Sprechzimmer einer Praxis

Analyse der Stiftung Warentest Privatpatienten nicht immer besser abgesichert

Stand: 19.02.2025 09:29 Uhr

Die private Krankenversicherung bietet nicht unbedingt einen besseren Schutz im Krankheitsfall als die gesetzliche. Zu diesem Ergebnis kommt die Stiftung Warentest. Viele Tarife haben demnach große Lücken.

Kürzere Wartezeiten, höhere Kostenerstattung, freie Krankenhauswahl und teils bessere Leistungen in der Behandlung: Verbraucherinnen und Verbraucher, die privatversichert sind, haben oft Vorteile gegenüber gesetzlich Versicherten. 58 Prozent der Privatpatienten haben etwa ihren letzten Termin bei einem Facharzt innerhalb eines Monats bekommen, bei Kassenpatienten waren es nur 30 Prozent, ergab eine Umfrage im Auftrag der Stiftung Warentest unter 5.000 Befragten. Dennoch raten Experten dazu, sich die Entscheidung für eine private Krankenversicherung sehr gut zu überlegen.

Nur ein knappes Drittel bietet Rundum-Schutz

Denn: Von 1.245 untersuchten Tarifkombinationen der privaten Krankenversicherungen (PKV) kann die Stiftung Warentest nur 384 Tarife empfehlen, wie sie heute mitteilt. "Sehr viele PKV-Tarife haben Lücken. Viele leisten sogar weniger als gesetzliche Krankenkassen", sagt Julia Bönisch, Vorständin der Stiftung Warentest. Defizite bestünden bei vielen Tarifen - zum Beispiel bei der Palliativpflege, bei ambulanter Psychotherapie oder bei digitalen Anwendungen wie Ernährungs-Apps.

Nicht alle Tarife halten, was sie versprechen, wie es im aktuellen Vergleich heißt. Auf dem Markt seien sehr viele Angebote, die weniger als die gesetzlichen Kassen erstatten oder bei denen die Versicherten einen hohen Anteil an den Krankheitskosten tragen. Lediglich ein knappes Drittel bietet der Analyse zufolge einen Rundum-Schutz, der "mindestens dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung" entspricht. In einigen Bereichen - wie dem Anspruch auf ein Zweibettzimmer im Krankenhaus - habe man zudem "ganz konkret erwartet", dass sie darüber liegen. Außerdem empfehlen die Tester nur Tarife mit einem sogenannten Selbstbehalt von maximal 660 Euro pro Jahr.

Generell lohne sich für Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Preisvergleich. So betrage der Unterschied zwischen dem günstigsten und teuersten Tarif für Angestellte mehr als 400 Euro im Monat - obwohl beide das Qualitätsurteil "Sehr gut" haben. "Mehr Beitrag bedeutet nicht, dass immer auch mehr Risiken abgedeckt sind", so der Testleiter Julian Chudoba. "Wer sich für die private Krankenversicherung entscheidet, sollte auch überlegen, ob es wirklich ein Top-Tarif sein muss." Die leistungsstärksten Tarife seien oft recht teuer, der Preisaufschlag spiegele jedoch selten den Umfang der zusätzlich abgesicherten Gesundheitsrisiken wider.

PKV kann günstiger sein

Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die als Solidarsystem jedem den gleichen Schutz unabhängig von den eingezahlten Beiträgen bietet, zahlen Privatversicherte für spezielle Angebote mit bestimmten Leistungen. Ist der Vertrag einmal abgeschlossen, kann der Leistungsumfang nicht mehr ohne neue Gesundheitsfragen geändert werden. Wer später mehr will, müsste in einen teureren Tarif wechseln. Während sich der gesetzlich festgeschriebene Beitrag sowie der Zusatzbeitrag für die GKV vom Bruttoeinkommen ableiten, sind die Kosten für die PKV daher individuell.

Gerade jungen Leuten bieten die private Krankenkassen häufig günstige Tarife an. Doch im Alter steigen die einkommensunabhängigen Beiträge stark an, weil die Behandlungskosten bei alten Menschen in der Regel oft höher sind. Die Versicherer bilden zwar Altersrückstellungen, doch meist reichen diese nicht aus. "Die private Krankenversicherung kann zur existenzbedrohenden Kostenfalle werden. Wir empfehlen sie nur für Beamte uneingeschränkt, da der Staat einen Großteil der Kosten im Alter übernimmt", warnt Bönisch. "Angestellte und Selbstständige, die gut verdienen, sollten gut überlegen, ob sie sich die enormen Beiträge auch im Alter langfristig leisten können."

Ein Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ist in der Regel nicht möglich, um die Solidargemeinschaft finanziell zu schützen. Zudem ist wichtig zu wissen, dass Menschen mit ernsthaften Vorerkrankungen vom privaten Versicherer abgelehnt werden können, einen Risikozuschlag zahlen müssen oder die Krankheit von den Leistungen ausgeschlossen ist.

Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion.


Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 19. Februar 2025 um 10:11 Uhr.