Ein Zitronenfalter sitzt auf einer Blume.

Tagfalter-Monitoring Schmetterlinge leiden unter Pestiziden und Klimawandel

Stand: 31.03.2025 15:16 Uhr

Rund 500 ehrenamtliche Schmetterlings-Zähler überprüfen regelmäßig die Bestände von mehr als 170 Tagfalterarten. Jetzt feiert das "Tagfalter-Monitoring Deutschland" 20-jähriges Jubiläum.

Von Daniel Peter, BR

Sie haben besondere Namen wie Ochsenauge, Schachbrett oder Dickkopffalter. Alle diese Schmetterlinge hat Stefan Mümmler auf einer Magerwiese im Tennenloher Forst bei Erlangen schon entdeckt. Schmetterlinge, auch die nachtaktiven, begeistern ihn. Das aus einem winzigen Ei, kleiner als ein Stecknadelkopf, ein prächtiger Schmetterling werden kann sei "ein wahres Wunder“, so Mümmler. Seit 2018 läuft er regelmäßig zwischen April und September eine etwa einen Kilometer lange Strecke ab und notiert sich dabei alle tagaktiven Schmetterlinge (Tagfalter), die ihm begegnen. Dabei sucht er auch nach Eiern und Raupen.

Zitronenfalter frieren im Winter ein

Aktuell sieht man vor allem Falter, die als erwachsene Insekten den Winter überstanden haben, etwa den Zitronenfalter. Dieser habe die besondere Eigenschaft, sagt der Umweltpädagoge, dass er im Winter bei eisigen Temperaturen einfrieren könne. Mit den ersten Sonnenstrahlen erwache er dann wieder zum Leben. Andere Falter versteckten sich den Winter über in Baumhöhlen oder unter Rinden. Die meisten anderen Schmetterlinge schlüpften erst aus ihren Eiern, wenn es wärmer werde, so Mümmler.

4,4 Millionen Tagfalter gezählt

Stefan Mümmler ist einer von etwa 500 ehrenamtlichen Tagfalter-Zählern deutschlandweit, die jährlich wichtige Daten rund um die Schmetterlinge liefern. Viele Insekten erkennt er, ohne sie fangen zu müssen. Nur bei wenigen benutzt er sein Fangnetz, um die Falter genau bestimmen zu können. Danach lässt er sie wieder frei. Gesammelt werden die Daten in einer zentralen Datenbank des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung mit Hauptsitz in Leipzig. Seit Einführung des "Tagfalter-Monitorings Deutschland" (TMD) sind so schon über 4,4 Millionen Schmetterlinge gezählt worden, erklärt Elisabeth Kühn, die Projektkoordinatorin.

Vorbild Niederlande und Großbritannien

Abgeschaut habe man sich das Projekt in den Niederlanden und Großbritannien. Dort würden schon seit den 1970er- beziehungsweise 1990er-Jahren Schmetterlinge gezählt, sagt Elisabeth Kühn. Seit 2005 werden auch in Deutschland Daten gesammelt. Von den 178 Arten von Tagfaltern deutschlandweit wurden etwa 120 von den ehrenamtlichen Zählern erfasst. Bei 82 Arten reichten die Daten aus, um Trends festzustellen, sagt Kühn.

Einige Arten zurückgegangen

Bei 36 Arten sei ein Rückgang festgestellt worden, 28 Arten hätten ihr Niveau gehalten und bei 18 Arten sehe man, dass die Bestände zugenommen hätten, so die Projektkoordinatorin. Sie ist besorgt, denn es sei kein gutes Zeichen, dass gerade besondere Arten rückläufig seien. Einer der Hauptgründe für den Rückgang sei die intensive Landwirtschaft, so Kühn. Es fehle zunehmend an Vielfalt auf den Wiesen und Äckern. Schmetterlinge bräuchten diese aber, um sich zu entwickeln.

Der Einsatz von Pestiziden mache es den Faltern zusätzlich schwer zu überleben. Auch der Klimawandel wirke sich bei einigen Arten negativ aus, andere Arten wiederum bevorzugten wärmere Temperaturen. Schmetterlinge sind laut der Biologin ein wichtiger Indikator für die Artenvielfalt. Wo sie fehlten, sei die Vielfalt aller Insekten bedroht.

Wichtig für Wissenschaft und Politik

Die Erkenntnisse über die Bestände der Tagfalter in Deutschland, die von den ehrenamtlichen Zählern Jahr für Jahr ermittelt werden, spielten sowohl für die Wissenschaft als auch für neue Gesetzgebungen auf EU-Ebene eine Rolle, sagt Kühn. Die "Verordnung zur Wiederherstellung der Natur", die im vergangenen Jahr im EU-Ministerrat verabschiedet wurde, stütze sich auf Daten und Erkenntnisse des "Index der Grünlandschmetterlinge". Genau in diesem Index kämen auch die Beobachtungen der ehrenamtlichen Tagfalter-Zähler zum Tragen, so die Biologin. Die Mitgliedstaaten der EU müssten innerhalb von zwei Jahren Pläne vorlegen, wie sie eine Verbesserung der Biodiversität voranbringen möchten.

Ehrenamtliche Zähler gesucht

Etwa 500 Zähler, wie Stefan Mümmler aus Erlangen, sind derzeit aktiv beim Tagfalter-Monitoring-Deutschland. Von Rentnern bis Schulklassen sei alles dabei, sagt Elisabeth Kühn. Generell freue man sich aber immer über neue Mitglieder. Man müsse kein Fachwissen mitbringen, um die Tagfalter zu zählen, betont sie. Außerdem gebe es auch Schulungen, um die Schmetterlinge besser zu erkennen. Seit Neuestem könne man die Daten auch in eine App eintragen. Was aber wichtig sei, um bei dem Projekt dabei zu sein: Man müsse Zeit mitbringen - und Leidenschaft für die wohl schönsten Insekten in Deutschland schade auch nicht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR 1 am 21. März 2025 um 15:29 Uhr.