Händler dem Parkett der New Yorker Börse.
marktbericht

Dow & Co. Ausverkauf an der Wall Street

Stand: 28.03.2025 21:47 Uhr

Die Kombination einer weiter hohen Inflation und eines ungewissen Ausgangs der Zollstreitigkeiten hat für viel Unbehagen bei den Wall-Street-Anlegern gesorgt. Die US-Börsen sackten deutlich ab.

Die US-Aktienmärkte standen zum Wochenschluss so stark unter Druck wie lange nicht mehr. Die ohnehin angespannte Stimmung der Investoren wegen der Unklarheit über die Folgen der von Präsident Trump angezettelten Zollstreitigkeiten mit dem Rest der Welt traf heute auf weiter gestiegene Inflationszahlen.

Dabei ist es nicht mehr nur der drohende globale Handelsstreit, der die Anleger belastet, auch wenn die von US-Präsident Donald Trump verfügten Zölle spürbar verunsichern. Nicht nur die Höhe, sondern auch die Art und Weise, wie sie umgesetzt werden sollen, löse Ängste aus, sagte eine Investmentstrategin von Barclays Bank. Zudem drückten neue Konjunkturdaten auf die Stimmung.

"Ein Teil der wirtschaftlichen Schwäche, die wir derzeit erleben und die wir wahrscheinlich noch erleben werden, ist darauf zurückzuführen, dass Einzelpersonen und Unternehmen sagen: 'Ich bin mir nicht ganz sicher, was der morgige Tag bringen wird, also werde ich einfach etwas vorsichtiger sein'", sagte Bob Doll von Crossmark Investments.

In Summe war das alles heute zu viel für die Anleger, die umgehend auf den Verkaufsknopf drückten. Am Ende schlossen alle großen Aktienindizes klar im Minus, wobei es die Technologiebörse Nasdaq besonders hart traf. Sie verlor 2,7 Prozent auf 17.322 Punkte und hat seit Jahresbeginn damit rund zehn Prozent verloren. Der Auswahlindex Nasdaq 100 rauschte um 2,6 Prozent auf 19.281 Zähler in den Keller und weist ein Minus von 8,2 Prozent aus.

Erschwerend kommt bei den Tech-Werten derzeit noch hinzu, dass sich die KI-Euphorie nicht mehr fortsetzt, die den Indizes unter der Führung von Chiphersteller Nvidia lange ein Rekordhoch nach dem anderen beschert hatte. Vor allem chinesische Konkurrenten hatten zuletzt mit günstigeren Angeboten für Schockwellen in der erfolgsverwöhnten Branche gesorgt, die weiter nachwirken.

Der Dow Jones-Index, der Leitindex der Standardwerte, ging ebenfalls mit deutlichen Verlusten von 1,69 Prozent auf 41.583 Zähler aus dem Handel. Der marktbreite S&P 500-Index, der sowohl Standard- als auch Technologiepapiere beinhaltet, gab 1,97 Prozent nach auf 5.580 Zähler.

Ernüchterung herrschte auch nach neuen Inflationsdaten. Einem Bericht des US-Handelsministeriums zufolge stieg der PCE-Kernindex, der die schwankungsanfälligen Nahrungsmittel- und Energiepreise ausklammert, auf 2,8 Prozent nach 2,7 Prozent im Januar. Die Daten sind ein von der US-Notenbank bevorzugtes Inflationsmaß.

"Wenn die Inflation zunimmt oder sich in einer Phase verschärft, in der wir die Auswirkungen der Zölle noch nicht wirklich spüren, ist das ziemlich besorgniserregend", sagte Jordan Rizzuto, Investmentexperte bei GammaRoad Capital Partners.

Als Bremsfaktor der Wirtschaft gilt derzeit vor allem der von US-Präsident Donald Trump angezettelte internationale Handelsstreit. Handelshürden könnten nach Ansicht vieler Fachleute für steigende Preise sorgen, was an den Börsen bereits Rezessionsängste schürte.

Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich im März angesichts wachsender Inflationssorgen zudem noch stärker als zunächst ermittelt eingetrübt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima fiel zum Vormonat um 7,7 Punkte auf 57,0 Punkte, wie die Universität heute nach einer zweiten Schätzung mitteilte.

Dies ist der niedrigste Stand seit November 2022 und der dritte Rückgang in Folge. Volkswirte hatten mit einer Bestätigung der Erstschätzung von 57,9 Punkten gerechnet. Besonders stark gingen die Erwartungen der Verbraucher zurück. Aber auch die Beurteilung der aktuellen Lage verschlechterte sich.

"Die Verbraucher sind weiterhin besorgt über die negativen Auswirkungen der aktuellen wirtschaftspolitischen Entwicklungen", sagte Joanne Hsu, Leiterin der Umfrage, in einer Erklärung.

Ein Inflationsanstieg und zugleich sinkende Konsumausgaben seien die Trends, die durch Präsident Trumps aggressive Maßnahmen bei Zöllen und Kürzungen von Staatsausgaben wahrscheinlich noch weiter verstärkt werden, schrieben die Experten der niederländischen Bank ING.

"Die Angst vor einer Stagflation nimmt zu und wird die Fähigkeit der US-Notenbank Fed, die Zinsen weiter zu senken, einschränken", konstatierten sie. Eine Stagflation - Kurzwort aus Stagnation und Inflation - bezeichnet eine konjunkturelle Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Wirtschaft nicht wächst und gleichzeitig Inflation herrscht. Es gilt als das vielleicht schwierigste wirtschaftliche Szenario, dem sich eine Notenbank gegenübersieht.

Auch zum Wochenschluss hielten sich die Anleger am Aktienmarkt weiter zurück. Der DAX stand wie schon am Vortag den gesamten Handelstag im Minus und pendelte zwischen 22.614 und 22.377 Punkten. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 22.461 Punkten, ein Tagesverlust von 0,96 Prozent. Auf Wochensicht ergibt sich damit ein Rückgang von knapp 1,9 Prozent.

Von der Sondereuphorie nach der Ankündigung des milliardenschweren Fiskalpakets der künftigen Koalitionäre aus CDU/CSU und SPD ist nicht mehr viel übrig, zumal die Sondierungsverhandlungen derzeit eher schleppend verlaufen. Seit dem Rekordhoch des DAX bei 23.476 Punkten am Monatsanfang hat der Index damit etwas über 1.000 Punkte verloren.

Vor allem der MDAX, der Anfang des Monats noch an der Marke von 30.000 Punkten anklopfte, ist wieder in seinen alten Negativtrott zurückgefallen. Der Index kam heute schwer unter Druck und verlor überdurchschnittlich um 2,69 Prozent auf 27.857 Punkte.

Was bleibt ist derzeit der Schock über die neuen Zoll-Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump, der weiter nachwirkt, zumal aktuell niemand so genau weiß, welche Folgen der von US-Präsident Trump angezettelte Zollstreit mit fast dem gesamten Rest der Welt noch nach sich ziehen wird. Da wundert es nicht, wenn die Anleger weiter Risiken meiden. Auch die asiatischen Börsen hatten heute schon deutlich schwächer tendiert.

Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners sieht den Index in einem volatilen Seitwärtsmarkt auf Richtungssuche. "Das ist ein politisch dominierter Markt, in dem sich die Stimmung schnell und häufig dreht", kommentierte er die Auswirkungen der US-Zollpolitik.

Update Wirtschaft vom 28.03.2025

Samir Ibrahim, HR, Update Wirtschaft, 28.03.2025 09:00 Uhr

Fakt ist: Mit dem Rutsch unter das Vortagestief bei 22.469 Punkten sendet der DAX ein negatives Signal; die Abwärtsdynamik droht, sich zu verschärfen. Die nächste wichtige Haltezone verläuft nun bei 22.200/300 Punkten. Sollte jedoch auch diese Marke fallen, so wäre der Weg nach unten zunächst bis in die Region um 21.500 Zähler frei, wie RoboMarkets-Experte Molnar unterstreicht.

Am Devisenmarkt setzte sich die Erholung des Euro fort, der zuletzt im US-Handel bei 1,0827 Dollar gehandelt wurde. Das ist fast ein Dollar-Cent mehr als im Tief am Vortag. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0797 (Donnerstag: 1,0785) Dollar fest.

Preisdaten aus der Eurozone gaben der Gemeinschaftswährung am Morgen keine größeren Impulse. In Frankreich hatte sich die Inflation im März überraschend auf dem vergleichsweise geringen Niveau von 0,9 Prozent gehalten. In Spanien schwächte sich die Teuerung hingegen deutlich ab.

Die für europäische Vergleichszwecke berechnete Teuerungsrate (HVPI) ging nach den heutigen Daten im März auf 2,2 von 2,9 Prozent im Februar zurück. Die Europäische Zentralbank (EZB), die Mitte April über den Leitzins entscheidet, hat nun ihr Inflationsziel von zwei Prozent für den Euro-Raum dicht vor Augen.

"Wir haben gute Nachrichten zur Inflation", sagte EZB-Vizechef Luis de Guindos bei einer Veranstaltung in Spanien per Videoschalte und fügte an: "Wir sind überzeugt, dass wir in den nächsten Quartalen unsere Definition von Preisstabilität, die bei zwei Prozent liegt, nachhaltig erreichen werden."

Auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel äußerte sich positiv. Die jüngsten Zahlen aus einzelnen Euro-Ländern seien "durchaus ermutigend", sagte er heute auf einer Bundesbank-Veranstaltung in Frankfurt

Unterdessen treibt die Furcht vor den Folgen des sich verschärfenden Zollkonflikts den Goldpreis weiter in die Höhe. Das Edelmetall markiert bei 3.086 Dollar je Feinunze ein frisches Rekordhoch und stand zuletzt nur knapp darunter. "Gold hat im Moment Rückenwind", sagt Kyle Rodda von Capital.com.

Die US-Handelspolitik, die US-Finanzpolitik, die Geopolitik und eine Verlangsamung des Wachstums - einfach alles spreche für Gold. Das Edelmetall wird in schwierigen Zeiten von Investoren gern als "sicherer Hafen" angesteuert.

Ölpreise geben nach

Die Ölpreise blieben zum Wochenschluss weiter auf dem Rückzug. Anleger fürchten negative Auswirkungen der neuen US-Zölle auf das Wachstum der Weltwirtschaft und damit die Ölnachfrage. Zuletzt fiel der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um gut 1,0 Prozent auf 72,55 Dollar je Barrel (159 Liter).

Im DAX konnte sich die Vonovia-Aktie gegen den negativen Gesamtmarkt stemmen, sie gehörte sie mit einem Plus von 1,8 Prozent zu den größten Gewinnern im Leitindex. Im MDAX waren TAG Immobilien, Deutsche Wohnen und LEG Immobilien gefragt. Fallende Zinsen am Anleihenmarkt geben den Immo-Aktien Auftrieb, bedeuten sie doch niedrigere Finanzierungskosten.

Dem Bankensektor winken dagegen niedrigere Krediteinnahmen. Entsprechend rangierten Titel von Commerzbank und Deutsche Bank am Ende des DAX. Die jüngste Ankündigung zusätzlicher US-Einfuhrzölle von 25 Prozent auf Autos durch Präsident Donald Trump hat die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe zum Wochenschluss auf ein Drei-Wochen-Tief von 2,708 Prozent gedrückt.

Deutschlands größtes Geldhaus bekommt im nächsten Jahr einen neuen Finanzvorstand. James von Moltke habe angekündigt, seinen im Juni 2026 auslaufenden Vertrag nach acht Jahren im Amt nicht zu verlängern, teilte die Deutsche Bank nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Von Moltkes Nachfolger steht bereits fest: Raja Akram kommt zum 1. Oktober von Morgan Stanley zur Deutschen Bank.

Die Auto-Aktien im DAX standen weiter unter Druck. Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle dürften die deutschen Autoexporte in die USA nach Berechnungen von Deloitte um bis zu 29 Prozent einbrechen lassen. Laut der Unternehmensberatung Kearney würden die Zölle vor allem die Konzerne Volkswagen, BMW, Mercedes und Stellantis treffen.

Allerdings sind die Autoaktien im DAX nicht größer gewichtet, so dass die Verluste den Gesamtindex nicht in gleichem Maße belasten. Größtes Indexschwergewicht sind SAP, die eine Marktkapitalisierung von 288 Milliarden Euro auf die Waage bringen. Das ist deutlich mehr, als die großen Autobauer zusammen wert sind.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall lotet mögliche Kooperationen mit dem VW -Konzern aus. Eine Delegation des Rüstungskonzerns habe dazu heute das VW-Werk in Osnabrück besucht, bestätigte eine VW-Sprecherin auf Anfrage. "Dabei wurden mögliche Potenziale einer weiteren Zusammenarbeit des Joint Ventures Rheinmetall MAN Military Vehicles ergebnisoffen diskutiert", sagte sie.

An dem Treffen nahm der Neuen Osnabrücker Zeitung zufolge auch Rheinmetall-Chef Armin Papperger teil. Von VW-Seite kamen der Chef der Lkw-Tochter MAN, Alexander Vlaskamp, und Konzernvorstand Gunnar Kilian, der auch für das Lkw-Geschäft des Konzerns verantwortlich ist, wie die Konzernsprecherin bestätigte. Rheinmetall wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Im SDAX verbuchten Aktien des Chipausrüsters Suss Microtec ein Minus von über 14 Prozent. Hintergrund waren negative Analysenkommentare. Michael Kuhn von der Deutschen Bank hat mit dem Stichwort "KI-Müdigkeit" offenbar einen Nerv der Anleger getroffen. Sowohl Kuhn als auch Janardan Menon von der US-Investmentbank Jefferies haben ihre Kursziele für Suss Microtec deutlich gesenkt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. März 2025 um 09:00 Uhr.