CDU-Chef Friedrich Merz (von li.), CSU-Chef Markus Söder und die SPD-Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken.

Schwarz-rote Koalitionsverhandlungen Nun geht es an die "dicken Brocken"

Stand: 28.03.2025 18:05 Uhr

Ab jetzt verhandeln die Parteichefs von Union und SPD selbst über den Vertrag für das gemeinsame Bündnis. Zuversicht ist das Motto der Stunde - auch wenn allen bewusst ist: Ein Koalitionsvertrag ist kein Wunschkonzert.

Von Ruth Kirchner , ARD-Hauptstadtstudio

Bei den Verhandlungen von CDU, CSU und SPD zur Bildung einer Koalition startet die entscheidende Phase. Seit dem Nachmittag sitzen die Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD im Willy-Brandt-Haus zusammen, um über die offen gebliebenen Fragen aus den Arbeitsgruppen zu verhandeln.

Zum Auftakt traten die Parteivorsitzenden noch einmal vor die Presse. Für Friedrich Merz ist es eine Premiere: Zum ersten Mal in seinem Leben betritt der CDU-Chef die Parteizentrale der SPD- und wird begrüßt vom Chef des Hauses, Lars Klingbeil:

 "Herzlich Willkommen - wir freuen uns und wollen gute Gastgeber sein.

 

Betonte Zuversicht

Wie es sich für erste Besuche gehört, antwortet Merz erst einmal mit Nettigkeiten: über die bisherigen Ergebnisse der Verhandlungen in den Arbeitsgruppen und wie das jetzt in einen Koalitionsvertrag überführt werden kann. "Die Gespräche der letzten Tage und Wochen sind von einem immer größer werdenden Vertrauen geprägt und insofern gehe ich mit großer Zuversicht jetzt auch in die nächsten Tage", so der wohl künftige Kanzler.

Auch CSU-Chef Markus Söder verbreitet Optimismus: "In ein paar Punkten haben wir noch unterschiedliche Auffassungen, aber wir werden das gemeinsam dann schon wuppen."

Sparkurs trotz zusätzlicher Milliarden

Doch diese "paar Punkte" sind beim näheren Hinsehen ganz schön "dicke Brocken", wie Merz selbst einräumt. Viele Details aus den bisherigen Arbeitsgruppen sind an die Öffentlichkeit gedrungen - und damit auch, wo es hakt zwischen Union und SPD, bei der Migrationspolitik etwa oder bei den Finanzen. Die Union will die Steuern für Unternehmen rasch senken, die SPD bremst.

Sie setzt vor allem auf "die Modernisierung des Landes",  wie Klingbeil betont. Und auf die Frage, "wie wir dafür sorgen, dass Dinge schneller investiert werden, dass sie ankommen, dass sie digitalisiert werden". Das Land müsse effizienter werden und "für die Bürgerinnen und Bürger, für die Unternehmen" müsse es "wieder einfacher" werden in Deutschland. "Das ist eine der großen Aufgaben die wir zu leisten haben", mahnt Klingbeil.

Merz spricht auch über Investitionen: Über die zusätzlichen Milliarden, die dafür jetzt nach der Grundgesetzänderung zur Verfügung stehen, aber auch über das Sparen und wie man die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessern kann. "Sind das vor allem die Kostenbelastungen, sind das die Steuern, die Sozialversicherungsbeiträge, die Energiekosten, die Bürokratiekosten? Darüber werden wir im Detail zu sprechen haben."

"Sehr, sehr viele Ideen" bei nur begrenzten Mitteln

Zumindest in einem Punkt sich die Parteispitzen einig. Nicht alle Vorschläge aus den Arbeitsgruppen haben eine Chance umgesetzt zu werden. Die Sozialdemokraten wollen nicht die Fehler der Ampel wiederholen, Dinge zu versprechen, die dann nicht finanziert werden können. SPD-Co-Chefin Saskia Esken bremst mit Blick auf die bisherigen Gespräche die Erwartungen - auch im eigenen Lager:

Das ist jetzt eine Sammlung von sehr, sehr vielen Ideen und sehr, sehr vielen Wünschen. Aber man muss schon sehr deutlich sagen, unsere Mittel sind begrenzt. Die Legislatur ist im Übrigen auch begrenzt, wir schreiben keinen Koalitionsvertrag für die nächsten 20 Jahre.

Doch rauskommen soll ein Vertrag, das betonen alle vier Parteichefs, der den großen Herausforderungen im eigenen Land und international gerecht wird. Das Willy-Brand-Haus ist dabei nur der Auftakt für die entscheidende Phase der Koalitionsverhandlungen. Weitere Gespräche wird es im Konrad-Adenauer-Haus geben und in der bayerischen Landesvertretung. Ob es aber tatsächlich, wie zunächst von Merz angekündigt, bis Ostern eine neue Regierung gibt, ist unklar. Bei den vielen "Brocken", die es noch zu besprechen gibt, könnte es auch länger dauern.

Ruth Kirchner, ARD Berlin, tagesschau, 28.03.2025 17:24 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. März 2025 um 18:00 Uhr.