Rathaus Hamburg mit Flagge
analyse

Bürgerschaftswahl Hamburg Ein eigener politischer Planet

Stand: 02.03.2025 14:11 Uhr

Eine Woche nach dem Absturz bei der Bundestagswahl hat die SPD bei der Wahl in Hamburg gute Aussichten. Der Bundestrend wirkt sich aber auch in Hamburg aus.

Nur eine Woche nachdem die Bundestagswahl zur Abrechnung mit Rot-Grün-Gelb wurde, stellt sich in Hamburg der rot-grüne Senat den Wählerinnen und Wählern zur Wiederwahl. Hamburg hat neben Niedersachsen die einzige rot-grüne Landesregierung in Deutschland, und für die ist der bundespolitische Gegenwind spürbar.

2020 bekamen die beiden Parteien zusammen zwei Drittel der Wählerstimmen, so dass auch bei erwartbaren Verlusten eine Fortsetzung des Senats möglich erscheint. Die Hamburger CDU hat konsequenter als andere Landesverbände in den letzten Wochen die Migrationspolitik von Friedrich Merz unterstützt und will sich dadurch möglichst weit aus dem Rekordtief von 2020 herausarbeiten - damals fiel die CDU in Hamburg auf 11,2 Prozent.

Einer der beiden einzigen roten Tupfer

Der Stadtstaat Hamburg ist verglichen mit anderen Bundesländern ein eigener politischer Planet. Bei der Bundestagswahl vergangene Woche war er zusammen mit Bremen einer der beiden einzigen roten Tupfer auf der ansonsten politisch schwarzen Karte der westlichen Bundesländer.

Die SPD war hier mit knappem Vorsprung vor der CDU stärkste Kraft. Die Grünen erzielten in Hamburg im Vergleich zu den anderen Bundesländern ihr bestes Ergebnis, die AfD ihr niedrigstes. Das politische Klima in Hamburg war immer linker und liberaler als in der restlichen Republik. 

Hamburgs Wirtschaft setzt sich ab

Hamburg setzt sich nach zwei Jahren Rezession in Deutschland auch mit seiner Wirtschaftskraft deutlich ab. In der repräsentativen Vorwahlumfrage von Infratest dimap bezeichnen diese Woche 59 Prozent der Befragten die wirtschaftliche Lage in Hamburg als gut - zum Vergleich: Bundesweit sprachen kurz vor der Wahl nur 16 Prozent von einer guten wirtschaftlichen Lage.

Auch der Blick auf die Arbeit der jeweiligen Regierungen fällt sehr unterschiedlich aus: Während bundesweit im Rückblick nur 17 Prozent mit der Arbeit der Ampel zufrieden waren, attestieren 61 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger ihrem Senat gute Arbeit. Vor den jüngsten Wahlen in anderen Bundesländern erzielten nur die Regierungen von Schleswig-Holstein 2022 (75 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern 2021 (64 Prozent) einen höheren Wert. 

Großer Zuspruch für Tschentscher

Verbunden ist dieses Urteil mit guten Noten für den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und dessen Stellvertreterin, die Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Zwei Drittel (66 Prozent) zeigen sich zufrieden mit der Arbeit von Tschentscher, knapp jeder Zweite (47 Prozent) mit der Arbeit von Fegebank.

CDU-Herausforderer Dennis Thering, der zum ersten Mal als Spitzenkandidat antritt, erreicht nur einen Wert von 22 Prozent. Fragt man die Wählerinnen und Wähler, für wen der drei sie sich entscheiden würden, könnte man den Ersten Bürgermeister direkt wählen, so sprach sich in den vergangenen Monaten stets etwa jeder Zweite für Tschentscher aus, der auch Anhänger der anderen Parteien anspricht. 

Vollständig abkoppeln kann sich Hamburg vom Bundestrend jedoch nicht. Bei der Bundestagswahl hatten neben der Union die Parteien auf dem rechten und linken Flügel gewonnen, AfD und Linke. In Hamburg hat sich gegenüber 2020 die Liste der wahlentscheidenden Motive vollständig verändert. Nach oben gerückt sind Innere Sicherheit und Wohnen, Themen mit denen AfD bzw. Linkspartei punkten wollen. Knapp dahinter liegt das Thema Wirtschaftswachstum. Sowohl der Klimaschutz als auch die Verkehrspolitik sind aus Sicht der Befragten für ihre Wahlentscheidung in den Hintergrund gerückt. 

Nach dem Anschlag in Magdeburg und dem tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg ist auch in Hamburg über die Begrenzung der Einreise von Flüchtlingen und Asylbewerbern diskutiert worden. Aber das Meinungsklima, in dem diese Debatte stattfindet, unterscheidet sich: Während bundesweit eine Mehrheit von 55 Prozent die Sorge umtreibt, dass zu viele Menschen nach Deutschland einwandern, ist dieser Wert in Hamburg mit 39 Prozent spürbar geringer. Das ist ein Teil der Wählerschaft, um den vor allem CDU und AfD kämpfen.

Linkspartei verfolgt eigene Themen

Die Linkspartei hingegen setzt wie schon im Endspurt des Bundestagswahlkampfs auch in Hamburg stark auf das Themen Wohnungsmangel und Mietpreise. Nach Berlin ist Hamburg das Land mit der geringsten Quote an Wohnungseigentümern, Miete ist also für viele ein großes Thema.

Zwar kritisiert eine Mehrheit der Befragten, dass die Linke Vorschläge macht, die unrealistisch und nicht finanzierbar seien. Allerdings attestiert ihr ebenfalls eine Mehrheit, dass sie sich stärker als andere Parteien um sozialen Ausgleich bemüht und die Partei in einer Großstadt mit starkem sozialen Gefälle besonders wichtig ist. In dieser Stimmung kann sich die Linke Hoffnung auf deutliche Zugewinne machen. 

Geduld bei der Auszählung der Stimmen gefordert

Wie bei allen Wahlen der vergangenen Jahre wird die Mobilisierung und damit die Wahlbeteiligung starken Einfluss auf die Ergebnisse haben. Hier dürfte vor allem der Kampf von Grünen und CDU um den zweiten Platz entschieden werden.

Sollten die Parteien knapp beieinander liegen, wird Geduld gefragt sein. In Hamburg haben die Wählerinnen und Wähler jeweils fünf Erststimmen und fünf Zweitstimmen, können nach Belieben ihre Kreuze verteilen. Deshalb findet am Abend zur Orientierung der Öffentlichkeit nur eine erste Auszählung der Zweitstimmen statt, bei der alle uneindeutigen Stimmzettel zunächst auf Seite gelegt werden. Am Montag geht die Auszählung dann von vorne los - erst dann wird vollständig gezählt. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. März 2025 um 14:00 Uhr.