Einige Ministerien in RLP haben bei Stellenbesetzungen und Beförderungen "rechtliche Vorgaben nicht immer beachtet", rügt der Landesrechnungshof.

Rheinland-Pfalz Einstellungen und Beförderungen: Ministerien in RLP halten sich nicht immer ans Recht

Stand: 18.02.2025 19:09 Uhr

Das Arbeits- und Sozialministerium sowie das Integrationsministerium in RLP haben bei Stellenbesetzungen und Beförderungen "rechtliche Vorgaben nicht immer beachtet". Das kritisiert der Landesrechnungshof.

Das Thema hat in Rheinland-Pfalz eine besondere Brisanz. 2020 gab es in der Landesregierung eine Beförderungsaffäre. Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) und ihr Staatssekretär Thomas Griese mussten damals zurücktreten, weil ihr Ministerium sich bei Beförderungen über Jahre nicht an das Recht gehalten hatte.

Das Ganze ist jetzt fast fünf Jahre her. Trotzdem hat der Rechnungshof nun festgestellt, dass sich offensichtlich immer noch nicht alle Ministerien bei Beförderungen und Einstellungen an geltendes Recht halten.

Rechnungshof kritisiert Missachtung rechtlicher Vorgaben in Personalfragen

Kritik des Rechnungshofs: Höhere Stellen nicht ausgeschrieben

Mängel sieht der Rechnungshof beim SPD-geführten Arbeits- und Sozialministerium. Bis zum Sommer vergangenen Jahres stand Ministerpräsident Alexander Schweitzer an dessen Spitze. Die Prüfer kritisieren, es sei "nicht nachvollziehbar", warum Stellen im Leitungsstab, also höher bezahlte Positionen, nicht ausgeschrieben wurden. Und: Das Ministerium habe mehrfach Vorstellungsgespräche mit Personen geführt, die die "zwingenden Anforderungen für die Stelle nicht erfüllt" hätten. Dies sei rechtlich nicht zulässig, so der Rechnungshof.

Kritik gibt es auch am grün-geführten Integrationsministerium von Ministerin Katharina Binz. Der Rechnungshof schreibt, es sei "nicht nachvollziehbar", warum sich das Ministerium bei Stellenbesetzungen für einen bestimmten Bewerber entschieden hat. Außerdem: Der genaue Inhalt der Vorstellungsgespräche, der eine Grundlage für die Auswahlentscheidung bildet, sei überwiegend "nicht nachvollziehbar".

"Der Landesrechnungshof hat die Ministerien zu recht kritisiert"

Beiden Ministerien wirft der Rechnungshof vor, es sei "nicht nachvollziehbar", ob bei der Einstufung von Beschäftigten in eine höhere Gehaltsgruppe überhaupt die Voraussetzungen erfüllt waren. Zudem sei bei beiden Ministerien "nicht nachvollziehbar" gewesen, ob sie jeweils geprüft haben, ob eine Stelle tatsächlich nachbesetzt werden musste oder sogar hätte eingespart werden können.

Jurist Diringer: Möglicherweise willkürliche Entscheidungen

Die Formulierung, dass eine Entscheidung "nicht nachvollziehbar" sei, findet sich in den Berichten zu den beiden Ministerien an insgesamt neun Stellen. Das Problem: "Entscheidungen, die nicht nachvollziehbar sind, erwecken den Verdacht, dass sie möglicherweise willkürlich getroffen wurden", sagt der Jurist Arnd Diringer dem SWR.

Diringer lehrt als Professor an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg und leitet dort die Forschungsstelle Arbeitsrecht. Allein, dass ein solcher Verdacht entstehen kann, ist für den Juristen "katastrophal". Denn bei Einstellungen und Beförderungen sei die "verfassungsmäßig gebotene Bestenauslese und die Chancengleichheit nachvollziehbar sicherzustellen", so Diringer.

Auch Innenministerium in der Kritik

Die Kritik betrifft nicht nur diese beiden Ministerien. Im Jahresbericht des vergangenen Jahres hatte sich der Rechnungshof die Praxis bei Einstellungsverfahren und Beurteilungen im SPD-geführten Innenministerium angeschaut. Auch dort stellte der Rechnungshof "Defizite" fest. Auch dort waren Entscheidungen "nicht nachvollziehbar".

Beförderungsaffäre 2020: "Günstlingswirtschaft und Gutsherrenart"

Der Hintergrund: 2020 hatte sich das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Rahmen einer Klage die Beförderungspraxis im Umweltministerium genauer angeschaut. Im Urteil sprachen die Richter ungewöhnlich deutlich von "Beförderung nach Gutsherrenart und Günstlingswirtschaft". Eine SWR-Recherche hatte anschließend ergeben, dass das Umweltministerium bei Beförderungen systematisch gegen Gesetze verstoßen hatte - und zwar über Jahre. In der Folge waren sowohl die Umweltministerin als auch ihr Staatssekretär zurückgetreten.

Danach hatte die CDU-Opposition eine große Anfrage zur Einstellungs- und Beförderungspraxis aller Ministerien des Landes gestellt. Schon damals zeigte sich, dass es nicht nur im Umweltministerium Defizite gab. Jetzt, fast fünf Jahre später, erklären die Ministerien im Jahresbericht, die festgestellten Defizite bei Einstellungen und Beförderungen abzustellen. 

Der Experte für Arbeitsrecht, Diringer, sagt, man könne nur hoffen, dass diese Zusagen erfüllt werden. Seiner Einschätzung nach fehle es bislang entweder an der fachlichen Kompetenz oder am Willen, Personalangelegenheiten ordnungsgemäß zu handhaben. "Es fällt schwer zu sagen, was in einem Ministerium schlimmer wäre", so der Leiter der Forschungsstelle für Arbeitsrecht an der Hochschule Ludwigsburg.

Ministerien erklären sich

Bleibt die Frage, warum die Ministerien die Defizite nicht schon früher beseitigt haben. Aus dem Integrationsministerium heißt es, nach der Landtagswahl 2021 habe die neue Hausspitze das gesamte Einstellungs- und Beförderungssystem überprüft und Änderungen vorgenommen. Von den Defiziten, die der Rechnungshof jetzt kritisiert, seien viele bereits 2022 und 2023 abgestellt worden, schreibt das Ministerium.

Auch das Arbeits- und Sozialministerium teilt dem SWR mit, bereits vor der Prüfung des Rechnungshofes habe man damit begonnen, "Abläufe bei Einstellungen und Eingruppierungen von Tarifangestellten eigenständig zu überprüfen und umzustellen".

Opposition fordert weitere Aufklärung

Die CDU Rheinland-Pfalz fordert von Ministerpräsident Schweitzer eine Erklärung. Generalsekretär Johannes Steiniger sagte, hier werde ein Muster deutlich. "Für SPD-Schweitzer sind Ministerien vor allen Dingen der verlängerte Arm der roten Parteizentrale. Das darf nicht sein und verstößt gegen geltendes Recht."

Auch die AfD fordert lückenlose Aufklärung und Konsequenzen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Iris Nieland sagte: "Es kann nicht sein, dass sich die Landesregierung über Jahre hinweg über geltendes Recht hinwegsetzt und der Steuerzahler für diese Misswirtschaft aufkommt."

Sendung am Di., 18.2.2025 18:00 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP

Mehr Kritik vom Landesrechnungshof