
EU-Treffen zu Nahost Kaum Einfluss, wenig Einigkeit
Der US-Angriff auf die Atomanlagen im Iran dürfte auch das heutige Treffen der EU-Außenminister bestimmen. Doch die Einflussmöglichkeiten der EU in der Region sind begrenzt.
Ursula von der Leyen dringt nach den US-Angriffen auf iranische Atomanlagen auf eine diplomatische Lösung. Diese Krise könne nur am Verhandlungstisch beendet werden, erklärte die EU-Kommissionschefin.
Der Iran müsse sich jetzt für eine glaubwürdige diplomatische Lösung einsetzen. Von der Leyen verlangte wie EU-Ratspräsident Antonio Costa, das Völkerrecht zu achten.
Einfluss Europas ist begrenzt
Nach den Worten der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas werden die Außenminister bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel darüber beraten.
Wie begrenzt Europas Einfluss auf den Krieg zwischen Israel und dem Iran ist, zeigt die Tatsache, dass sich noch am vergangenen Freitag Bundesaußenminister Johann Wadephul sowie seine Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien in Genf mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi getroffen hatten, um nach Lösungen im Konflikt um das iranische Atomprogramm zu suchen.
Am Freitagabend erklärte US-Präsident Donald Trump allerdings, Europa könne dabei nicht helfen. "Der Iran will nicht mit Europa sprechen. Sie wollen mit uns sprechen", sagte Trump. In der Nacht zum Sonntag ließ er die drei wichtigsten iranischen Atomanlagen in Fordo, Natanz und Isfahan bombardieren.
Gemeinsame Erklärung der G7
Vor einer Woche hatte der US-Präsident mit Bundeskanzler Friedrich Merz und anderen EU-Staats- und Regierungschefs beim G7-Gipfel in Kanada über die Krise gesprochen.
Die G7 hatten sich, was nicht selbstverständlich war, auf eine gemeinsame Erklärung verständigt. Darin bekräftigten sie Israels Recht auf Selbstverteidigung und betonten, dass der Iran keine Atomwaffen besitzen dürfe. Außerdem forderten sie, dass die Lösung der Iran-Krise zu einer umfassenderen Deeskalation im Nahen Osten führen müsse.
Differenzen zwischen Trump und Macron
Trump flog schon nach dem ersten G7-Gipfeltag unter Verweis auf den Konflikt zwischen Israel und dem Iran zurück nach Washington und nährte damit Spekulationen auf ein schnelles Eingreifen der USA.
Trotz der gemeinsamen Erklärung wurden beim Gipfel Meinungsverschiedenheiten zwischen Trump und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron deutlich, der eine diplomatische Lösung forderte.
Am vergangenen Donnerstag kündigte der US-Präsident einen Beschluss innerhalb von zwei Wochen an - aber am Ende handelte er deutlich schneller.
Krieg zwischen Israel und Iran in der zweiten Woche
Israel hatte vor anderthalb Wochen einen Großangriff auf den Iran gestartet und seitdem vor allem Atomanlagen und militärische Einrichtungen bombardiert.
Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begründet das mit dem weit fortgeschrittenen iranischen Atomprogramm, das eine existentielle Bedrohung für Israel darstelle. Der Iran attackiert Israel seitdem mit Raketen und Drohnen.
Hinweise auf Verstoß gegen Menschenrechte
Die EU-Außenminister befassen sich in Brüssel auch mit den Folgen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen für die dortige Zivilbevölkerung.
Sie beraten über eine vom Auswärtigen Dienst der Union durchgeführte Untersuchung, die feststellen sollte, ob Israel im Rahmen eines Abkommens mit der EU gegen die Achtung der Menschenrechte verstößt. Laut dem Bericht, der sich auf die Einschätzung internationaler Einrichtungen stützt, gibt es Hinweise darauf.
Deutschland stimmte nicht für Überprüfung
Das Assoziierungsabkommen regelt seit einem Vierteljahrhundert die Beziehungen zwischen der EU und Israel. Es sieht unter anderem Erleichterungen beim Zoll und im Handel vor. Die EU ist Israels wichtigster Handelspartner mit einem Handelsvolumen von über 42 Milliarden Euro pro Jahr.
Artikel 2 der Vereinbarung legt fest, dass Menschenrechte und demokratische Grundsätze auf beiden Seiten beachtet werden müssten. Rund zwei Drittel der EU-Mitgliedsstaaten hatten auf Anregung der Niederlande verlangt, zu überprüfen, ob Israel dem nachkommt, nachdem es elf Wochen in Folge Hilfslieferungen für die Menschen in Gaza blockiert hatte.
Für die Überprüfung stimmten unter anderem Irland, Spanien, Luxemburg und Belgien. Deutschland war nicht darunter.
Zukunft des Assoziierungsabkommens unklar
Die Außenbeauftragte Kallas erklärte in der vergangenen Woche, Israels Vorgehen gehe über Selbstverteidigung hinaus. Nahrungsmittel und Medikamente für Palästinenser in Gaza zu blockieren, schütze Israel nicht.
Die Frage ist jetzt, welche Konsequenzen die EU aus dem Ergebnis der Überprüfung zieht. Um das gesamte Abkommen auszusetzen, bräuchte es einen einstimmigen Beschluss der Mitgliedsstaaten, den es wegen des zu erwartenden Widerstands Deutschlands oder Ungarns nicht geben wird.
So könnte die Debatte lediglich noch einmal zeigen, was seit dem Überfall der Hamas auf Israel im Oktober 2023 schon mehrmals deutlich wurde - dass die EU mit Blick auf Israels Vorgehen im Gazakrieg weit davon entfernt ist, mit einer Stimme zu sprechen.