie das neue Digitalministerium entsteht

Stand: 03.06.2025 17:43 Uhr

Das neue Digitalministerium soll Deutschland digitaler und moderner machen. Doch die Behörde befindet sich gerade noch im Aufbau. Fest steht schon mal: Faxgeräte wird es dort nicht geben.

Von Hans-Joachim Vieweger, ARD-Hauptstadtstudio

Ein neues Ministerium quasi aus dem Nichts aufzubauen - das sei durchaus herausfordernd, sagt Karsten Wildberger, der neue Bundesdigitalminister. Eine Herausforderung, die zugleich für einen "ganz besonderen Spirit" sorge, wie Wildberger bei seiner ersten Vorstellung im Bundestag erklärte: "Ich erlebe rund um mein Haus eine Start-up-Mentalität: Engagierte Menschen mit hohen Kompetenzen, mit einer großen Ambition und einer großen Portion Lust, die digitale Zukunft unseres Landes zu gestalten."

"Start-up-Mentalität" - nach Einschätzung von Wildbergers Staatssekretär Markus Richter zeigt sich das bereits in der Art, wie das neue Ministerium in die Gänge kommt. Natürlich müssten viele organisatorische Fragen geklärt werden: von technischen Fragen rund um die Einrichtung von Arbeitsplätzen bis hin zu Vereinbarungen mit Gremien oder Personalräten. Doch all das dürfe die Handlungsfähigkeit des neuen Ministeriums nicht bremsen: "Für uns hat das Liefern von Ergebnissen Priorität." Die Strukturen müssten sich nach den Inhalten richten.

Mitarbeitende aus anderen Ministerien

Die meisten der zunächst rund 500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des neuen Hauses kommen aus sechs anderen Ministerien, zum Beispiel aus dem Verkehrsministerium, das bislang auch für Digitalisierung zuständig war.

Dass auch Abteilungen mit Standort Bonn übernommen worden sind, hat für Kritik beim Bund der Steuerzahler gesorgt: Es sei "absurd", dass ausgerechnet das Digitalministerium an zwei analogen Standorten arbeite, so Verbandspräsident Reiner Holznagel. Im Ministerium verweist man darauf, dass auch nachgeordnete Behörden wie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ihren Sitz in Bonn haben. Mit höheren Reisekosten sei das nicht verbunden ist, schließlich sei digitale Zusammenarbeit Teil des Konzeptes des neuen Hauses.

Einen eigenen Haushalt hat das Ministerium noch nicht, die Mitarbeiter werden aus ihren bisherigen Häusern bezahlt. So wie Staatssekretär Richter, der aus dem Bundesinnenministerium kommt.  

Auf Flohmärkten unterwegs

Richter erzählt voller Begeisterung vom Aufbau des neuen Ministeriums, das in einem Bürokomplex untergekommen ist, den man vom Innenministerium übernommen hat.

Beim Einrichten war Improvisationstalent angesagt: "Am Tag, bevor der Minister hier in das Gebäude eingezogen ist, waren wir noch kurzfristig auf Flohmärkten unterwegs, um Porzellan zu organisieren, damit man das Nötigste vor Ort hat." Da hätten Mitarbeiter, die sonst als Controller aktiv seien, schnell mal ihr handwerkliches Geschick bewiesen.

Glasfaserausbau im Mittelpunkt

Ärmel hochkrempeln und anpacken - das gilt für den Aufbau des Hauses, aber auch für die ersten Projekte, die der neue Digitalminister vorantreiben will und die in der Wirtschaft wie beim Branchenverband Bitkom sehnsüchtig erwartet werden. Bereits im Kabinett beschlossen wurde ein Gesetzentwurf, der die Versorgung Deutschlands mit schnellen Internetverbindungen beschleunigen soll. Der Glasfaserausbau soll dafür zu einem Vorhaben mit "überragendem, öffentlichen Interesse" erklärt werden.  

Ganz oben auf der Agenda steht auch die Digitalisierung staatlicher Aufgaben. Das Online-Zugangsgesetz, das eigentlich bereits seit mehr als zwei Jahren vorsieht, dass viele Behördengänge auch digital möglich sein sollen, muss endlich mit Leben gefüllt werden.

Außerdem geht es um eine Art digitale Brieftasche - in der Fachsprache "Wallet" genannt. Sie soll ermöglichen, dass zentrale Dokumente, vom Personalausweis über den Führerschein bis zur Fahrkarte, digital auf dem Handy verfügbar sind. "Das ist eine Digitalisierung, die bei den Menschen ankommt", sagt Minister Wildberger.  

Arbeitsweisen aus der Wirtschaft

Um solche Projekte voranzubringen, arbeitet das neue Haus auch selbst im Projektmodus, wie Staatssekretär Richter erläutert. Anstelle klassischer Hierarchien und der Arbeit in vorhandenen Strukturen werden Projekte für eine Laufzeit von längstens sechs Monaten ausgeschrieben. Dafür können sich Mitarbeiter melden. Die jeweiligen Teams müssen dann in der vorgegebenen Zeit bestimmte Ergebnisse beziehungsweise Produkte liefern.

Das sei tatsächlich eine völlig andere Arbeitsweise, die der neue Minister Wildberger mitgebracht habe, sagt Richter. Wildberger kommt aus der Wirtschaft und hat vor seinem Wechsel in die Politik für den Mutterkonzern von MediaMarkt und Saturn gearbeitet. 

Die neuen Arbeitsformen könnten auch eine Art Blaupause für andere Ministerien sein, meint Richter: "Es gehört mit zur DNA dieses neuen Hauses, dass wir Dinge ausprobieren, von denen andere profitieren können." Schließlich soll es im neuen Ministerium auch um Staatsmodernisierung gehen.  

Kein Fax im Digitalministerium

Hunderte von Bewerbungen habe das Ministerium inzwischen erreicht, auch aus dem Ausland, sagt Richter: Die Arbeit am Digitalprojekt Deutschland scheint also sehr attraktiv zu sein. Auch für Richter selbst: "Es ist das erste Mal in meiner beruflichen Karriere, wo wir diesen hohen Freiheitsgrad haben, einfach die Sache in den Vordergrund zu stellen und einfach zu liefern."  

Fax-Geräte sollen in dem neuen Ministerium übrigens erst gar nicht angeschafft werden, das hat Philipp Amthor gesagt, einer von zwei Parlamentarischen Staatssekretären des Ministeriums. Keine weltbewegende Entscheidung, aber doch ein Signal für ein neues Digitalministerium, das auch digital arbeiten will.