
Pläne des neuen Innenministers Wo Dobrindts Prioritäten liegen
Die neue Bundesregierung hat das Thema Migration zur Priorität erklärt. Innenminister Dobrindt bekräftigt im Bundestag die geplante härtere Gangart. Die Reaktion beim Koalitionspartner SPD bleibt teils verhalten.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat im Bundestag seinen sicherheitspolitischen Kurs vorgestellt. Als einen klaren Schwerpunkt nennt er "illegale Migration". Bereits wenige Stunden nach seinem Amtsantritt ließ er die Grenzkontrollen verstärken, wodurch die Zahl der Zurückweisungen von Asylsuchenden "nach und nach steigen soll". Dobrindt sieht darin einen "ersten Schritt hin zu mehr Ordnung". Die irreguläre Migration gefährde "die Stabilität Deutschlands und Europas", sagt er. Die Bundesrepublik bleibe zwar offen für legale Migration, doch gleichzeitig spricht er von einer "Belastungsgrenze".
Dobrindt will Abschiebungen deutlich ausweiten, auch in Länder wie Afghanistan und Syrien. Für Straftäter und Gefährder kündigt er einen "dauerhaften Ausreise-Arrest" an. Diese Menschen hätten künftig nur zwei Optionen: "Haft oder Heimflug". Außerdem will Dobrindt die Liste sicherer Herkunftsstaaten erweitern und den Familiennachzug für bestimmte Gruppen aussetzen. Auch freiwillige Aufnahmeprogramme sollen gestrichen werden.
Die Bundespolizei bezeichnet die irregulären Einreisen als "unerlaubte Einreisen". Manchmal werden irreguläre Einreisen auch als "illegale Einreisen" bezeichnet. Auch von "irregulärer Migration" ist in der politischen Debatte oft die Rede. Gemeint sind damit immer undokumentierte Grenzübertritte und der unrechtmäßige Aufenthalt in Deutschland. Bei Personen, die unmittelbar nach der unerlaubten Einreise um Asyl ersuchen, wird das Verfahren jedoch so lange ausgesetzt, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist.
Flüchtlingsorganisationen und Migrationsforscher weisen daraufhin, dass Migration an sich gegen kein Gesetz verstößt, also nicht "illegal" ist.
Scharfe Kritik von mehreren Seiten
Die Pläne des Innenministers stoßen bei der Opposition auf breite Ablehnung - allerdings aus sehr unterschiedlichen Gründen. Die AfD hält den Kurs für nicht konsequent genug. "Ein Etikettenschwindel nach dem anderen", kritisiert AfD-Innenpolitiker Gottfried Curio. Wenn Zurückweisungen möglich seien, dann müssten auch "alle Unberechtigten wieder raus". Er spricht vom "Versagen des politischen Willens".
Ganz anders sieht es die Linke. Die Abgeordnete Clara Bünger warnt vor einer Aushöhlung des Rechtsstaats. Sie wertet die Maßnahmen als einen "Einstieg in eine Herrschaft des Unrechts". Bünger betont: das Grundrecht auf Asyl sei eine Lehre aus dem Nationalsozialismus, und genau diese wolle die Regierung abschaffen.
Auch die Grünen lehnen Dobrindts Migrationspolitik ab. Fraktionsvize Konstantin von Notz wirft dem Innenminister vor, "kurzsichtige Maßnahmen" zu treffen, die bald schon an Überlastung scheitern würden. Zudem weist er Schuldzuweisungen Dobrindts entschieden zurück, die Grünen trügen eine Mitschuld für die gesellschaftliche Spaltung wegen ihrer Haltung in der Migrationsdebatte. Von Notz betont, dass die Grünen noch nie einen Innenminister gestellt haben.
Zurückhaltung beim Koalitionspartner SPD
Auffällig während der Debatte ist, dass viele Mitglieder der SPD-Fraktion auf die Ansagen des neuen Innenministers durchaus verhalten reagieren. Zwar verzichten die Redner der Sozialdemokraten auf direkte Kritik am Koalitionspartner, dennoch versuchen sie offenbar Punkte anzusprechen, die aus ihrer Sicht zu kurz kommen.
Innenpolitikerin Sonja Eichwede betont, dass der Rechtsextremismus eine "wichtige Herausforderung" ist. Und Lars Castellucci erinnert daran, dass es zwar um Sicherheit gehe, man aber auch die Freiheit nicht "ersticken" dürfe. Mit Blick auf die Migration sagt er, diese sei ein "internationales Phänomen". Deutschland werde nur zusammen mit den "Nachbarstaaten und Partnern" zu humanen und ordnenden Lösungen kommen. Eine Absage an Alleingänge Deutschlands.
Mehr Befugnisse für Polizei und Nachrichtendienste
Neben der Migrationspolitik kündigt Dobrindt auch an, die Befugnisse für Polizei und Sicherheitsbehörden auszuweiten. Die Speicherung von IP-Adressen soll wieder eingeführt werden - eine Art Vorratsdatenspeicherung in begrenzter Form. Diese Adressen seien "oft der einzige Ermittlungsansatz", um schwere Straftaten aufzuklären. Damit will der Innenminister etwa gegen Kinderpornografie, organisierte Kriminalität und andere schwere Verbrechen vorgehen. Er sagt: "Wir werden diese systematische Straflosigkeit nicht zulassen."
Zudem soll die Bundespolizei künftig auf sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung zugreifen dürfen. Damit können verschlüsselte Nachrichten vor der Verschlüsselung mitgelesen werden. Auch die Nachrichtendienste sollen mehr Befugnisse erhalten. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz beim Datenaustausch soll verbessert werden.
Kampf gegen Extremismus
Als weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit nennt der Innenminister den Kampf gegen Extremismus. Dobrindt macht deutlich: "Egal, ob jemand ein Königreich, ein Kalifat, den Faschismus oder den Kommunismus ausrufen will - wir gehen entschieden gegen diejenigen vor, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung angreifen." Das Ziel sei eine wehrhafte Demokratie.
Gewalt gegen Einsatzkräfte verurteilt er scharf, etwa mit Blick auf die jüngsten Ausschreitungen bei einer pro-palästinensischen Demonstration in Berlin.
Die Opposition sieht jedoch andere Prioritäten. Die Grünen betonen, dass die größte Gefahr für die Demokratie vom Rechtsextremismus ausgehe. Fraktionsvize von Notz fordert ein Verbot der AfD und warnt davor, dass autoritäres Denken unter dem Vorwand von Sicherheit die Grundrechte gefährde.
Eine tiefe Spaltung bleibt
Die Debatte im Bundestag zeigt, wie weit die Vorstellungen über die richtige Sicherheitspolitik auseinanderliegen. Während Innenminister Dobrindt für einen harten Kurs bei Migration, Rückführungen und innerer Sicherheit wirbt, werfen ihm Grüne und Linke vor, das Recht zu beugen und Grundrechte zu gefährden. Die AfD hingegen verlangt noch schärfere Maßnahmen.
Ein gemeinsames Sicherheitsverständnis scheint in weiter Ferne. Doch klar ist: Migration bleibt das zentrale politische Streitthema - und die Richtung der neuen Bundesregierung sorgt schon jetzt für Konflikte.