
Migrationspolitik Erstes "Dublin-Zentrum" in Brandenburg angekündigt
Um weniger Asylsuchende im Land zu haben, will Brandenburg neue Wege gehen. In einem sogenannten Dublin-Zentrum sollen Menschen unterkommen, für deren Asylverfahren eigentlich andere Staaten zuständig sind. Von Andreas B. Hewel.
- Einrichtung des Zentrums in Eisenhüttenstadt vereinbart
- Platz für bis zu 150 Menschen
- Start bereits für 1. März geplant
- Opposition kritisiert Maßnahme als unwirksam
Am Montag ist es formal beschlossen worden: Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) haben die Einrichtung eines sogenannten Dublin-Zentrums in Brandenburg vereinbart. Dieses Zentrum soll alle Geflüchteten aufnehmen, die nach Deutschland eingereist sind und hier Asyl beantragen, obwohl sie bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Das Ziel dieses Zentrums ist für Brandenburgs Innenministerin klar: "Die Aufgabe ist die Rückführung von Flüchtlingen, die bereits in einem anderen Staat einen Asylantrag gestellt haben."

Dublin-Verfahren gilt als unwirksam
Denn diese Geflüchteten dürften laut dem sogenannten Dublin-Verfahren gar nicht hier sein und in Deutschland ihren Asylantrag bearbeiten lassen. Doch die Umsetzung dieses Dublin-Verfahrens gilt seit langem als ineffizient. Der Grund ist einfach: Viele Geflüchtete haben in den anderen EU-Staaten gar keinen Asylantrag gestellt, weil sie direkt nach Deutschland wollen. Zudem nehmen viele Nachbarstaaten Deutschlands nur sehr zögerlich Geflüchtete zurück, wenn diese über ihr Land nach Deutschland eingereist sind. "Es ist mehrfach diskutiert worden", klagt Innenministerin Lange, "dass die jetzige Form der Dublin-Verfahren schwere Mängel hat."
Dublin-Zentrum soll nach Eisenhüttenstadt kommen
"Daher gab es von den Innenministern die Aufforderung an den Bund, die Verfahren eben zu optimieren und zu verbessern", begründet Lange das Zentrum. In Brandenburg soll es nach Plänen der Innenministerin auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) entstehen. "Wir werden jetzt erstmal sehen, wie die Möglichkeiten und Kapazitäten sind", sagt Lange. "Wir wollen dahingehen, wo schon Infrastruktur ist, nicht nur von den Gebäuden her, sondern auch vom Personal. Das wäre dann Eisenhüttenstadt." Vorgesehen sind vorerst bis zu 150 Plätze, heißt es aus dem Innenministerium. Für alle Fälle biete man aber auch mehr Plätze an. Konkrete Zahlen, um wie viele Dublin-Fälle es in Brandenburg geht, wollte das Ministerium auf Nachfrage noch nicht nennen. Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gab es allein im Januar in ganz Deutschland fast 6.000 sogenannte Übernahmeersuchen an Mitgliedstaaten – aber nur 539 Überstellungen.

Residenzpflicht im Dublin-Zentrum
Es soll also offenbar schnell gehen. Die Asylsuchenden, die in diesem Dublin-Zentrum untergebracht würden, hätten im Vergleich zu anderen Geflüchteten vor allem eine zusätzliche Einschränkung: Ihre Bewegungsfreiheit außerhalb der Einrichtung wäre stark eingegrenzt. "Es ist kein Gewahrsam und es sind keine Haftplätze", beschwichtigt die Innenministerin, "sondern es gibt dann eben diese Residenzpflicht, dort vor Ort zu bleiben."
Die CDU-Opposition im Brandenburger Landtag hält nichts von dem Dublin-Zentrum. "Dass ich die Asylsuchenden jetzt konzentriert an einem Standort unterbringe, löst doch das Problem nicht", ärgert sich Rainer Genilke, der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion. Es müsse eine konsequente Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze geben, denn diese kämen bereits aus einem sicheren EU-Land. Das sogenannte Dublin-III-Verfahren müsse ausgesetzt werden.
Mängel im Asylverfahren in der EU
Das Dublin-III-Verfahren gilt seit 2014. Es sieht vor, dass die Länder, in denen sich Geflüchtete aktuell befinden, einen Asylantrag bearbeiten müssen, wenn andere EU-Länder, durch die die Geflüchteten zuvorkamen, Zweifel an einem gesicherten Asylverfahren aufkommen lassen. Sprich, wenn ein EU-Land entgegen seinen Verpflichtungen keinen Schutz gewährt oder Geflüchteten dort gar unmenschliche oder entwürdigende Behandlungen drohen, dann dürfen sie dorthin nicht zurückgeführt werden. Der Schutz des Menschen also steht im Vordergrund. Das zuvor angewandte Dublin-II-Verfahren kannte diese Einschränkung noch nicht. Hier waren alle EU-Staaten verpflichtet, ihrer Schutzpflicht nachzukommen. Für manche EU-Staaten, die keine Geflüchteten aufnehmen wollen, zahlt es sich also aus, Geflüchtete schlecht zu behandeln.

AfD fordert Abschiebehaftanstalten
Auch die AfD, die generell Geflüchtete in großem Maße in deren Herkunftsländer abschieben will, hält das geplante Dublin-Zentrum in Brandenburg für "reine Symbolpolitik". "Das Dublin-III-System funktioniert nicht und fördert einen Missbrauch des Asyls mehr, als es ihn eindämmt", moniert der parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Landtag, Dennis Hohloch. "Brandenburg braucht viel mehr wirklich flächendeckende Grenzkontrollen, Abschiebehaftanstalten für ausreisepflichtige Ausländer und eine Abschaffung der Sozialanreize." Geflüchtete sollen nach dem Willen der AfD direkt an der Grenze abgewiesen werden, denn die an Deutschland angrenzenden Länder seien alle sichere Länder. Auch sie fordern damit die Aussetzung der Dublin-III-Verfahrens.
Das Dublin-Zentrum in Brandenburg ist nun beschlossen. Die Einrichtung dürfte schnell gehen, der Start ist für den 1. März vorgesehen. Fraglich ist, ob sie von Dauer ist. Unter einer neuen Bundesregierung könnte es ebenso schnell wieder aufgelöst werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 17.02.2025, 07:00 Uhr