Bundestagswahl 2025
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Union nach der Wahl Ein Sieg ohne Glanz
Kurz feiern, zügig verhandeln: Der Plan für die Regierungsbildung bei der Union scheint klar. Doch das Ergebnis sorgt auch für Ernüchterung - mehr wäre drin gewesen. Welche Rolle spielt dabei CDU-Chef Merz?
Wer am Sonntag kurz vor Mitternacht ins Konrad-Adenauer-Haus kommt, könnte sich wundern: War da nicht was? Wahlsieg? Die Gänge sind halb leer, ein paar versprengte Grüppchen stehen noch herum. Der harte Kern an Feierwütigen ist auf der Tanzfläche, aber auch der wirkt ein wenig müde. Von der Parteispitze ist kaum noch jemand da. Selbst Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der sonst keine Party auslässt, ist auf dem Sprung Richtung Ausgang.
Mal richtig "Rambo Zambo", wie es CDU-Chef Merz versprochen hatte, ist das nicht. Aber es passt zur Stimmung in der Partei: Es hätte mehr sein können, ja eigentlich sogar müssen. Deutlich über dreißig Prozent sollten es eigentlich werden, das war das klare Ziel. Am Ende sind es nun 28,52 geworden.
Immer wieder gingen nach der ersten Prognose die Blicke der Gäste im Adenauer-Haus Richtung Bildschirm in der Hoffnung, dass die nächste Hochrechnung vielleicht doch noch ein oder zwei Prozentpunkte hergibt. Die Parteispitze, also Friedrich Merz, einige seiner Stellvertreter, Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder schauten die ersten Zahlen um 18 Uhr gemeinsam an. Es gab in diesem Moment zwar Standing Ovations für ihren Kanzlerkandidaten, doch im späteren Verlauf des Abends - hinter vorgehaltener Hand - klingen dann einige weniger begeistert.
Vereinzelt Unzufriedenheit mit Merz
Warum ist es nicht mehr geworden? Öffentlich klingen die Antworten alle ähnlich. Die Bürger seien wegen der Politik der Ampel-Regierung derart frustriert, dass sie sich in Gänze von der Mitte abgewendet hätten. Doch, und das sagt kaum einer laut, spielt natürlich noch etwas beziehungsweise noch einer eine wichtige Rolle: der Kanzlerkandidat. Nicht nur, dass Merz im Vergleich zu anderen Bewerbern um das Amt unbeliebt ist. Seine Entscheidungen in diesem Wahlkampf sind höchst umstritten.
Dass er wenige Wochen vor der Wahl Stimmen der AfD in Kauf genommen hat, um einen härteren Migrationskurs durchzusetzen, ist einigen in der Union bitter aufgestoßen. Öffentlich äußert sich auf der Wahlparty Ex-Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Die erfahrene Politikerin vom liberalen Flügel hätte sich gewünscht, dass sich ihre Partei "in der Mitte stabil positioniert". Man habe auch in zurückliegenden Landtagswahlkämpfen immer wieder studieren können, dass das "Ausholen nach rechts" weniger gebracht hat. War es das wert, war eine Frage, die in dem Zusammenhang auch am Wahlabend immer wieder gestellt wurde.
Mit Blick auf die Wahlergebnisse müsste die Antwort wohl sein: nein. Die Linke hat auch dank der starken Polarisierung einen Überraschungserfolg eingefahren und die AfD ist im Osten so stark wie nie. Die CDU hat dort kein einziges Direktmandat gewonnen. Und die SPD, der einzig mögliche Koalitionspartner ist immer noch wegen des Vorgehens von Merz nachhaltig verstimmt.
"Staatspolitische Verantwortung" der SPD
Am Morgen nach der Wahl haben vor dem Konrad-Adenauer-Haus die Aufräumarbeiten begonnen. Die Parteispitze schlängelt sich vorbei an Partyzelten und wartenden Journalisten zur Präsidiumssitzung. Alle sind froh, dass es für eine Koalition mit der SPD rein rechnerisch reicht. Und nach einem harten Wahlkampf hat sich der Ton gemäßigt. Für Thorsten Frei, den parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, ist die mögliche Zweier-Konstellation mit der SPD eine "ganz wichtige strukturelle Voraussetzung" für ein erfolgreiches Regieren.
Er hofft, dass die Union mit den Wahlverlierern von der SPD den "innenpolitischen Reformstau auflösen" und dem "größer gewordenen außenpolitischen Herausforderungen" begegnen kann. Niemand in der CDU-Spitze hat den Eindruck, dass sich die SPD als Juniorpartner verweigern will, beziehungsweise das angesichts der aktuellen Lage überhaupt kann. Man setzt auf die viel zitierte "staatspolitische Verantwortung" der Sozialdemokraten.
Union macht Druck bei Regierungsbildung
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien ist der Überzeugung, dass das Land "eine schnelle und stabile Regierungsbildung" braucht. Die Union will aufs Tempo drücken: erste Sondierungsgespräche Mitte nächster Woche, eine Regierung mit der SPD bis Ostern. Wirtschaft, Migration, Ukraine und die eigene Verteidigungsfähigkeit - dringende Probleme müssen gelöst werden.
Der Fahrplan zu einer Regierung ist von CDU und CSU abgesteckt, doch ob die arg gebeutelte Sozialdemokratie da so schnell mitgeht? Die Union bemüht sich, verspricht "respektvolle und vertrauliche Gespräche". Doch es wird auch auf die Verhandlungskünste von Friedrich Merz ankommen. Die Zeit der Maximalforderungen ist vorbei. Wenn Merz erstmals in seiner Karriere ein gewähltes Staatsamt erreichen will, braucht es Kompromisse. Auf dem Weg ins Kanzleramt muss Merz ab jetzt die Interessen von CDU, CSU und SPD erfolgreich abgleichen.