München von oben

Angespannter Wohnungsmarkt Wie unbezahlbare Mieten belasten

Stand: 27.03.2025 08:32 Uhr

Vier Kinder, drei Zimmer - und trotz zwei gut bezahlter Jobs ist eine größere Wohnung unbezahlbar. Warum bezahlbarer Wohnraum so knapp ist.

Von Lilli-Marie Hiltscher , ARD-Finanzredaktion und Anna Ellmann, br

"Täglich schau ich bei Immoscout und bei Kleinanzeigen", sagt Sebastian. Er wohnt mit seiner Frau und den vier gemeinsamen Kindern in einer Drei-Zimmer Wohnung in München. Zu sechst auf 75 Quadratmetern, mit nur einem zehn Quadratmeter großen Kinderzimmer - das ist eigentlich viel zu klein.

Nachts schläft eines der beiden Elternteile mit zwei Kindern im Schlafzimmer, der andere mit den beiden anderen Kindern im Kinderzimmer. "Wir wären auch mal gern zu zweit. Aktuell ist man die ganze Zeit mit Kindern zusammen", sagt Nicole. Noch ist das machbar: Die Kinder sind zwischen vier und 13 Jahre alt. "Je älter sie werden, umso schwieriger wird es werden. Eigentlich kann es nicht funktionieren, wenn sie dann alle mal in der Pubertät sind", sagt Nicole. "Das ist einfach zu eng. Und deswegen suchen wir schon sehr lange eine größere Bleibe."

Seit mittlerweile acht Jahren sucht die Familie nun schon eine größere Wohnung in und um München und verschickt auch regelmäßig Bewerbungen: "Ich würde sagen, so ungefähr eine Bewerbung pro Woche", erzählt Sebastian. Doch eine Wohnung in der Nähe, die groß genug für sechs Leute und bezahlbar ist, haben sie bislang nicht gefunden.

Hohe Mieten in Ballungsräumen

Grund dafür ist der angespannte Wohnungsmarkt, der vor allem in Ballungsräumen für Mieter immer mehr zur Belastung wird: Lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis für eine Kaltmiete 2012 in München noch bei 11,40 Euro, ist er im Jahr 2024 nach Daten des Forschungs- und Beratungsinstitut empirica und der Value AG auf 19,79 Euro gestiegen. Das entspricht einer Steigerung von 73 Prozent.

Auch in anderen deutschen Großstädten ist die Entwicklung ähnlich, wie Daten von empirica zeigen. So stiegen die Mieten seit 2012 in Frankfurt am Main um 52 Prozent, in Düsseldorf um 55 Prozent, in Stuttgart um fast 70 Prozent. Am höchsten ist die Steigerung in Berlin: Dort stieg der Quadratmeterpreis für eine Kaltmiete seit 2012 um rund 130 Prozent.

Menschen leben in Großstädten

Dass die Entwicklung am deutschen Mietmarkt vor allem in den Großstädten so gravierend ist, hat mehrere Gründe: So ist zum einen die Zahl der Ein-Personen-Haushalte deutlich gestiegen. Machten Ein-Personen-Haushalte 1950 nur etwa 19 Prozent aller Haushalte in der Bundesrepublik aus, waren es 2022 knapp 41 Prozent, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Außerdem zieht es viele Menschen in die Stadt. 2022 lebten 60 Millionen Menschen in Deutschland in Großstädten und in deren Umland - das sind mehr als 70 Prozent der gesamten deutschen Bevölkerung, wie Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. Und das bei gleichzeitigem Wohnungsmangel. Berechnungen des Pestel-Instituts zeigen, dass in Deutschland 540.000 Wohnungen fehlen. Und die Tendenz ist steigend. Denn auch im letzten Jahr wurde zu wenig gebaut. All das sorgt dafür, dass die Mietpreise steigen.

Allerdings sind die Preisanstiege nicht überall gleich: In ländlichen Regionen und im Osten Deutschland sind die Mietpreise geringer. Laut Deutschlandatlas lag die Nettokaltmiete 2023 in Nürnberg zwischen zehn und 11,50 Euro pro Quadratmeter, im sächsischen Clausnitz zwischen 5,50 Euro und sieben Euro.

Schmerzgrenze bei 2.600 Euro warm

Doch den Großraum München verlassen, das ist für Nicole und Sebastian keine Option. "Wir haben uns hier unser Leben aufgebaut", so der vierfache Vater. Dazu gehört auch, dass beide gute Jobs haben: Sebastian arbeitet bei einer Versicherung, Nicole bei der Stadt. Die Mieten, die für Wohnungen in München verlangt werden, können sie sich trotzdem kaum leisten - eine frustrierende Situation, findet Nicole.

Aktuell liegt die Kaltmiete für ihre 75 Quadratmeter Wohnung bei 1.300 Euro - das sind rund 17 Euro pro Quadratmeter. Bei einer neuen Wohnung werden sie deutlich mehr ausgegeben müssen. Die beiden haben ein maximales Budget von 2.600 Euro warm. Damit würden sie deutlich mehr als ein Drittel ihres monatlichen Einkommens nur für die Miete ausgeben. Dabei ist die Empfehlung der Verbraucherzentralen, nur 30 Prozent des Nettoeinkommens für Wohnen auszugeben.

Doch das ist in Städten wie München kaum mehr möglich: "Hier wird mir zum Beispiel noch was vorgeschlagen in Feldmoching. Die Kaltmiete liegt bei 2.700 Euro für eine Wohnfläche von 114,5 Quadratmeter. Da bist du auf jeden Fall über 3.000 Euro. Das ist außerhalb unseres Budgets", sagt Sebastian mit Blick auf die Wohnungsanzeigen.

Auch im hochpreisigen Segment ist es schwer

Doch auch für Menschen, die noch mehr finanziellen Spielraum haben, ist die Wohnungssuche schwierig, wie der Fall von Darya Strelnikova und Fabio Knez zeigt. Die beiden Influencer, die auch durch Teilnahmen an Reality-Shows bekannt sind, haben ebenfalls in München eine neue Wohnung gesucht: "Wir haben dann selber das 'Mieter Plus' abgeschlossen", erzählt Fabio Knez: "Das ist ja unglaublich, da suchst du eine Wohnung und dann musst du noch ein Abo abschließen, dass du noch mehr Sichtbarkeit hast. Mit Protest hab ich’s abgeschlossen." Jeden Tag sei er auf der Plattform gewesen.

Immerhin mit Erfolg: Die beiden haben nach eigenen Angaben eine Wohnung in München gefunden, die nicht mehr kostet als ein Drittel ihres Nettohaushaltseinkommens. Vergleichbare Wohnungen in der Gegend, in der sie nun wohnen, kosten bis zu 3.600 Euro warm.

Einladung zur Besichtigung nur alle paar Monate

Diese Summe könnten Sebastian und Nicole nicht aufbringen. Und ihnen hilft auch die Mietpreisbremse nicht, die in angespannten Wohnungsmärkten regelt, dass die Miete bei Neuvermietung nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Denn die Preisbremse kann leicht umgangen werden, etwa mit einer umfassenden Modernisierung der Wohnung. Wenn umfassend modernisiert wurde, kann die Miete frei festgelegt werden.

Und die Höhe der Miete ist für Nicole und Sebastian nicht das einzige Problem: "Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass der Eigentümer maximal an fünf Personen vermieten möchte. Und wir Ihnen daher keinen Besichtigungstermin anbieten können", liest Sebastian eine Absage vor. Nur etwa alle drei Monate bekommt die sechsköpfige Familie überhaupt eine Einladung zu einer Besichtigung - obwohl sie mindestens eine Anfrage pro Woche stellt.

Und auch die jüngste Besichtigung war wieder erfolglos: "Wir haben uns doch dagegen entschieden. Da wären die Heizkosten zu unüberschaubar gewesen", erzählt Sebastian. Nässe im Keller, eine alte Gasheizung und das für 2.200 Euro kalt - das war der Familie dann doch zu heikel. Sie suchen immer noch nach einer größeren Bleibe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 13. Dezember 2024 um 17:08 Uhr.