Lars Klingbeil spricht mit Eric Lombard in Brüssel.

Finanzminister in Brüssel Klingbeil will EU-Lieferkettengesetz beibehalten

Stand: 12.05.2025 17:05 Uhr

Bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel hat sich Finanzminister Klingbeil für den Erhalt des Lieferkettengesetzes auf EU-Ebene ausgesprochen. Er liegt damit quer zu Kanzler Merz, der es abschaffen will.

Die neue Bundesregierung ist noch keine Woche im Amt, da tritt bereits eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Koalitionspartnern zutage - und das, obwohl Union und SPD auf der europäischen Bühne besonders geschlossen auftreten wollten.

Mit Blick auf das Lieferkettengesetz setzte Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil von der SPD bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel deutlich andere Akzente als der Bundeskanzler und CDU-Chef Ende vergangener Woche. Friedrich Merz hatte verlangt, die Richtlinie nicht nur zu verschieben, sondern ganz abzuschaffen.

Klingbeil: "Das Lieferkettengesetz ist wichtig"

Klingbeil betonte: "Natürlich müssen wir jetzt gucken: Wie können Berichtspflichten gedämpft werden, wie kann Bürokratie abgebaut werden? Aber insgesamt waren wir uns einig, das Lieferkettengesetz ist wichtig. Diesen Weg werden wir auch gehen, aber wir suchen auch nach Möglichkeiten, dass es für die Unternehmen praktikabel ist."

Klingbeil beruft sich auf den Koalitionsvertrag. Darin haben Union und SPD vereinbart, das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen, dafür aber die europäische Richtlinie "bürokratiearm und vollzugsfreundlich" umzusetzen.

EU verschob Inkrafttreten des Gesetzes

Die EU hatte das Gesetz erst vergangenes Jahr beschlossen, um weltweit Menschenrechte und Klimaschutz zu stärken. Große Unternehmen sollen darauf achten, dass ihre Zulieferer nicht von Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren oder die Natur zerstören. EU-Parlament und Mitgliedsstaaten haben das Inkrafttreten des Gesetzes kürzlich um ein Jahr verschoben. Die Regeln sollen jetzt schrittweise ab Mitte 2028 greifen, ein Jahr später soll das Gesetz ganz gelten.

Merz hatte bei seiner Brüssel-Visite am vergangenen Freitag erklärt, die dauerhafte Lösung bestehe darin, die Richtlinie nicht nur zu verschieben, sondern ganz vom Tisch zu nehmen, so wie die Bundesregierung das auch mit dem deutschen Lieferkettengesetz vorhabe. "Wir werden in Deutschland das nationale Gesetz aufheben und ich erwarte auch von der Europäischen Union, dass sie diesen Schritt nachvollzieht und diese Richtlinie wirklich aufhebt."

Der Bundeskanzler weiß dabei große Teile der Union sowie Wirtschaftsverbände hinter sich, die das Lieferkettengesetz für ein bürokratisches Monster halten. Der Koalitionspartner SPD sieht darin jedoch eine der wichtigsten Errungenschaften der vergangenen Legislaturperiode - neben der europäischen Mindestlohn-Richtlinie.

Mehrheit der EU will an Lieferkettengesetz festhalten

Der Sprecher der Europa-SPD, Rene Repasi, ist nach eigenen Worten über Merz' Vorstoß sehr verwundert. "Weder im Parlament noch im Rat gäbe es eine Mehrheit für die Abschaffung des Lieferkettengesetzes. Es ist berechtigt, dass Deutschland seine Wünsche vorträgt, aber Forderungen zu stellen ist nicht sehr hilfreich in der Europapolitik." Repasi zeigte sich dennoch "optimistisch, dass der Bundeskanzler künftig in europapolitischen Fragen das notwendige Fingerspitzengefühl aufbringen wird."

Auch die EU-Kommission stellt sich gegen Merz' Forderung. Deren Sprecherin Paula Pinho erklärte: "Wir haben gerade erst vorgeschlagen, die Berichtspflichten im Lieferkettengesetz zu vereinfachen. Der Kommissionsvorschlag liegt also vor und dabei geht es nicht um Abschaffung, sondern um Vereinfachung."

Klingbeils Antrittsbesuch in Brüssel

Bundesfinanzminister Klingbeil erläuterte beim ersten Treffen mit seinen EU-Kolleginnen und -kollegen in Brüssel die Pläne der Bundesregierung. Der Minister zeigte sich optimistisch, dass die vorgesehenen Ausgaben für Infrastruktur und Aufrüstung im Umfang von 500 Milliarden Euro nicht gegen europäische Schuldenregeln verstoßen. "Ich bin da sehr zuversichtlich, dass wir einen gemeinsamen Weg mit der Kommission hinbekommen."

Der Chef der Eurogruppe, Pascal Donohue, begrüßte die deutschen Pläne und ist nach eigenen Worten davon überzeugt, dass sie im Einklang mit den Regeln des Euroraums und der EU stehen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. Mai 2025 um 17:30 Uhr.