
Zusatzeinkünfte für Bauernhöfe Landwirtschaft - und meistens noch ein Standbein
Erneuerbare Energien, Bauernhofpädagogik, Gastronomie: Schon mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe haben ihr Angebot erweitert. Sehr viele produzieren zum Beispiel Strom.
Mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe - 54 Prozent - hatten laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2023 ein zusätzliches Standbein. Im Jahr 2010 lag der Anteil noch bei einem Drittel. Allem voran verdienen Landwirte mit der Erzeugung Erneuerbarer Energien dazu.
Jeder vierte landwirtschaftliche Betrieb in Deutschland produziert zusätzlich grünen Strom. Das ist die am häufigsten genutzte Zusatzeinnahmequelle - mit Biogasanlagen, aber auch mit Photovoltaik auf Dächern oder als Agri-PV-Anlagen, also Photovoltaik-Module in Kombination mit Pflanzenanbau.
Weitere Einkommenskombinationen sind Forstwirtschaft, Lohnarbeiten für andere Unternehmen oder Pensionspferdehaltung. Aber auch der klassische Hofladen gehört auf vielen Höfen einfach dazu: Obst und Gemüse frisch vom Feld, saisonal, regional. Auf Direktvermarktung setzt ein Viertel der Betriebe mit Zusatzeinkommen.
Hofladen und Hotellerie
Ein Ansatz, den auch Familie Wagner aus Geichlingen in der Eifel verfolgt. In ihrem Hofladen gibt es neben selbst erzeugten Ölen und Senf auch Fleisch aus eigener Produktion. Hochwertige Limousin-, Wagyu- und Black Angus-Rinder werden auf dem Hofgut gezüchtet. Das Futter für die Tiere baut Fabian Wagner auf rund 200 Hektar Ackerfläche selbst an.
Der Laden läuft gut und ist bereits jetzt ein wichtiges weiteres Standbein für die Familie - mit Option auf mehr. "Wir wollen künftig Fleischprodukte weniger an Großunternehmen und dafür mehr über den Hofladen direkt an die Kunden verkaufen", sagt Fabians Vater, Wolfgang Wagner. Doch damit nicht genug: Seit einigen Jahren betreibt die Familie im Nachbarort Körperich ein kleines Hotel mit Restaurant und angeschlossener Kochschule. Fabians Mutter Ursula Wagner bringt ihren Gästen in den Kochkursen Rezepte aus der Region nahe.
Die verschiedenen Wirtschaftszweige des Familienunternehmens ergänzten sich gut. "Wir haben viele Gäste, die ein Wochenende im Hotel verbringen und anschließend nach dem Hofladen fragen", so Ursula Wagner.

Der Hofladen der Familie Wagner in der Eifel.
Neuorientierung mit Blick für Stärken und Schwächen
Es gibt viele Gründe, einen bäuerlichen Betrieb breiter aufzustellen, von der Nachfolgefrage über bessere Wertschöpfung bis zur breiteren Risikostreuung. Die Landwirtschaftskammern, aber auch Berufsverbände und Arbeitsgemeinschaften unterstützen mit Beratungsstellen diejenigen, die sich in Richtung Einkommenskombination umorientieren wollen.
Es gilt, die passende Ergänzung zu finden. Also beispielsweise zu entscheiden, ob man zusätzlich auf die Erzeugung Erneuerbarer Energien setzen will, auf Bauernhofpädagogik, Gastronomie oder Freizeitaktivitäten. Entsprechende Fachkompetenzen sind die Voraussetzung. Dazu kommt die persönliche Einsatzbereitschaft - nicht in allen Betrieben ziehen automatisch alle Familienmitglieder so an einem Strang wie bei den Wagners.
Unterstützung brauchen Umstiegswillige nicht nur in der Gründungsphase. Drei bis fünf Jahre, so rechnen die Experten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, braucht es, um das erweiterte Hofkonzept am Markt zu etablieren. Das kann eine Durststrecke bedeuten - ein ausreichend dickes Finanzpolster sollte daher dringend mit eingerechnet werden.
Diversifizierung allein reicht auf Dauer nicht
Die Erweiterung auf Zusatzeinkommen sei aber kein Allheilmittel für die Herausforderungen der Landwirtschaft, betonen Experten. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL e.V.), die vor allem kleine und mittlere Betriebe vertritt, befürwortet Anstrengungen, landwirtschaftliche Betriebe divers und damit vielseitig und stabil aufzustellen. Die "landwirtschaftliche Urproduktion" könne diversifiziert werden, also beispielsweise der Ackerbau möglichst vielseitig betrieben und um Tierhaltung erweitert werden.
AbL-Sprecher Philipp Brändle sagt: "Auch wenn es darum geht, Einkommensquellen außerhalb der Landwirtschaft zu erschließen, sind wir erst mal dabei. Das darf aber nicht dazu führen, dass die Schwächen des Marktes für die landwirtschaftliche Urproduktion damit kompensiert werden, nämlich dass sich über den Verkauf von Milch, Fleisch, Getreide häufig nicht so Geld verdienen lässt, wie es notwendig wäre."
"Großes Risiko hat sich ausgezahlt"
Familie Wagner hat ihren Hof in der Eifel über die vergangenen Jahre in mehrerlei Hinsicht breiter aufgestellt. Unterm Strich hätten sich die Anstrengungen für ihren Betrieb gelohnt, bilanziert Ursula Wagner. "Uns ist es wichtig, dass die Menschen unsere Betriebe in Geichlingen und im Nachbarort miteinander verbinden. Das ist eine Einheit."
Die Familie sei ein großes Risiko eingegangen, habe viel Geld in den Gastrobetrieb investiert. Der mache inzwischen ein Drittel des gesamten Familieneinkommens aus - ein wichtiger Faktor für mehr finanzielle Sicherheit und damit auch für die Zukunft des Familienbetriebs.