
Thüringen Syrische Geflüchtete in Thüringen - Zwischen Hoffnung und Angst
In Thüringen leben rund 23.000 Syrer. Sie bilden nach Ukrainern die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe. Im Dezember 2024 stürzte das Assad-Regime durch die Offensive der syrischen Opposition. Die Syrer im Freistaat feierten das überall. Doch wie geht es weiter im vom Krieg zerstörten Land. Und wie gehen die vor zehn Jahren Geflüchteten damit um?
"Zwischen Hoffnung und Angst - die Lage in Syrien und die Situation syrischer Geflüchteter", lautete deshalb der Titel einer Infoveranstaltung der Thüringer Migrationsbeauftragten in Erfurt. Die 80 Teilnehmer arbeiten vor allem in Beratungsstellen für Geflüchtete und sind derzeit sehr gefragt. Denn viele Syrer sind hin- und hergerissen. Kann ich wieder nach Hause? Wie gefährlich ist das und darf ich wieder zurück?

Informationsveranstaltung zur Situation in Syrien
"Viele freuen sich, dass sich in Syrien etwa bewegt"
"Ich habe sehr viele Kontakte natürlich zu Syrerinnen und Syrer in Thüringen. Sie freuen sich einerseits, dass sich in Syrien etwas bewegt und hoffen sehr, dass es ein demokratisches, weltoffenes Land wird, das sind die großen Hoffnungen aber natürlich auch Angst. Wird es wirklich so weitergehen? Wie ist die Versorgungslage dort, können die Menschen friedlich dort leben. Alle wollen auch mithelfen, dort was aufzubauen, um das Land wieder lebenswert und stabil zu machen", erzählt Mirjam Kruppa, die Thüringer Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge.
Für die Kinder ist Deutschland ihr Heimatland
Nashwa Alsamsam und ihr Mann Wissam stammen aus Damaskus und leben seit zehn Jahren in Meiningen. Sie wagten mit einem Restaurant den Start ins neue Leben. Nashwa telefoniert oft mit den Eltern in Damaskus, jedenfalls wenn der Strom dort nicht weg ist.

Nashwa Alsamsam telefoniert oft mit den Eltern in Damaskus
"Für meine Eltern, ich wünsche viel Gesundheit, weil, wenn wir hier sind und hören, dass sie krank sind, wir haben dann große Sorgen. Meine Eltern sind 75 und 71 Jahre alt, sind nicht jung, deshalb manchmal denken wir, wenn etwas Schlimmes passiert, dann das wird hart“, sagt die studierte Grafikdesignerin. Passiert etwas mit den Eltern, können sie nicht sofort nach Damaskus und helfen. Die Familie mit zwei kleinen Kindern ist hin und her gerissen nach Syrien zurückzukehren. Aber: "Also jetzt nicht wegen der Kinder, weil die sind noch in der Schule. Wir haben schon darüber gesprochen, für die Kinder, das ist hier Heimatland." Nashwa Alsamsam hofft: "Das wir als Volk miteinander arbeiten, um unser Land aufzubauen."
Seit über zehn Jahren in Thüringen
Hunderte Syrerinnen und Syrer leben seit über zehn Jahren in Thüringen und haben sich eine Existenz und eine Familie aufgebaut. Zum Beispiel Ibrahim Bajo. Er stammt aus der Idlib in Syrien, studierte Musik und Kunst in Homs und arbeitet seit acht Jahren am Meininger Staatstheater. "Alle sind gerade optimistisch, manche Gebiete sind noch nicht sicher, ich glaube, das ist klar. Aber bis 7.12. war Assad-Regime und am 8.12. nicht mehr.

Ibrahim Bajo stammt aus Idlib und hat sich in Meiningen eine Existenz aufgebaut.
Dieser Wechsel ist nicht so einfach, das bringt auch Chaos, aber ich habe viel Schlimmeres erwartet, ganz ehrlich“, sagt der zweifache Familienvater. Seine zwei Kinder sind in Meiningen geboren. "Die Städte sind wirklich kaputt bombardiert, es gibt keine Infrastruktur, keine Kitas, keine Schulen, keine Krankenhäuser, kein Wasser, kein Strom mit kleinen Kindern, wie soll man das machen", schätzt der 40-Jährige die Lage in Syrien ein. Und weiter: "Die Hoffnung ist groß und die Übergangsregierung gibt sich Mühe und alle sind wir gespannt, wie das jetzt weiter geht in der Zukunft und was es noch bringt."
Die Eltern in Syrien seit elf Jahren nicht gesehen
Er kann sich jetzt nicht vorstellen, dort zu leben. Seine Eltern hat er seit elf Jahren nicht gesehen, in den Theaterferien will er sie besuchen. Für Ibrahim ist das kein Problem, denn er hat einen deutschen Pass. Aber je nach Schutzstatus von Geflüchteten kann ein Flug nach Syrien folgenreich sein, sagt die Thüringer Migrationsbeauftragte Mirjam Kruppa und warnt: "Syrer müssen aufpassen, sie können nur, wenn sie eingebürgert sind, ohne Probleme nach Syrien reisen und wieder zurück. Sonst müssen sie der Ausländerbehörde erst mal den Grund für ihre Reise nennen und diese Reise muss sittlich geboten sein, sonst verfällt ihr Aufenthaltsstatus bzw. wird widerrufen."
Eltern und Verwandtenbesuche sind also möglich. Syrer ohne deutschen Pass sollten sich aber beraten lassen.
MDR (dr)