
Thüringen Warum der E-Umbau der Bus-Flotten in Thüringen stockt
Der Thüringer Nahverlehr soll seinen C02-Ausstoß verringern. Dafür werden Busse immer öfter auf Elektro-Antrieb mit Akku umgestellt - oder auf Brennstoffzelle. Das ist teuer - obwohl es Fördermittel gibt.
Das einzige elektrische Fahrzeug, das am Jenaer Westbahnhof regelmäßig fährt, ist der Bus der Linie 15. Die E-Busse können hier mittels Stromabnehmer auf dem Dach geladen werden und fahren dann von hier aus durch die Innenstadt ins Rautal im Jenaer Norden. Drei elektrische Busse gibt es bisher - und dabei bleibt es im Moment auch.
Dabei freuen sich viele Menschen über die Fahrzeuge, denn sie sind deutlich leiser als herkömmliche Modelle mit Dieselmotor. Bisher können solche Elektrobusse, die während der Fahrt kein CO2 ausstoßen, nur mit Fördermitteln angeschafft werden. Sonst wären sie für Nahverkehrsbetriebe nicht zu finanzieren. Etwa 250.000 Euro kostet ein Diesel-Stadtbus, die längere Variante mit Gelenk etwa 100.000 Euro mehr. Bei Batteriefahrzeugen liegen die Kosten mindestens doppelt so hoch.
Anja Tautenhahn, Sprecherin des Jenaer Nahverkehrs, betont zudem, dass es mit dem Einkauf von Bussen nicht getan ist. "Hinzu kommt Ladeinfrastruktur." Wenn man davon ausgeht, dass in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Flotte Schritt für Schritt elektrifiziert werden soll, müssten dafür noch erhebliche Kosten für den Umbau des Betriebshofs eingeplant werden. Genaue Planungen gibt es jedoch noch nicht.
Der Haken: Der Eigenanteil
Mehr als die drei elektrischen Fahrzeuge wird es in Jena erstmal nicht geben. Zwar sind im Fördertopf der Thüringer Aufbaubank aus EU-Mitteln noch weit mehr als 10 Millionen Euro übrig, mit denen Busse und Lade-Infrastruktur mit 60 Prozent bezuschusst werden können. Doch die Zeiten, in denen Städte über ihre Stadtwerke großzügig die Verluste des Nahverkehrs ausgleichen und bei Investitionen helfen konnten, sind offenkundig vorbei.
Im Jenaer Stadtrat etwa stehen derzeit Kürzungen von einer halben Million Euro des jährlichen Etats im Raum - das macht große Investitionen nicht leichter. Denn trotz Fördermitteln müssten die Unternehmen die verbleibenden 40 Prozent der Kaufsumme selbst bezahlen - und das ist immer noch so viel, wie ein neuer Dieselbus kosten würde.
Hier liegt für Tilman Wagenknecht der Hase im Pfeffer. Der Geschäftsführer des Verbands mitteldeutscher Omnisbusunternehmer (MDO) mit Sitz in Erfurt kennt sich bei den Bus- und Nahverkehrsunternehmen in Thüringen bestens aus. "Wegen gestiegener Kosten für Kraftstoff oder Personal, wegen gedeckelter Fahrkartenpreise und fehlender Einnahmen durch das Deutschlandticket fehlen den Unternehmen teilweise die Mittel, um überhaupt nur die normalen Investitionen im laufenden Betrieb zu bezahlen." Mit dem bestehenden Fördertopf ist es aus seiner Sicht illusorisch, die Flotte von insgesamt 2.200 Bussen, die im Linienverkehr unterwegs sind, auf CO2-neutralen Betrieb umzustellen. Die Politik gebe viel vor und liefere selbst zu wenig.
Wasserstoff funktioniert gut - ist aber aktuell zu teuer
Einen anderen Weg als Jena geht Weimar. Hier hat sich der Verkehrsbetrieb für Wasserstoff entschieden, mit dem in einer Brennstoffzelle Strom gewonnen wird. Der treibt den Elektromotor von zunächst drei E-Bussen an. "Und das funktioniert sogar besser als vom Hersteller garantiert", sagte Stadtwirtschaft-Weimar-Geschäftsführer Bernd Wagner MDR THÜRINGEN. 325 Kilometer Reichweite habe der Bus-Hersteller garantiert - inzwischen komme die Stadtwirtschaft auf Umläufe mit fast 400 Kilometern. Damit könne man sich auch größere Umbauten der Infrastruktur mit Ladestationen schenken - die Tankstelle für Wasserstoff reicht.
Im vergangenen Jahr kam der Förderbescheid für sechs weitere Busse, die Werkstatt soll zudem erweitert werden. Insgesamt investiert die Stadtwirtschaft dafür sieben Millionen Euro, Förderung eingeschlossen. Nicht erweitert werden muss die Wasserstoff-Tankstelle, ein Fabrikat aus Thüringer Produktion. "Die würde sicher für 12 bis 13 Fahrzeuge reichen."
Doch der "Saft" aus der Tankstelle bereitet Sorgen. Denn grüner - also CO2-neutral erzeugter - Wasserstoff ist entgegen zahlreicher Ankündigungen der Politik noch immer nicht in großen Mengen verfügbar und muss mittelfristig billiger werden als aktuell. "Da muss sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren unbedingt was tun" , so Wagner - selbst wenn der Preisabstand zwischen Diesel und Wasserstoff durch eine steigende CO2-Abgabe für den Diesel in den nächsten Jahren kleiner wird. Auch die Herstellung von eigenem grünen Wasserstoff aus erneuerbarem Strom mittels Elektrolyse ist für Wagner denkbar. Das hatte die Stadtwirtschaft beim Start des Projekts auch vor, stellte die Erzeugungsidee aber dann zurück.
Nordhausen hat bald 14 E-Busse
In Nordhausen sind die Verkehrsbetriebe schon weiter auf ihrem Weg zur elektrischen Busflotte. Hier rollen bereits acht E-Busse, die über die vergangenen vier Jahre angeschafft wurden. In den nächsten Tagen kommen drei hinzu, weitere drei zum Ende des Jahres, schreibt das Unternehmen auf MDR-THÜRINGEN-Anfrage. Die Ladeinfrastruktur sei zu 1,2 Megawatt Leistung fähig, ab dem Sommer stünden insgesamt 14 Ladegeräte zur Verfügung.
Aus Sicht der Verkehrsbetriebe sind E-Busse die richtige Wahl. Sie seien aktuell günstiger zu betreiben als Dieselfahrzeuge. Und auch im Vergleich mit Wasserstoff seien die laufenden Kosten geringer - insgesamt funktioniere das aber nur, wenn Bund und Land helfen, die Mehrkosten beim Einkauf der Busse zu fördern.
Dafür, so resümiert MDO-Chef Wagenknecht, brauche es deutlich mehr Geld in den Fördertöpfen. Das Thüringer Umweltministerium, in dessen Zuständigkeit die Förderung aus EU-Mitteln hierzulande fällt, schreibt, die Förderquote von 60 Prozent sei ausreichend. Man bemühe sich aber, das Volumen deutlich aufzustocken.
MDR (girw/seg)