
Thüringen "Einfach machen" – Verein im Vogtland nimmt Kultur selbst in die Hand
Nicht klein denken, sondern groß – so könnte das Motto des Viva Kulturforums lauten. Der Verein hat die Kreuzkirche im ostthüringischen Zeulenroda übernommen und sie mit viel Engagement zu einem Kulturort umgebaut. Seit der Schließung der maroden Stadthalle 2017 füllen die ehrenamtlichen Mitglieder die entstandene Lücke – mit Konzerten, Ausstellungen, Theater und Gesprächen. Auch an der Zeulenrodaer Kulturnacht am Freitag nimmt der Verein teil.
- Das Viva Kulturforum hat sich vor fünf Jahren in Zeulenroda formiert und betreibt die Kreuzkirche ehrenamtlich als Veranstaltungsort.
- Neben Konzerten, Lesungen, Ausstellungen und Gesprächen gibt es auch regelmäßig Kinovorführungen.
- Der Verein mit 130 Mitgliedern beteiligt sich auch an der 11. Zeulenrodaer Kulturnacht am Freitag.
Ganz so prächtig sieht die Kreuzkirche derzeit zwar nicht aus. Die großen bunten Glasfenster sind abgedeckt, das Kirchenschiff ist verdunkelt, denn gerade erst wurden hier ein paar Kinofilme gezeigt. Hans-Jürgen Thomä blickt dennoch voller Stolz in den Raum.
Hier passiert kulturell überhaupt nichts mehr. Dann müssen wir es eben selber machen. Rainer Marofke | Vereinsmitglied
Ein furchtbarer Hallraum sei das hier gewesen, als man die Räumlichkeiten übernommen habe, erinnert sich Thomä: "Mit dreieinhalb Sekunden Nachhallzeit. Deswegen haben wir hier einen sogenannten Ring-Absorber eingebaut, in Eigenleistung. Und haben jetzt eine Akustik, die von allen gelobt wird."

In Zeulenroda hat sich die Kirche durch viel Engagement in einen Konzertsaal und Kulturraum verwandelt.
Kulturverein arbeitet ehrenamtlich
Thomä deutet unter die Decke. Ein breites graues Band ist ringsum angebracht, Platten aus aufgeschäumtem Glas, die den Schall absorbieren. Zum Glück hätten sich Leute gefunden, die bereit waren, in zehn Metern Höhe zu arbeiten. Und dann habe man einfach losgelegt.
Es ist bereits eine Menge Energie in die Kirche geflossen, seit der Verein vor fünf Jahren begann, hier ein Kulturangebot aufzubauen. Der Vereinsvorsitzende Thomä hat früher ein Unternehmen geleitet, jetzt im Ruhestand treibt er das Projekt "Viva Kulturforum" voran. Gerade erst konnte ein Nebenanbau mit Toiletten und Künstlergarderobe eröffnet werden – alles ehrenamtlich geplant.

Drei von 130 Vereinsmitgliedern des Kulturforums: Burkhard Pelz, Kerstin Just, Rainer Marofke (von links nach rechts)
Dabei ist der Baubereich nur einer von vielen hier. Die Veranstaltungen müssen geplant und durchgeführt werden. Es braucht Pressearbeit, Künstlerbetreuung und auf jeden Fall auch leckeres Essen zu jedem Termin. Und so könnten sich viele Vereinsmitglieder mit ihren Interessen einbringen, berichtet Rainer Marofke, selbst Mitglied.
"Und die machen das dann aber auch", ergänzt er euphorisch: "Die warten nicht ab und sagen: Hier gibt es ja nichts mehr – und nölen die ganze Zeit. Sondern die sind positiv und sagen: Ich wünsche mir das, jetzt gibt's den Ort, da machen andere mit und jetzt kann ich mich selber auch verwirklichen."
Ein Kino für Zeulenroda
Einfach machen und die eigenen Träume verwirklichen – ein gutes Beispiel dafür ist Burkhard Pelz. Der Cineast hat in der Kreuzkirche dafür gesorgt, dass in Zeulenroda, zehn Jahre nach Schließung des Kinos, wieder Filme über die große Leinwand flimmern. Das sei für ihn einfach ein Herzensbedürfnis: "Weil ich mir ein Leben ohne Kino gar nicht vorstellen kann."

Die Welt kommt nach Zeulenroda: Die schottische Folk-Band Gnoss sorgte für ein volles Haus.
Pelz ist nicht nur Kopf der Kinogruppe. Er hat auch das technische Equipment aus eigener Tasche bezahlt. Er komme vom Land, erklärt er, und sei bereits seit Kindertagen mit dem Kino in Berührung: "Einmal im Monat ist man eingetaucht in die Märchenwelt, in die Abenteuerwelt. Und so hat sich das entwickelt."
Die Heimat lebenswert machen
Einmal im Monat ist nun also Kinowoche, bei der drei bis vier Filme gezeigt werden. Immer in Absprache mit der Evangelischen Kirche, denn das Gebäude befindet sich noch immer in ihrem Besitz. Es sei eine fruchtbare Zusammenarbeit, findet Vereinsmitglied Kerstin Just. Der Verein habe alle Unterstützung bekommen, die man sich nur vorstellen könne: "Diese Kirche einfach wieder zu nutzen, mit Leben zu füllen. Und mal ganz andere Menschen in dieses Haus reinzubitten. Zu sagen: Kommt doch und seid da. Das wird gar nicht mehr so als Kirche wahrgenommen. Es ist eben – das Viva Kulturforum."

Das Leipziger Duo Stiehler/Lucaciu erobert die Bühne der Kreuzkirche.
130 Mitglieder hat der Verein, rund 30 von ihnen bringen sich aktiv ein. Nicht klein denken, sondern groß, ist ihr Motto. Mit ihrem Ehrenamt füllten die Mitglieder aus, was normalerweise an Unterstützung von der Stadt kommen sollte, so Rainer Marofke: "Das ist auch wirklich ein Ansatz gewesen, dass man gemerkt hat, hier passiert kulturell überhaupt nichts mehr. Dann müssen wir es eben selber machen. Das ist leider so."
Und dennoch herrscht beim Treffen der Vereinsmitglieder ausgesprochen gute Laune. Hier verwirklicht sich ein bunt gemischter Haufen Kulturfreunde. Und macht die eigene Heimat ein Stück lebenswerter.

Auch das Jazz-Trio Lamer Lauer Spallati trat, zusammen mit der Leipziger Posaunistin Antonia Hausmann, in Zeulenroda auf.
Nächste Veranstaltungen im Kulturforum (zum Ausklappen)
11. Zeulenrodaer Kulturnacht
Freitag, 16. Mai:
18 Uhr: Vernissage zur Ausstellung von Ilona Schlupeck (Holzreliefs und Skulpturen) & kleines Teaser-Konzert
Samstag, 17. Mai:
- von 10 bis 12:30 Uhr: Musikworkshop
- 20 Uhr: Hauptkonzert von Marijke & Michiel Wiesenekker (Gitarren- und Mandolinen Duo aus Amsterdam)
Konzert mit Dota Kehr und ihrem Duo
Mittwoch, 18. Juni, 20 Uhr
Ort:
Viva Kulturforum in der Kreuzkirche Zeulenroda
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Vereins.
Redaktionelle Bearbeitung: lm