
Energiewende Batteriegroßspeicher erleben einen Boom
Um Erneuerbare Energien effizienter zu nutzen, werden Batteriegroßspeicher benötigt. Für Experten sind sie ein entscheidender Baustein der Energiewende. Die Nachfrage ist enorm.
Der Rollladen-Hersteller Lakal aus dem saarländischen Saarlouis produziert einen Großteil seines Strombedarfs selbst - mit einer großen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Um die so erzeugte Energie ausgiebiger nutzen zu können, hat das Unternehmen vor anderthalb Jahren zusätzlich einen Batteriespeicher installiert. Damit könne der Betrieb bis zu zwei Stunden am Laufen gehalten werden, auch wenn die Sonne mal nicht scheint.
Die Investition hat sich nach Angaben von Lakal-Geschäftsführer Heiko Sonnekalb gelohnt - ökologisch und ökonomisch: "Wir sparen so rund 50 Prozent der Stromkosten - Tendenz steigend." Sonnekalb rechnet damit, dass er die Kosten für den Speicher in sieben Jahren wieder drin hat. Eine Speichererweiterung könne er sich gut vorstellen.
Energiekonzerne nutzen Speicher
Solche Speicher - nur in deutlich größer - werden teilweise auch schon bei Energiekonzernen genutzt. Im Kraftwerk Duisburg-Walsum wird nach wie vor Steinkohle verbrannt, um Strom zu erzeugen. Dieser Strom wird teilweise schon in Akkus zwischengespeichert.
Doch schon bald soll das mit Strom aus Erneuerbaren Energien in noch viel größerem Maßstab geschehen. Ein neuer Batteriespeicher mit einer Leistung von 50 Megawatt ist geplant. Er soll einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag kosten. Schon im kommenden Jahr soll die Anlage ans Netz gehen.
Deutsche Bahn kauft Anteile
Das Besondere: Rund 70 Prozent der Speicherkapazität des geplanten Riesenakkus hat sich die Deutsche Bahn gesichert. "Damit kann die Bahn auch wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht so weht den gespeicherten grünen Strom nutzen", erläutert Christian Karalis, Projektleiter des Großbatteriespeichers bei Iqony.
Dieses neue Geschäftsmodell ergibt für beide Seiten Sinn. Der Betreiber hat Planungssicherheit. Und die Bahn, die als größte deutsche Stromverbraucherin bis 2040 klimaneutral werden will, kann nach eigenen Angaben mit ihrem Anteil am Batteriespeicher jährlich Strom für rund drei Millionen ICE-Kilometer zwischenspeichern.
Nachfrage nach Großspeichern steigt
Der Aufbau einer Batteriegroßspeicher-Infrastruktur ist für Experten von entscheidender Bedeutung, damit die Energiewende gelingt. "Man kann absolut von einem Boom sprechen, was Batteriespeicher angeht - auch die Großspeicher", erklärt Claudia Kemfert, Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Das liege daran, dass die Preise für die Akkus deutlich gesunken sind und sich die Lebenszeit gleichzeitig verlängert habe.
Von der gestiegenen Nachfrage profitieren vor allem die Speicherhersteller - wie Fluence aus Erlangen. Das deutsch-amerikanische Unternehmen agiert weltweit und baut auch den Speicher für Iqony in Duisburg - sowie aktuell fünf weitere Großspeicher allein in Deutschland. Die Akkumodule kommen aus Vietnam. In Deutschland werden vor allem die Themen Steuerung der Speicher und Cybersecurity beigesteuert.
Lohnendes Geschäftsmodell
Der Umsatz von Fluence hat sich in den vergangen fünf Jahren verdeißigfacht - auf 2,7 Milliarden US-Dollar. "Bis 2030 wird sich in Europa die Kapazität der installierten Batteriespeicher etwa verfünfzehnfachen", rechnet Lars Stephan, Kommunikationsdirektor bei Fluence, vor.
Ein Großteil des Wachstums könnte Deutschland beisteuern. Nach Angaben der Bundesnetzagentur gibt es aktuell über 1.000 Projektanfragen für Großakkus. Energiepreiskrise, große Schwankungen auf den Strommärkten und viel mehr Erneuerbare im Netz haben zum Umdenken geführt.
Speicher könnten Strompreise senken
Damit von Großspeichern in Zukunft aber auch die Kunden preislich profitieren, müssen die Rahmenbedingungen verändert werden. Denn Großspeicher werden bisher meistens über den Strommarkt reguliert. Bedeutet: Wenn der Preis hoch ist, geben sie Strom ins Netz ab. Sie reagieren aber nur selten auf Engpässe oder starke Netzschwankungen, weil es dafür kaum finanzielle Anreize gibt. Würden sie das tun, könnte das den Strompreis senken, weil nicht so viele Reservekraftwerke oder Importe aus dem Ausland nötig wären.
"Ein merklicher Effekt auf den Strompreis würde sich in zwei bis drei Jahren ergeben, wenn größere Speicher wirklich ins Netz integriert sind", erläutert Maximilian Fichtner, vom Karlsruher Institut für Technologie. Damit die Großspeicher jetzt wirklich gebaut werden, müsste die veraltete Regulatorik schnellstmöglich angepasst werden. Länder wie Großbritannien oder Australien könnten hier als Vorbild dienen. "Denn wenn nur ein Zehntel der beantragten Anlagen wirklich gebaut werden, haben wir schon das Ausbauziel für 2030 erreicht", sagt Fichtner.