Das neu ernannte Kabinett um Bundeskanzler Friedrich Merz (vorne r, CDU) sitzt im Rahmen der Vereidigung der Bundesminister auf der Regierungsbank.
Überblick

Schwarz-rote Koalition Das ist das neue Kabinett

Stand: 06.05.2025 20:49 Uhr

Ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampelkoalition hat Deutschland wieder eine voll handlungsfähige Regierung - mit Mehrheit im Bundestag. Bei den Ministerposten gab es so manche Überraschung. Ein Überblick in Kurzporträts.

CDU im Kabinett
SPD im Kabinett
CSU im Kabinett

Bundeskanzler: Friedrich Merz

Es war ein langer Weg zum Kanzleramt für den bald 70-jährigen Unions-Politiker und aus dem westdeutschen Sauerland stammenden Juristen Friedrich Merz - und zwischendurch auch nicht mehr besonders wahrscheinlich. Man kann ihm in jedem Fall einen langen Atem bescheinigen. Sein politischer Start als Europa- später Bundestagsabgeordneter noch in der Ära Kohl wirkte vielversprechend. Nach der Kränkung 2002, den Fraktionsvorsitz an Parteichefin Angela Merkel verloren zu haben, zog sich Merz sieben Jahre später aus der aktiven Bundespolitik für mehrere Jahre zurück.

Sein politischer Abschied zum Ende der Bundestagslegislatur 2009 wirkte noch endgültig. Die Tätigkeit des ehemaligen Richters als langjähriger Anwalt in der Finanzwelt über die US-Großkanzlei Mayer-Brown sowie über diverse Beiratsposten von Deutscher Börse bis West LB brachte ihm das Image eines Wirtschaftsmanagers ein, auch wenn er das so nie war. Berühmt wurde sein Deutschland-Aufsichtsratsvorsitz beim internationalen Vermögensverwalter Blackrock von 2016 bis 2020.

Als Angela Merkel sich 2018 vom Parteivorsitz zurückzog, versuchte "Mr. Blackrock" den Wiedereinstieg in die Politik. Drei Runden und zwei weitere Rücktritte anderer Parteivorsitzender sowie eine gescheiterte Unions-Kanzlerkandidatur durch Armin Laschet brauchte es, bevor seine Chance dann kam.

Beim dritten Versuch, die Parteispitze zu erreichen, wurde er 2022 Parteichef und im Bundestag Oppositionsführer mit harten Rededuellen gegen Bundeskanzler Olaf Scholz. Merz gilt auch in seiner Partei einerseits eher als Mann der Neunziger, und doch war am Ende die Sehnsucht nach einem groß, der das Ruder herumreißt und übernimmt. Er wird zum Hoffnungsträger und seinen Leuten als Garant für "CDU pur".

Friedrich Merz

Friedrich Merz ist - nach langem Warten - der zehnte Bundeskanzler.

Wirtschaft und Energie: Katherina Reiche

Für Katherina Reiche ist es eine Rückkehr in die Politik, nach Jahren als Abgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin in der Ära Schröder und Merkel 1998 bis 2015. Die 1973 in der DDR geborene studierte Chemikerin durchlief in ihren 17 Bundestagsjahren die Ressorts Bildung und Forschung, Umwelt und Verkehr.

In der Mitte ihrer sechsten Legislaturperiode entschied sich Reiche 2015 für einen Wechsel in die Wirtschaft, zunächst als Hauptgeschäftsführerin beim Verband kommunaler Unternehmen, später als Energiemanagerin. Seit 2020 ist sie zudem als Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung tätig.

Wirtschaftsverbände haben positiv auf die Nominierung von Reiche zur neuen Wirtschaftsministerin reagiert. "Wir brauchen eine starke Stimme und eine Anwältin für die Wirtschaft. Dass eine erfahrene Energiemanagerin und Politikerin neue Ministerin für Wirtschaft und Energie wird, ist dafür ein wichtiges Signal", so BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Reiche müsse sich für eine konsequente Wirtschaftswende einsetzen. Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl sieht hingegen erhebliche Interessenskonflikte. "Mit Frau Reiche wird eine Energieunternehmerin zur Energieministerin gemacht", sagte Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl.

Reiche ist mit dem ehemaligen Verteidigungs- und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg liiert.

Katherina Reiche

Katharina Reiche übernimmt das Wirtschafts- und Energieministerium.

Auswärtiges Amt: Johann Wadephul

Die politische Karriere von Johann Wadephul startete früh in der schleswig-holsteinischen Jungen Union. Jahrelang war er ihr Landesvorsitzender. Auch in der CDU ging es lange Zeit steil nach oben. Der gebürtige Nordfriese wurde Generalsekretär - später sogar Landesvorsitzender. Dann stellte er 2002 die Machtfrage: Wadephul kandidierte auch für den Fraktionsvorsitz im Landtag und wollte sich so nicht nur die Wiederwahl als Landesvorsitzender sichern, sondern sich auch als Spitzenkandidat für die Landtagswahl ins Spiel bringen.

Doch der Versuch scheiterte. In der Fraktion erhielt er nicht genügend Stimmen. Daraufhin kündigte er an, auch nicht mehr für den CDU-Landesvorsitz zu kandidieren. Seine politische Karriere schien erst einmal beendet. 2005 wurde er dann zwar doch noch Fraktionschef im Landtag - Minister im Kabinett von Peter Harry Carstensen aber wurde er nicht. So wechselte er 2009 schließlich in den Bundestag für einen politischen Neuanfang.

Im Bundestag machte Wadephul sich im Laufe der Jahre einen Namen als kompetenter Fachpolitiker für Außen- und Sicherheitspolitik. Im Rampenlicht stand er aber bisher selten. Intern hat er dafür in der Bundestagsfraktion wichtige Funktionen inne. So ist er seit 2017 Vorsitzender der Landesgruppe der schleswig-holsteinischen CDU-Abgeordneten und gehört als einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden auch zum Vorstand der Unions-Bundestagsfraktion. Unter Fraktionschef Merz konnte er seine Bedeutung als Außenpolitiker ausbauen.

Johann Wadephul  (Archiv)

Eine frühe politische Karriere führte ihn ins Auswärtige Amt: Johann Wadephul.

Gesundheit: Nina Warken

Diese Merz-Entscheidung wurde von mehreren Medien übereinstimmend als "Überraschung" bezeichnet: Nina Warken, CDU-Bundestagsabgeordnete, übernimmt das Amt der Gesundheitsministerin - eine ausgewiesene Expertin auf dem Feld ist sie bisher nicht. Es ist dazu nur ihre Mitgliedschaft im parlamentarischen Begleitgremium zur Covid-19-Pandemie zu verzeichnen.

Merz lobte an ihr die Eigenschaften "persönliche Stabilität, ein klares politisches Konzept und eine gute Orientierung", die dieses Amt brauche. Es zähle wegen der vielen unterschiedlichen Interessen im Gesundheitssektor "sicherlich zu den schwierigsten im Lande", so Merz. Die Rechtsanwältin war Geschäftsführerin der Unions-Bundestagsfraktion, als Merz Fraktionschef war. Zudem ist sie im Vorstand der Frauenunion.

An den Koalitionsverhandlungen war sie noch in der Arbeitsgruppe Inneres, Recht und Migration beteiligt. Im Bundestag saß die Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion auch im Ältestenrat. Die 45-Jährige ist CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg. Sie gilt als Vertraute des dortigen CDU-Landeschefs Manuel Hagel, der bei der Landtagswahl in einem Jahr Ministerpräsident und Nachfolger von Winfried Kretschmann (Grüne) werden möchte.

Nina Warken

Nina Warken führt künftig das Gesundheitsministerium an.

Verkehr: Patrick Schnieder

Der 56-jährige CDU-Politiker Patrick Schnieder gehört dem Bundestag seit 2009 als direkt gewählter Abgeordneter für den rheinland-pfälzischen Wahlkreis Bitburg in der Eifel an, seit 2018 ist der Rechtsanwalt einer der parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion. Als Mitglied im Verkehrsausschuss sammelte er zuvor einige Jahre fachpolitische Erfahrung. Als seine inhaltlichen Schwerpunkte nennt Schnieder den Einsatz für den ländlichen Raum und für eine leistungsfähige Infrastruktur bei Straße und Schiene.

Als Bundesverkehrsminister wird Schnieder laut Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) "langen Atem und Mut unter Beweis stellen müssen". Das Verkehrsministerium könne in den kommenden vier Jahren "zu einem echten Gestaltungsministerium werden", sagte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert zu der Personalie. "Das Sondervermögen Infrastruktur macht möglich, was jahrelang nicht möglich war." Die Herausforderungen bei der Bahn seien jedoch "gewaltig".

Schienen und Stellwerke müssten dringend modernisiert werden, die Frachttochter der Deutschen Bahn, DB Cargo, brauche eine Zukunftsperspektive und bei den Trassenpreisen sei dringend eine Reform nötig, "damit die Verkehrswende nicht blockiert wird", fuhr Burkert fort. Er habe Schnieder aber "in unserer gemeinsamen Zeit im Verkehrsausschuss als jemanden kennengelernt, der vor großen Aufgaben nicht zurückschreckt", sagte der EVG-Chef weiter, der lange für die SPD im Bundestag saß.

Patrick Schnieder

Verkehrsminister Patrick Schnieder kommt mit fachpolitischer Erfahrung in das Amt.

Digitalisierung und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger

Er ist die große Überraschung: Der gebürtige Gießener und bisherige Topmanager Karsten Wildberger übernimmt das neue Digitalministerium. Der 56-Jährige stammt aus Gießen, studierte Physik in München und Aachen studiert und promovierte auch. Als Unternehmensberater der Boston Consulting Group hatte er zunächst Unternehmen in verschiedenen Branchen zu Fragen der Strategie und Digitalisierung beraten.

Wildberger und Merz kennen sich über den Wirtschaftsrat der CDU: Wildberger folgte Merz im November 2021 auf dem Posten des Vizepräsidenten, nachdem Merz parallel zu seiner Rückkehr in den Deutschen Bundestag nicht wieder für diese Position kandidierte. Wildberger betätigte sich bereits seit 2017 im Wirtschaftsrat ehrenamtlich.

Als Vorstandschef des Düsseldorfer Ceconomy-Konzerns und Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding mit rund 1.000 Märkten in vielen Ländern bringt Wildberger einschlägige Praxiserfahrung mit. In den vergangenen Jahren gehörte die digitale Transformation in Wirtschaft und Unternehmenswelt zum Kern seiner Tätigkeiten.

Internationale Führungspositionen bekleidete Wildberger auch bei T-Mobile, Vodafone oder dem australischen Telekommunikationsunternehmen Telstar. Von 2016 bis Sommer 2021 war Wildberger beim Energiekonzern Eon als Vorstandsmitglied für den digitalen Wandel zuständig.

Karsten Wildberger

Digitalminister Karsten Wildberger wurde überraschend ins Kabinett berufen.

Familie und Bildung: Karin Prien

Für Karin Prien ist es das erste bundespolitische Amt sein. Sie gilt als selbstbewusste Bildungspolitikerin. CDU-Ministerpräsident Daniel Günther hatte Prien 2017 als Bildungsministerin seiner "Jamaika"-Koalition von Hamburg an die Förde nach Kiel geholt. In der Hansestadt hatte sich die Rechtsanwältin einen Namen als streitbare Schulpolitikerin in der Bürgerschaft gemacht. Immer wieder nutzte sie auch Interviews und Social Media, um sich in bundespolitische Themen einzumischen.

Ihre bundespolitische Bekanntheit nahm noch zu, als sie 2018 zusammen mit anderen CDU- und CSU-Mitgliedern die Initiative "Union der Mitte" gründete - als Reaktion auf neue konservative Unions-Gruppierungen wie die WerteUnion oder den Berliner Kreis. Ein Jahr später allerdings verließ sie die Gruppierung wieder, weil sie, wie sie sagte, die Flügelkämpfe in der Union nicht verstärken wolle. 2021 wurde Prien in den CDU-Bundesvorstand gewählt und zur Bundestagswahl 2021 von Kanzlerkandidat Armin Laschet als Bildungsexpertin in sein Zukunftsteam geholt.

Im Jahr 2022 wurde sie auf einen Stellvertreter-Posten von Parteichef Merz gewählt und 2024 als Parteivize bestätigt. Prien trägt das konservativere neue CDU-Grundsatzprogramm mit, an dem sie als Bildungsexpertin auch mitgearbeitet hatte. Sie gilt aber nach wie vor als eine Vertreterin einer liberaleren CDU.

Die schleswig-holsteinische CDU-Politikerin ist die erste jüdische Bundesministerin. Geboren wurde Prien 1965 in Amsterdam, wohin ihre deutschen Großeltern vor Adolf Hitler geflohen waren. Ihre jüdische Herkunft thematisierte sie laut Jüdischer Allgemeinen erstmals 2016 öffentlich. Seit 2018 ist Prien Sprecherin des Jüdischen Forums der CDU.

Karin Prien

Erst in Kiel, jetzt in Berlin: Karin Prien ist nun Bildungsministerin auf Bundesebene.

Kanzleramtschef: Thorsten Frei

Dem 51-jährigen bisherigen parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion fehlt bisher Regierungserfahrung - abgesehen von zwei Jahren als Regierungsrat in seinem Heimatland Baden-Württemberg und einem Oberbürgermeisteramt 2004 bis 2013 in Donaueschingen. In der Ära Merkel gehörte der Abgeordnete mit Direktmandat seit 2013 dem Bundestag an, 2018 wurde er Fraktionsvize mit den Schwerpunkten Innen- und Rechtspolitik.

Frei gilt seit Jahren als guter Organisator, Netzwerker, Kommunikator - und sehr diszipliniert, nicht nur wegen seiner frühmorgendlichen Jogging-Runden. Dass die Unionsfraktion sich zwischen 2021 und 2025 schnell in der ungewohnten Rolle als Oppositionskraft fing und stabilisierte, wird in der Partei nicht nur Merz, sondern auch dem Mann dahinter zugeschrieben.

In den Jahren der Ampelkoalition ist der Rechtsanwalt als Manager der Unionsfraktion einer der wichtigsten Vertrauten von Merz geworden. Nach der Bundestagswahl gehörte er zum engsten Kreis bei Sondierungen und Koalitionsverhandlungen. Er gilt als akribischer Arbeiter und in so gut wie allen wichtigen politischen Themen sattelfest. Zuletzt hatte sich Frei deutlich hinter Merz' strikten Migrationskurs gestellt und auch eine umstrittene politische Abstimmung im Bundestag dazu, die mit Stimmen der AfD kurz vor der Wahl zustande kam, offensiv gerechtfertigt.

Thorsten Frei

Kanzleramtschef Frei ist ein enger Vertrauter von Friedrich Merz.

Vizekanzler und Finanzen: Lars Klingbeil

Dass es sich bei Lars Klingbeil um einen machtbewussten Politiker handelt, konnte man schon am Wahlabend mit dem historisch schlechtesten Wahlergebnis der SPD seit Gründung der Bundesrepublik sehen: Dieses Ergebnis werde "Umbrüche in der SPD" erfordern, sagte er da, auch eine "andere personelle Aufstellung". Der Generationswechsel müsse eingeleitet werden - nach der Wahl sicherte sich der 47-Jährige den SPD-Fraktionsvorsitz und will, davon ist auszugehen, Parteivorsitzender bleiben.

Nun wird der Niedersachse wohl der mächtigste Minister im Kabinett von Friedrich Merz: Kein Vorhaben der künftigen Bundesregierung kann ohne seine Unterstützung kommen. Wie schon unter Klingbeils Vorgängern Olaf Scholz und Christian Lindner bleibt das Finanzministerium damit absolutes Machtzentrum innerhalb der Bundesregierung. Mit Merz ist Klingbeil inzwischen per "Du". Innerhalb der SPD gehört er dem eher konservativen Flügel, dem "Seeheimer Kreis" an.

Der 47-Jährige, der einst im Wahlkreisbüro von SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder als Mitarbeiter anfing, legte einen klassischen SPD-Aufstieg hin - durchaus vergleichbar zu Olaf Scholz, der wie Klingbeil zunächst SPD-Generalsekretär war. Nur, dass Klingbeil nach seinem kommunalpolitischen Start die Landespolitikebene ausließ und 2009 im Alter von 31 Jahren Bundestagsabgeordneter wurde. 2021 verantwortete er als Generalsekretär den Wahlkampf von Olaf Scholz, bei dem die SPD wider Erwarten stärkste Kraft wurde.

Politisch ist Klingbeil eher Generalist mit außen- und verteidigungspolitischem Schwerpunkt. Der studierte Sozialwissenschaftler holt sich aus der Bundestagsfraktion die Experten für Haushalts- und Steuerpolitik als Parlamentarische Staatssekretäre in sein Ministerium. Der bisherige Chefhaushälter Dennis Rohde und der steuerpolitische Sprecher Michael Schrodi der SPD-Fraktion sind für diese Posten vorgesehen.

SPD-Chef Klingbeil

Als Finanzminister kann Lars Klingbeil ein Machtzentrum neben dem Kanzleramt aufbauen.

Arbeit und Soziales: Bärbel Bas

Bodenständig, geradlinig, klar: Bärbel Bas hat sich zuletzt in ihrem Amt als Bundestagspräsidentin großes Renommee erarbeitet. Zuvor war die Duisburgerin einer breiteren Öffentlichkeit kaum bekannt, obwohl sie seit 2009 Mitglied des Bundestags war.

Von 2021 bis 2025 übte sie das zweithöchste Staatsamt aus, das gerade seit Einzug der rechtsextremen AfD und der damit aggressiver gewordenen politischen Kultur im Parlament als schwieriges gilt. Noch nie gab es so viele Ordnungsrufe gegen Bundestagsabgeordnete wie in der vergangenen Legislatur, ergaben Recherchen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" bei der Bundestagsverwaltung. Die AfD lag bei den Verstößen weit vor allen anderen Parteien.

Spannend wird nun, ob es für die Arbeitsministerin Bärbel Bas noch höher hinausgehen könnte. Die 57-Jährige ist sehr beliebt in der Partei. Die Personalmanagement-Ökonomin hat seit 2009 ihren Wahlkreis in Duisburg immer direkt gewonnen. Ihre Karriere führte sie auf dem zweiten Bildungsweg bis zur Abteilungsleiterin einer Krankenkasse, nachdem sie erst einen Hauptschulabschluss gemacht hatte.

Für viele in der SPD gilt sie daher als typisch-sozialdemokratische Aufstiegsgeschichte. Sollte Saskia Esken sich auch vom Parteivorsitz zurückziehen, gilt Bas als Favoritin auf ihre Nachfolge im Willy-Brandt-Haus.

Bärbel Bas

Nach dem Amt als Bundespräsidentin folgt für Bärbel Bas das Arbeitsministerium.

Verteidigung: Boris Pistorius

Boris Pistorius ist der einzige SPD-Minister, der im Amt bleiben darf. Der 65-Jährige hat die schwierige Aufgabe, die Bundeswehr wieder zu einer Armee für die Landesverteidigung umzubauen. Dafür kann er dank schwarz-roter Reform der Schuldenbremse nun finanziell aus dem Vollen schöpfen. Der zweite Niedersachse im Kabinett ist laut Umfragen nach wie vor der beliebteste Politiker in Deutschland. Nach dem Scheitern der Ampelkoalition war er sogar als möglicher Kanzlerkandidat der SPD ins Gespräch.

In das Amt des Verteidigungsministers kam Pistorius im Januar 2023 überraschend. Vorausgegangen war der Rücktritt von Christine Lambrecht nach einer Serie von Pannen und Fehltritten. Der bis dahin in Niedersachsen als Landesminister für Inneres und Sport tätige Pistorius selbst sagte später, dass der Anruf von Olaf Scholz überraschend gekommen sei. "Ich musste nicht lange überlegen", erinnerte sich Pistorius. Von einer ehrenvollen Aufgabe sprach er, als die Personalentscheidung bekannt wurde. Als er dann im November 2023 "Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime" für die Bundeswehr ausrief, legte der 65-jährige Niedersachse die Latte hoch.

Pistorius ist Groß- und Außenhandelskaufmann sowie Rechtsanwalt, seine Berufslaufbahn verlief jedoch seit 1991 in politischen Administrationen und Ämtern. Von 2006 bis 2013 war er Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück.

Boris Pistorius

Boris Pistorius darf als Verteidigungsminister weitermachen.

Justiz und Verbraucherschutz: Stefanie Hubig

Mit den Entscheidungen von FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann war der Richterbund selten zufrieden. Nun ist man zuversichtlich, dass es mit Stefanie Hubig künftig besser laufen wird: Es sei ein wichtiges Signal, dass eine erfahrene Politikerin neue Ministerin werde, die aus der Justiz komme - "und das Bundesjustizministerium als ehemalige Amtschefin bestens kennt", sagte Richterbund-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn zu ihrer Nominierung.

Die 56-jährige SPD-Politikerin ist seit 2016 Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz. Die frühere Richterin hat - mit Unterbrechungen - bereits mehrere Jahre im Bundesjustizministerium gearbeitet. In Berlin kennt man Hubig schon aus ihrer Zeit im Bundesjustizministerium, wo sie im Jahr 2000 begann und dann zur Referatsleiterin aufstieg. Damals amtierte ihre Parteikollegin Herta Däubler-Gmelin als Justizministerin. 2008 ging Hubig nach Mainz: Erst in die Staatskanzlei, 2009 übernahm sie dort die Leitung der Abteilung Strafrecht im Justizministerium.

In der Ära Merkel wurde sie in der Zeit von Heiko Maas als SPD-Justizminister für zwei Jahre beamtete Staatssekretärin im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Ihr wird zugetraut, als Gegenspielerin von Innenminister Alexander Dobrindt zu wirken.

Hubig müsse nun rasch den von Union und SPD angekündigten Rechtsstaatspakt mit den Ländern auf den Weg bringen, forderte der Berufsverband der Richter und Staatsanwälte. Denn die Personalprobleme überlasteter Staatsanwaltschaften und Gerichte duldeten keinen Aufschub.

Stefanie Hubig

Stefanie Hubig bringt bereits Erfahrungen aus dem Justizministerium mit.

Umwelt und Klimaschutz: Carsten Schneider

Carsten Schneider aus Thüringen bekommt das wichtige Umweltressort. Im Vergleich zur Ampel-Zeit wurde sein künftiges Haus kräftig aufgewertet. Er wird große Summen an Fördergeldern an die Länder verteilen können. Damit geht ein Schlüsselressort an einen ostdeutschen Vertreter.

Einst als jüngster Abgeordneter in den Bundestag eingezogen, ist Carsten Schneider inzwischen langgedienter Parlamentarier und politisch ausgefuchster Verhandler. 1998 kam er mit dem Start der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder in den Deutschen Bundestag.

Zuletzt war der 1973 in Erfurt geborene Bankkaufmann und studierte Politologe nah an Olaf Scholz im Kanzleramt - als Staatsminister und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland. Schneider erarbeitete sich dabei parteiübergreifend Achtung. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lobte ihn wiederholt für seine Arbeit. 

Davor war Schneider parlamentarischer Geschäftsführer und Fraktionsvize der SPD-Fraktion im deutschen Bundestag. Zwischen 1998 und 2013 war er dort im Haushaltsausschuss sowie vier Jahre haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion. Umwelt und Klimaschutz gehörten bislang nicht zu seinen Fachgebieten.

Ostbeauftragter Carsten Schneider.

Als Umweltminister kann Carsten Schneider umfangreiche Fördergelder verteilen.

Wohnung und Bauen: Verena Hubertz

Verena Hubertz hat in der SPD eine Blitzkarriere hingelegt. Die Bundestagsabgeordnete aus Trier ist erst seit 2021 im Bundestag. Schon in der vergangenen Legislaturperiode war die 37-Jährige stellvertretende Fraktionsvorsitzende und damit an einer wichtigen Schaltstelle eingesetzt. Die studierte Betriebswirtin war in den vergangenen Tagen für viele Positionen gehandelt worden, unter anderem als künftige Partei- oder Fraktionsvorsitzende.

Als junge Unternehmerin gründete sie das Startup "Kitchen Stories" in Berlin mit einer Studienkollegin, eine videobasierte Koch-Plattform mit laut Hubertz über 20 Millionen Nutzern und 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Innerhalb der Geschäftsführung übernahm sie die Verantwortung für die Bereiche Vertrieb, Personal, Finanzen und Recht. Ende 2020 gab sie die Position ab, um in Trier und Trier-Saarburg für den Bundestag zu kandidieren.

Seit 2010 ist Hubertz SPD-Mitglied und engagierte sich unter anderem im Rahmen der "Initiative SPD++" für neue, digitale Formen der Mitgliederbeteiligungen.

Verena Hubertz

Verena Hubertz sitzt erst seit 2021 im Bundestag - und ist nun Ministerin.

Entwicklung: Reem Alabali-Radovan

Noch ein SPD-Ministerium geht an eine Ostdeutsche. Die bisherige Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, Reem Alabali-Radovan, ist die Überraschung im sozialdemokratischen Teil des neuen Kabinetts. Sie übernimmt künftig als Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Alabali-Radovan kommt aus dem Landesverband Mecklenburg-Vorpommern und gilt als enge Vertraute und politisches Ziehkind der dortigen SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Die studierte Politologin war dort unter anderem Landes-Integrationsbeauftragte.

Beim Listenparteitag der SPD Mecklenburg-Vorpommern vor der Bundestagswahl machte sich SPD-Landeschefin Schwesig ausdrücklich für Alabali-Radovan stark - und auch jetzt in den Kabinettsverhandlungen: Sie habe als Staatsministerin im Kanzleramt hervorragende Arbeit geleistet und "mit hoher Glaubwürdigkeit eine leistbare Migrationspolitik und eine bessere Integration vertreten", sagte Schwesig. Das habe über Parteigrenzen hinweg viel Anerkennung gefunden.

Die 35-Jährige ist in Moskau geboren. Ihre Eltern stammen aus dem Irak.

Reem Alabali-Radovan

Entwicklungsministerin Alabali-Radovan ist die sozialdemokratische Überraschung im Kabinett.

Inneres: Alexander Dobrindt

Alexander Dobrindt gehört schon lange zu den Schlüsselfiguren der Unionsspitze in Berlin, als mächtiger Vertreter der bayerischen Schwesterpartei der CDU. In den Koalitionsverhandlungen mit Friedrich Merz hat sich der CSU-Politiker den Ruf des zentralen und geschickten Unterhändlers gegenüber der SPD-Spitze erarbeitet - der durchaus in der Lage ist, geschmeidig zu agieren und Brücken zu bauen. Der Öffentlichkeit ist der 54-Jährige eher als konservativer Scharfmacher und Ex-Verkehrsminister im Kabinett von Angela Merkel (CDU) bekannt.

Damit ist er neben SPD-Mann Pistorius einer von zwei Ministern im Kabinett Merz, der die Leitung eines Bundesministeriums bereits kennt. In den Jahren 2013 bis 2017 als Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Danach war er Vorsitzender der CSU-Landesgruppe und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU.

Das Amt des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur brachte dem studierten Soziologen und ehemaligem Geschäftsführer eines Maschinenbauunternehmens unter anderem wegen der umstrittenen Pkw-Maut reichlich Kritik ein. Nun muss er als Innenminister zeigen, dass er den harten Unionskurs in der Asylpolitik auch umsetzen kann. Keine einfache Aufgabe.

Alexander Dobrindt

Der ehemalige Verkehrsminister Alexander Dorbindt kümmert sich künftig um Inneres.

Ernährung und Landwirtschaft: Alois Rainer

Der CSU-Politiker und Metzgermeister Alois Rainer gehört zu den eher unbekannten Gesichtern des neuen Kabinetts von Friedrich Merz. Rainer sitzt seit 2013 als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag und ist nun Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat.

Der Niederbayer war nur Söders zweite Wahl für den Ministerposten - bereits im Wahlkampf hatte der CSU-Chef immer Bayerns Bauernpräsidenten Günther Felßner als seinen Wunschkandidaten benannt. Dieser hatte aber im März nach Protesten von Umwelt- und Tierschützern gegen seine Person aufgegeben.

Rainer gehörte im Bundestag dem Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung sowie dem Verkehrsausschuss an. Zuletzt war der 60-Jährige Vorsitzender des Finanzausschusses.

Der gelernte Metzgermeister führte im Bayerischen Wald einen Gasthof mit Metzgerei. Wenige Tage vor seinem Aufstieg zum Bundeslandwirtschaftsminister sorgte der niederbayerische CSU-Politiker bereits mit Aussagen zu Fleisch für Wirbel. Via Bild-Zeitung kündigte er an, dass es mit ihm keine höheren Steuern auf Fleisch geben werde: "Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass keine Steuererhöhungen durchgeführt werden. Daran werde ich mich als zukünftiger Minister halten."

Der scheidende Amtsvorgänger Cem Özdemir (Grüne) hatte für eine leichte Erhöhung von Fleischpreisen plädiert, um den Umbau der Tierhaltung hin zu höheren Standards zu finanzieren.

Alois Rainer

Ein Metzgermeister ist nun für Ernährung und Landwirtschaft verantwortlich: Alois Rainer.

Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär

Dass Dorothee Bär diesmal Bundesministerin werden würde, hatte sich in den Koalitionsverhandlungen bereits abgezeichnet, als CSU-Chef Söder sie in sein Verhandlungsteam holte. Nun ist die 47-Jährige, die seit 2002 im Bundestag sitzt, Ministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt.

Dabei scheiden sich an der Unterfränkin, die unter anderem mit ihrem Social-Media-Auftritt eine der bekanntesten CSU-Politikerinnen ist, parteiintern die Geister: Auf Parteitagen wurde sie zwar wiederholt zu einer der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden gewählt, aber meist mit schlechtem Ergebnis.

Andererseits halten sie viele für ein Talent, das sie einst auch als Digital-Staatsministerin unter Kanzlerin Angela Merkel schon unter Beweis gestellt habe. Bei der vergangenen Bundestagswahl wurde sie bundesweite Erststimmenkönigin.

Dorothee Bär

Die Berufung von Dorothee Bär ins Kabinett hatte sich bereits frühzeitig angedeutet.

Mit Informationen von Matthias Deiß, Corinna Emundts, Mario Kubina, Torben Ostermann und Moritz Rödle, alle ARD-Hauptstadtstudio, sowie Stefan Böhnke und Katharina Seiler, beide NDR

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 05. Mai 2025 um 16:06 Uhr.