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Thüringen Markenzeichen Regenbogen: Wie Thüringens wohl älteste Spielzeug-Designerin mit 83 Jahren noch arbeitet
Spielend und staunend die Welt entdecken, dazu lädt derzeit eine interaktive Ausstellung im Friedrich-Fröbel-Museum in Bad Blankenburg ein. Die gezeigten farbigen Elemente zum Stecken, Drehen oder Aufklappen sind nach Entwürfen der Jenaer Spielzeugdesignerin Fridlind Siebrecht entstanden und in Thüringen gefertigt. Was brauchen Kinder, um sich gut zu entwickeln? Diese Frage beschäftigt die inzwischen 83-Jährige seit Jahrzehnten.
Die Regenbogen-Farben sind ihr Markenzeichen. So leuchtet auch das kleine Tor zu ihrem Garten rot, orange, gelb, grün, blau und violett. Diese Farben, sagt Fridlind Siebrecht, hätten sie schon als kleines Kind fasziniert. "Ich war ein Kind, das man in die Ecke setzen konnte, Farbstifte ihm geben konnte, und ich habe pausenlos Farben sortiert." So sei sie auf die Regenbogenfarben gekommen.

Fridlind Siebrecht hat auf einige Spielzeuge auch Patente angemeldet.
Sortieren und zuordnen, umwerfen und wieder aufbauen, etwas bewegen, drehen, auf- und zuklappen, das begeistert schon die Kleinsten. Und welche Freude erst ein Zollstock auslöst. Damit können sich Kleinkinder stundenlang beschäftigen. Sie untersuchen das Material, wollen Zusammenhänge und Mechanismen begreifen, sagt Fridlind Siebrecht. Wie das Spiel und die Entwicklung eines Kindes zusammenhängen, das wollte sie schon als Studentin wissen.
Theoretische Grundlagen und praktisches Wissen
Fridlind Siebrecht, 1941 geboren, studiert zunächst Pädagogik, arbeitet als Lehrerin für Deutsch und Kunsterziehung. 1966 bewirbt sie sich an der damaligen Hochschule für industrielle Formgestaltung auf Burg Giebichenstein, studiert Spielmittelgestaltung und promoviert über deren Grundlagen.
Als Assistentin baut sie den Fachbereich Methodische Gestaltungsübung mit auf und entwickelt unter anderem Wandelemente mit beweglichen Kugeln, Knöpfen, Schaltern, Rädern und Kurbeln. Spielzeug für die Kleinsten, das ohne Aufräumen immer verfügbar ist und ohne Erklärungen der Erwachsenen funktioniert. Ein Grundprinzip auch für ihre späteren Arbeiten.
Ich war ein Kind, das man in die Ecke setzen konnte, Farbstifte ihm geben konnte, und ich habe pausenlos Farben sortiert. Fridlind Siebrecht |
Nach Jahren an der Hochschule wechselt Fridlind Siebrecht in die "Produktion". Sie arbeitet im VEB Kösener Spielzeug. Die einst von Käthe Kruse gegründete traditionsreiche Firma hat sich inzwischen auf Plüschtiere spezialisiert. Als "Plüschlaie", wie sie sagt, entwirft sie nun auch Plüsch- und Plastikspielwaren, ist auf Kunstausstellungen vertreten und sammelt Designpreise.
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Die Regenbogen-Farben sind das Markenzeichen von Fridlind Siebrecht.
Seit 1986 arbeitet sie als freischaffende Spielmittelgestalterin, bekommt Aufträge vom Verband Bildender Künstler in Gera und kann davon leben. Doch nach der Wende muss auch sie sich neu orientieren.
Begegnung vor 30 Jahren als Glücksfall
So sei es ein Glücksfall gewesen, sagt Fridlind Siebrecht, dass sie vor 30 Jahren das Ehepaar Hans-Peter und Sigrid Keil getroffen habe. Er ist der Ururenkel von Georg Zerrenner und der hatte 1867 die Holzwarenfabrik Zerrenner in Döschnitz nahe dem Schwarzatal gegründet. Den 1972 verstaatlichten Betrieb haben die Keils zurückbekommen. Der kleine Familienbetrieb produziert wieder hochwertige Holzwaren, Kindergarten- und Kleinmöbel und seit der Kooperation mit der Spielzeugdesignerin auch das "Fridlin Holzspielzeug".
In Anlehnung an die weltbekannte Marke Märklin habe ich in aller Bescheidenheit >Fridlin< genommen. Fridlind Siebrecht | Spielzeug-Erfinderin
Warum aber "Fridlin" und nicht "Fridlind"? Das, sagt sie, sei leicht zu erklären. Seinerzeit sollte sie am Telefon schnell einen Markennamen nennen: "In Anlehnung an die weltbekannte Marke Märklin habe ich in aller Bescheidenheit 'Fridlin' genommen."
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Fast alle Eltern kennen das Spielzeug aus Jena.
Das in handwerklichen Kleinserien aus heimischen Hölzern hergestellte, fast unkaputtbare "Fridlin Spielzeug" schätzen Eltern und Erzieher gleichermaßen. Zu finden ist es in Kindertagesstätten, bei Tagesmüttern, in Wartezimmern von Kinderärzten und Therapeuten. Spielzeug, das sich aufs Wesentliche konzentriert, wo Funktion und Form eine Einheit bilden, das Kinder fordert und nicht nur unterhält.
Und da machen sie Erfahrungen und das wird im Gehirn gespeichert. Und das ist dann was für's Leben. Fridlind Siebrecht | Designerin aus Jena
Der von Fridlind Siebrecht entwickelte regenbogenfarbene Zollstock für Kleinkinder ist längst ein Klassiker. Ebenso das Wanddomino, für das sie sogar ein technisches Patent besitzt. Denn die bunten Holzklötze sind mit je zwei Stricken auf einer Holzleiste justiert. So sind sie nach dem Umfallen leicht wieder aufzustellen, ohne dass etwas verloren geht. Und natürlich ist der Spaß umso größer, je länger die Dominoreihe ist, so Siebrecht.
Für die interaktive Ausstellung im Fröbel-Museum hat sie eine XXL-Variante über eine ganze Wand mit Hunderten farbigen Holzklötzen entwickelt. Das ist natürlich der Renner bei den kleinen und großen Besuchern, freut sich die Designerin: "Und da machen sie Erfahrungen und das wird im Gehirn gespeichert. Und das ist dann was für's Leben."
Freude aufs Weitermachen ist groß
In Vorbereitung der Ausstellung "Spielen und Staunen" im Fröbel-Museum, ihrer bislang größten, habe sie im vergangenen Jahr so viel gearbeitet, wie lange nicht, sagt die 83-Jährige. Nach einer Ruhepause freut sie sich schon aufs Weitermachen. Sie habe noch so viele Ideen im Kopf und eine ganze Mappe voll mit Sachen, die sie noch machen will.
Ich finde das so herrlich. Ich möchte wissen, wie das funktioniert und dann würde ich glatt eine Zwitschermaschine draus machen wollen. Fridlind Siebrecht | Spielzeugdesignerin
Anregungen findet sie unter anderem in ihrer historischen Spielzeugsammlung. Vor allem traditionelles Holzspielzeug aus dem Erzgebirge hat es ihr angetan. Sie zeigt ein kleines Vogelhäuschen, auf dem ein winziger Vogel sitzt. Durch eine Drehbewegung lässt sich ein Zwitscherton erzeugen, mit einiger Übung sogar eine Melodie. Die kindliche Freude darüber ist ihr anzusehen: "Ich finde das so herrlich. Ich möchte wissen, wie das funktioniert und dann würde ich glatt eine Zwitschermaschine draus machen wollen."

Inspirationen findet die Designerin überall.
Die Ausstellung "Spielen und Staunen" mit einer großen Auswahl von "Fridlin Holzspielzeug" hat im Friedrich-Fröbel-Museum in Bad Blankenburg zu einem regelrechten Besucheransturm geführt.
Vor allem in der Vorweihnachtszeit, aber auch in den Winterferien seien viele Familien und Kindergartengruppen gekommen, so Museumsleiterin Isabel Schamberger. Zudem gebe es jetzt schon viele Nachfragen für Klassenfahrten und Ferienfreizeiten in den nächsten Monaten.
Ausstellung ist zum Probieren gedacht
Das Museum sei auch der perfekte Ort für diese Schau, denn Fridlind Siebrechts Arbeiten beruhten auf den Grundlagen der Fröbel-Pädagogik, so Schamberger.
Was die Besucher besonders begeistert: dass alle Spielelemente auch getestet werden können. Wobei die Kleinen gleich loslegen und ausprobieren, während die Erwachsenen erst nachfragen, was zu tun ist, so die Beobachtung der Museumsleiterin. Bis zum 31. Oktober ist noch Zeit für einen Ausstellungsbesuch. Das Friedrich-Fröbel-Museum in Bad Blankenburg ist von Donnerstag bis Samstag geöffnet - jeweils von 13 bis 17 Uhr.
MDR (gh)