Hans Georg Maaßen

Thüringen Vorstand ausgetauscht und kein Geld: Was aus der Werteunion in Thüringen wurde

Stand: 08.02.2025 14:19 Uhr

Die Ziele waren hoch gesteckt: In Thüringen wollte die Werteunion regieren, gar den Ministerpräsidenten stellen. Bei der Landtagswahl scheiterte die Partei jedoch krachend. Zur anstehenden Bundestagswahl tritt die Werteunion im Freistaat nun nicht einmal an. Wo steht die Partei um den umstrittenen Ex-Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen jetzt?

Von Katharina Osterhammer, MDR THÜRINGEN

Die Partei Werteunion (WU) wird nicht zur Bundestagswahl am 23. Februar antreten. Von allen 14 Landesverbänden nehmen lediglich sechs an der vorgezogenen Bundestagswahl teil, obwohl die Werteunion ursprünglich mit Blick auf diese Wahl gegründet wurde und regelmäßig ein Ende der Ampel-Politik forderte.

Neben dem Thüringer haben auch die anderen mitteldeutschen Verbände in Sachsen und Sachsen-Anhalt keine Liste aufgestellt.

Nach dem erschöpfenden Landtagswahlkampf sind wir finanziell und personell noch nicht wieder voll einsatzfähig. Hans Pistner | Vorstand der Thüringer Werteunion

Ex-Verfassungsschutzpräsident Maaßen kandidiert nicht erneut in Südthüringen

Mehr noch: Auch Bundesparteichef Hans-Georg Maaßen wird nicht wieder in Thüringen kandidieren. Laut einem Parteisprecher wird er den Wahlkampf der sechs aufgestellten Verbände jedoch "mit einer Vielzahl an Auftritten begleiten".

Hans-Georg Maaßen hält beim politischen Aschermittwoch der Werteunion am 14. Februar 2024 im DasDie Live in Erfurt eine Rede.

Bundesparteichef Hans-Georg Maaßen tritt zur Bundestagswahl nicht wieder in Thüringen an.

Bei der vergangenen Bundestagswahl 2021 war Maaßen im Kreis Suhl - Schmalkalden-Meiningen - Hildburghausen - Sonneberg als Direktkandidat angetreten, verlor jedoch gegen den ehemaligen Wintersportler Frank Ullrich (SPD).

Damals war Maaßen noch Mitglied der CDU und der ihr inoffiziell zugehörigen konservativen und migrationskritischen Gruppe Werteunion. Nach einem gescheiterten Parteiausschlussverfahren wegen vermeintlich rassistischer und antisemitischer Äußerungen trat er freiwillig aus der CDU aus.

Zuvor war Maaßen auch nach Kontroversen um die "Hetzjagden von Chemnitz" als Verfassungsschutzpräsident in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Im Februar 2024 gründete er die bundesweite Partei Werteunion. Sie wird seitdem im rechts-konservativen Spektrum zwischen AfD und CDU verortet.

Werteunion fehlt Geld für Bundestagswahlkampf

Als Begründung dafür, dass die gesamte Thüringer Werteunion an der diesjährigen Bundestagswahl nicht teilnimmt, sagte Landesvorstand Hans Pistner MDR THÜRINGEN: "Nach dem erschöpfenden Landtagswahlkampf sind wir finanziell und personell noch nicht wieder voll einsatzfähig."

Bei der Landtagswahl im September 2024 hatte die Werteunion ein Zweitstimmen-Ergebnis von 0,6 Prozent erreicht und war damit deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

Folglich hat die Partei keinen Anspruch auf anteilige Erstattung von Wahlkampfkosten durch den Bund. Das Anrecht darauf entsteht nach Landtagswahlen erst, wenn eine Partei mit mindestens einem Prozent aller gültigen abgegebenen Stimmen gewählt wurde.

Neben der ausbleibenden Finanzierung durch den Bund heißt es aus Parteikreisen außerdem, man habe sich finanziell noch nicht davon erholt, dass angekündigte Großspenden im Landtagswahlkampf nie eingetroffen seien.

Wahlwerbung der Werteunion hängt an einem Zaun der Stadtwerke

Beim Landtagswahlkampf setzte die Werteunion auf Migrationsthemen.

Das schlägt sich beispielsweise darin nieder, dass die Landesparteigeschäftsstelle in Erfurt zum Jahresende 2024 aufgegeben und in günstigere Räumlichkeiten in der Landeshauptstadt verlagert wurde.

Wegen Streits: Fusion mit "Bündnis Deutschland" vorerst auf Eis gelegt

Eine weitere Folge des verpassten Einzugs ins Landesparlament ist, dass die Werteunion deswegen auf mindestens 1.708 Unterstützerunterschriften in Thüringen angewiesen gewesen wäre, um an der Bundestagswahl teilnehmen zu dürfen. Offen ist, ob die Partei sie hätte erreichen können.

Bundesweit hat sie mit derzeit 14 Landesverbänden gut 1.300 Mitglieder - in Thüringen sind es knapp 100. Der Thüringer Partei-Chef Pistner sagte jedoch: "Würde die Bundestagswahl erst wie geplant im Herbst stattfinden, hätten wir die benötigten Unterschriften zusammengekriegt - wie auch schon zur Landtagswahl."

Dabei geholfen hätte mutmaßlich auch der Mitgliederzuwachs durch eine ursprünglich geplante Parteifusion mit dem "Bündnis Deutschland". Die Zusammenlegung fand laut Pistner bisher jedoch wegen eines Streits zwischen Führungspersonen beider Parteien nicht statt. Wann der beigelegt und der Zusammenschluss folglich erneut angestoßen werden kann, ist derzeit offen.

Eingliederung der "Bürger für Thüringen" abgeschlossen

Nachdem vor der Landtagswahl eine Fusion mit der Kleinpartei "Die Basis" im Raum stand und schließlich verworfen wurde, wurde die Partei "Bürgern für Thüringen" hingegen im November 2024 mit der Werteunion zusammengelegt.

Bereits zur Landtagswahl waren mehrere Mitglieder der "Bürger für Thüringen" in die Werteunion eingetreten und hatten einen Listenplatz erhalten. Pistner bezeichnete die Fusion als "harmonisch". Der Parteivorstand setze sich nun paritätisch aus "Bürgern" und früheren Werteunions-Mitgliedern zusammen.

Von den ehemaligen "Bürgern" haben mit Clarsen Ratz als Generalsekretär und Stefan Sandmann als Schatzmeister nun Menschen mit einer regen Parteivergangenheit Posten in der Thüringer Werteunion erhalten.

Clarsen Ratz

Clarsen Ratz ist Generalsekretär der Thüringer Werteunion.

Vor den "Bürgern für Thüringen" und nun der Werteunion war Ratz Mitglied bei der CDU und dann der FDP. Sandmann gehörte der SPD an und trat dort aus Ablehnung der Regierungszusammenarbeit mit der Linken 2014 aus.

Auch auf Bundesebene gibt es bei der Werteunion personellen Wandel. Seit September 2024 ist der ehemalige AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen Mitglied der Partei und inzwischen stellvertretender Bundesvorsitzender. Er rückt damit auf den Platz von Albert Weiler im Bundesvorstand nach.

Vorstand der Thüringer Werteunion nach weniger als einem Jahr komplett ausgetauscht

Albert Weiler ist Gründungsmitglied der Werteunion im Bund und in Thüringen. Auch er gehörte mit SPD und CDU zuvor mehrere Jahrzehnte lang anderen Parteien an, bevor er in die WU wechselte und dort den Thüringer Landesverband mit aufbaute.

Bei der Landtagswahl vertrat er ihn als Spitzenkandidat und sagte - noch vor der Gründung des Landesverbandes im Interview mit MDR THÜRINGEN - er wolle mit der Werteunion in den Landtag einziehen und Ministerpräsident werden.

Neben Maaßen galt er als Gesicht der Partei. Nach weniger als einem Jahr an der Spitze des Landes- und Bundesverbandes hat Weiler inzwischen jedoch alle Ämter in der Werteunion abgegeben und ist zum Jahresende aus der Partei ausgetreten.

Porträtfoto Albert Weiler und Hans-Georg Maaßen

Albert Weiler und Hans-Georg Maaßen. Weiler war von April bis November 2024 Parteivorsitzender der Werteunion in Thüringen.

Für den Rückzug aus der Werteunion gab er im Gespräch mit MDR THÜRINGEN private und gesundheitliche Gründe an. Er plane nicht, in eine andere Partei einzutreten und wolle lediglich sein politisches Engagement auf lokaler Ebene fortsetzen. Weiler ließ sich demnach zur vorgezogenen Neuwahl des Parteivorstandes im November nicht wieder aufstellen.

Die bisherigen Co-Vorstände der Thüringer WU, Tonio Aschoff und Torsten Jäger, kandidierten zwar, wurden jedoch nicht wiedergewählt. Auch Jäger ist inzwischen aus der Partei ausgetreten.

Laut Pistner und anderen Quellen aus der Partei habe es Probleme mit einer Abrechnung gegeben, wo - so Pistner - jedoch inzwischen kein Fehlverhalten festgestellt werden konnte.

Ein Mann hält eine Rede.

Landesvorsitzender Hans Pistner

Auch neuer Partei-Chef Pistner gegen Brandmauer zur AfD

Dennoch wurde mit der vorgezogenen Wahl der gesamte Thüringer Vorstand nach lediglich sieben Monaten statt zwei Jahren im Amt ausgetauscht. Mit Hans Pistner an seiner Spitze wird die WU nun von dem Mann geführt, der in Parteikreisen als Maaßen-nah gilt.

Wo es eine linke Partei gibt, darf es auch eine rechte geben. Ausgrenzung ist absolut undemokratisch. Man muss mit allen reden. Hans Pistner | Landesvorstand der Werteunion

Inhaltlich begreift Pistner die Werteunion nach wie vor als wertkonservativ-liberal. Wie schon sein Vorgänger Weiler, will er sich dafür einsetzen, dass es keine Brandmauer zur AfD gibt. "Wo es eine linke Partei gibt, darf es auch eine rechte geben. Ausgrenzung ist absolut undemokratisch. Man muss mit allen reden", so Pistner.

Inhaltlich wolle er verstärkt auf regen Kontakt zu Medien setzen und für einen "kritischen" Blick auf Windräder in Thüringen werben. Seit der Parteigründung ist Migration eines der Hauptthemen der Werteunion. Zu seinem Kurs diesbezüglich sagte Pistner, es bleibe ein wichtiges Thema.

Hans-Georg Maaßen bei einer Kundgebung der Werteunion in Chemnitz.

Hans-Georg Maaßen bei einer Kundgebung der Werteunion in Chemnitz.

Auch an der Ausrichtung dürfte sich nichts ändern. Vor dem Hintergrund der umstrittenen Verabschiedung des CDU-Asylpakets mit Stimmen der AfD im Bund sagte Pistner: "Wir nehmen das lächelnd und mit Freude zur Kenntnis, wenn Friedrich Merz das propagiert, was Hans-Georg Maaßen seit zwei Jahren sagt."

MDR (ost)