Marine Le Pen

Urteil gegen Le Pen Fünf Jahre unwählbar - das überrascht viele

Stand: 31.03.2025 17:17 Uhr

Bisher galt Le Pen als die aussichtsreichste Kandidatin bei der Präsidentschaftswahl 2027 - nun darf sie wohl nicht antreten. Es ist ein in dieser Form für viele überraschend hartes Urteil. Die Reaktionen sind gemischt.

Von Carolin Dylla , ARD Paris

Marine Le Pen stürmte aus dem Gerichtssaal, noch bevor ihre endgültige Strafe verkündet war. Das Urteil ist ein Paukenschlag: Neben einer Freiheits- und Geldstrafe haben die Richter entschieden, dass die Rechtspopulistin für fünf Jahre nicht bei Wahlen antreten darf.

Für das Gericht ist erwiesen, dass sie über Jahre hinweg im Zentrum eines Systems stand, mit dem Gelder des europäischen Parlaments gezielt veruntreut wurden: zugunsten ihrer Partei, des Rassemblement National.

Michael Strempel, ARD Paris, zu Reaktionen auf das Urteil gegen Le Pen

tagesschau, 31.03.2025 20:00 Uhr

Patrick Maisonneuve ist Anwalt und hat in dem Prozess das Europaparlament vertreten: "Es bestand kein Zweifel, dass ein regelrechtes System geschaffen wurde, um Gelder des Europäischen Parlaments zu veruntreuen", sagt er. "In diesem Punkt gab es für das Gericht offenbar keine Diskussion, kein Zögern, was die Frage der Schuldigkeit betrifft."

Richter sehen Risiko neuer Rechtsbrüche

Das Urteil hat für Le Pen harte Konsequenzen: Die Richter haben entschieden, dass der Verlust ihres passiven Wahlrechts sofort in Kraft tritt - und auch bei einer Berufung wirksam bleibt. Eine erneute Kandidatur Le Pens bei der Präsidentschaftswahl 2027 ist damit höchstwahrscheinlich passé.

Der Rassemblement National (RN) sieht darin ein politisch motiviertes Urteil: Die Richter hätten ihren Willen ausgedrückt, Le Pens Kandidatur zu verhindern. Das sei "gravierend", sagte Parteisprecher Laurent Jacobelli.

Der Verlust des passiven Wahlrechts mit sofortiger Wirkung ist eine harte - und in dieser Härte für viele überraschende - Entscheidung. Aus Sicht der Richter ist sie aber gerechtfertigt, denn Le Pen und die Mitangeklagten hätten während des monatelangen Prozesses keine Einsicht gezeigt. Deshalb bestehe das Risiko, dass es zu neuen Rechtsbrüchen kommen könnte, so die Richter.

Stefan Seidendorf, Deutsch-französisches Institut, über Folgen des Urteils gegen Le Pen

tagesschau24, 31.03.2025 18:00 Uhr

"Schwerwiegendes und außergewöhnliches Urteil"

Parteisprecher Jacobelli weist diese Argumentation zurück:

 "Wenn wir vom Risiko weitere Rechtsverstöße sprechen, als Begründung für die vorläufige Vollstreckung: welches Rückfall-Risiko? Marine Le Pen ist seit zehn Jahren nicht mehr Europa-Abgeordnete, seit zehn Jahren hat uns das Europaparlament nichts vorgeworfen. Man sieht, dass hier eine politische Absicht dahintersteckt und wir weit über die reine Rechtsprechung hinausgehen.
RN-Sprecher Laurent Jacobelli

Das Urteil könnte die politische Landschaft in Frankreich grundlegend auf den Kopf stellen, denn Marine Le Pen galt bisher als chancenreichste Kandidatin bei der nächsten Präsidentschaftswahl. Entsprechend heftig fallen die Reaktionen aus. Laurent Wauquiez, der Fraktionschef der Konservativen Les Républicains im französischen Parlament, warnt vor den möglichen Konsequenzen:

Ich kommentiere nicht oft Entscheidungen der Justiz - aber das ist ein sehr schwerwiegendes und außergewöhnliches Urteil. Ich will deshalb sagen, was ich fühle: In einer Demokratie ist es nicht gesund, dass eine gewählte Abgeordnete nicht mehr zu einer Wahl antreten darf. Politische Debatten müssen an der Wahlurne entschieden werden; und es sind die Franzosen, die darüber entscheiden müssen. Diese Entscheidung wird schwer auf unserer Demokratie lasten. Es ist nicht der Weg, den man hätte nehmen sollen.
Les Républicains-Politiker Laurent Wauquiez

Grünen-Politikerin Marine Tondelier dagegen warnt vor Angriffen auf die Justiz - vor allem von Seiten derer, die nach den höchsten Ämtern strebten. Das sage viel über deren Verständnis des Rechtsstaates, so Tondelier auf X.

Marine Le Pen selbst hat angekündigt, in Berufung zu gehen. Sie will sich außerdem am Abend in einem Fernsehinterview äußern.

Carolin Dylla, ARD Paris, tagesschau, 31.03.2025 13:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 31. März 2025 um 14:00 Uhr.