
Frühjahrsprognose der Bundesregierung Folgt Stagnation auf Rezession?
Heute Mittag wird der geschäftsführende Wirtschaftsminister Habeck die Frühjahrsprojektion vorstellen. Laut Medienberichten erwartet die Regierung nach zwei Jahren Rezession nun Stagnation.
Friedrich Merz will erkennbar Zuversicht verbreiten. Mit dem Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot werde der Weg bereitet, auch um die Wirtschaftslage zu verbessern: Den Koalitionsvertrag bezeichnet er als starken Plan, mit dem das Land gemeinsam nach vorn gebracht werden könne.
Es dürfte eine der wichtigsten Baustellen für den zukünftigen Kanzler und seine Regierung werden. Wie kommt die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs? Zwei Jahre in Folge - 2023 und 2024 - war die Wirtschaftsleistung geschrumpft. Und für das laufende Jahr sieht es nicht viel besser aus.
IWF sieht Stagnation für das kommende Jahr
Der Internationale Währungsfonds erwartet für Deutschland ein Nullwachstum, die Wirtschaftsforschungsinstitute haben kürzlich in ihrer Frühjahrsprognose ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent vorausgesagt. Und das weltwirtschaftliche Umfeld habe sich deutlich verschlechtert, so Torsten Schmidt vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Das treffe die deutsche Wirtschaft in einer Phase, in der eine neue Regierung gebildet werde, in der wichtige Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik erfolgen müssten.
Die Wirtschaftsforscher sehen eine Reihe grundlegender Probleme, weshalb Deutschland nun schon seit Jahren in der Flaute feststeckt. Da ist zu einem die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten, sagt Timo Wollmershäuser vom Münchener ifo Institut. Seiner Ansicht nach hat die zunehmende Konkurrenz aus China die deutsche Exportindustrie massiv geschwächt. Das sei der große Gamechanger gewesen. "China baut die Industriewaren, die wir früher gemacht haben, selber", so Wollmershäuser.
Insbesondere die deutsche Autobranche bekommt das zu spüren. Zusätzlicher Druck auf die Exportindustrie kommt aktuell aus Washington. Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump drohe den wichtigen Zugang zum amerikanischen Markt spürbar zu erschweren, so Geraldine Dany-Knedlik vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.
Eine kooperative wirtschaftspolitische Zusammenarbeit mit den USA gehöre wohl der Vergangenheit an. Und wie das handelspolitische Umfeld zukünftig aussehe, sei unklar.
Strukturelle Probleme seien nicht gelöst
Schlechte Aussichten für das Exportland Deutschland. Dazu kommen die strukturellen Probleme im Land selbst. Eine älter werdende Bevölkerung, immer höhere Ausgaben für die Sozialversicherungen, Fachkräftemangel bei zunehmender Arbeitslosigkeit, vergleichsweise hohe Unternehmenssteuern und auch hohe Energiepreise.
Die Wirtschaftsforschungsinstitute sehen im Koalitionsvertrag zwar einige gute Ansätze, um die Strukturprobleme anzugehen - etwa durch die geplante Senkung der Stromsteuer. Aber Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft vermisst umfassende Reformen für spürbar mehr Dynamik. Für ihn gleicht die deutsche Wirtschaft einem "überladenen Fahrzeug mit schleifenden Bremsen".
Milliardenpakete machen Hoffnung
Eine zentrale Hoffnung von Schwarz-Rot: Die milliardenschweren Schuldenpakete für die Verteidigung und die Infrastruktur geben neuen Schub, sorgen zumindest im kommenden Jahr für mehr Wachstum. Manche Wirtschaftsforscher bezweifeln aber, dass das nachhaltig sein wird.
Die neuen Zahlen, die aktuelle Frühjahrsprojektion der Bundesregierung wird noch der geschäftsführende Wirtschaftsminister Robert Habeck vorstellen. Für den Grünen-Politiker eine der letzten Aufgaben in seinem Amt. Den nächsten Wirtschaftsminister wird voraussichtlich die CDU stellen.