Symbolbild: Ein Polizist vor den Überwachungsmonitoren (Quelle: dpa)

Berlin Berliner Koalition will Kompetenzen der Polizei deutlich ausweiten

Stand: 21.06.2025 20:34 Uhr

Welche Kompetenzen soll die Berliner Polizei bekommen? Längere Zeit lag die Regierungskoalition darüber im Streit. Nun haben sich die Fraktionsspitzen von CDU und SPD geeinigt. Die Polizei soll deutlich mehr Rechte bekommen. Von Angela Ulrich

Die schwarz-rote Koalition in Berlin will der Polizei mehr Kompetenzen geben. Nach längerem Streit haben sich die Fraktionsspitzen von CDU und SPD bei ihrer Klausur in Nauen auf eine Novelle des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (kurz: ASOG) geeinigt.
 
Die Polizei bekommt mehr Rechte und Sicherheiten, beispielsweise bei Videoüberwachung, der Überwachung von Online-Kommunikation, beim "finalen Rettungsschuss" oder auch einer Fußfessel für Gewalttäter.
 
"Mit der umfassenden ASOG-Novelle lösen wir ein Versprechen an die Berlinerinnen und Berliner ein", sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dem rbb. Die Koalition setze mit einem "deutlichen Plus an Schutz und Sicherheit" eines ihrer wichtigsten Vorhaben um.

Symbolbild:Ein Polizist mit Headset sitzt an einem Computer.(Quelle:picture alliance/dpa/M.Balk)
Polizei in Berlin soll Telefonüberwachung unbefristet nutzen dürfen
mehr

Kritik von Grünen und Linken

Grüne und Linken hingegen kritisieren das neue Polizeigesetz. "Statt die Alltagsnöte der Polizei zu adressieren, werden mit der Novelle neue Befugnisse und Aufgaben geschaffen, die vor allem Sicherheit simulieren", moniert Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco. Er nennt mehr Videoüberwachung "Symbolpolitik".
 
Auch die Linke spart nicht mit Kritik: Während Projekte der Gewaltprävention gekürzt würden, setze die Koalition auf "Polizei und Repression als Mittel gegen gesellschaftliche Probleme", erklärt Linken-Innenpolitiker Niklas Schrader. Schwarz-Rot habe "jegliches Maß beim Schutz der Grundrechte verloren."

DIE GEPLANTEN NEUERUNGEN IM SICHHEITS- UND ORDNUNGSGESETZ

Videoüberwachung mit KI an Kriminalitäts-Hotspots

Videoüberwachung soll an kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Kottbusser Tor, dem Alexanderplatz, dem Görlitzer Park oder dem Hermannplatz künftig dauerhaft sein. Es soll auch künstliche Intelligenz (KI) dazu genutzt werden. Damit sollen laut Spranger keine Personen identifiziert, sondern "Verhaltensmuster" wie beispielsweise Schlägereien frühzeitig erkannt werden.
 
Die Berliner Verkehrsbetriebe dürfen künftig Videoaufnahmen aus Überwachungskameras länger speichern – 72 statt bisher 48 Stunden. Das soll traumatisierten Opfern von Straftaten mehr Zeit geben, sich bei der Polizei zu melden und auszusagen.

Kommunikation zur Terrorbekämpfung abhören

Ein weiterer Baustein ist die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (kurz: Quellen-TKÜ). Damit soll Kommunikation erfasst werden, bevor sie etwa über Messenger-Dienste wie WhatsApp verschlüsselt wird. Die Polizei soll unter strengen Auflagen verschlüsselte Kommunikation abhören dürfen.
 
"Dabei liegt der Fokus auf der Abwehr von organisierter Kriminalität und Terrorismus", betont SPD-Innenpolitiker Martin Matz. Die Quellen-TKÜ werde nicht auf normale Bürger und Kleinkriminelle ausgeweitet. Auch können Kryptowährungen künftig präventiv beschlagnahmt werden.
 
Polizisten soll künftig der "finale Rettungsschuss" erlaubt werden, bei Gefahr für Leib und Leben. Bisher war das in Berlin – anders als in vielen anderen Bundesländern – nicht gesetzlich geregelt. Polizisten können sich nur auf Notwehr und Nothilfe berufen, wenn sie angegriffen werden und sich mit der Schusswaffe verteidigen.

Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, spricht während der Fragestunde in der Plenarsitzung im Berliner Abgeordnetenhaus. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Durchbruch bei der Verwaltungsreform in Berlin
Seit Jahrzehnten wird in Berlin eine Verwaltungsreform diskutiert, die die Zuständigkeiten von Land und Bezirken klar regelt. Nun ist es zu einer Einigung im Abgeordnetenhaus gekommen.mehr

Fußfessel zum Schutz vor Gewalttätern

Der Schutz von Frauen gegen häusliche Gewalt soll ausgeweitet werden. Gefährliche Ex-Partner mit Annäherungsverbot sollen eine Fußfessel bekommen. Wie in Spanien bereits erprobt, können Frauen auf Wunsch mit einer Technik ausgestattet werden. Damit sind sie in der Lage selbst frühzeitig zu bemerken, wenn sich ein gewalttätiger Partner nähert.
 
Gewalttätern soll zudem länger verboten werden können, die gemeinsame Wohnung zu betreten – 28 statt bisher 14 Tage. Ziel ist, den Opfern mehr Zeit zu geben, Schutz beim Familiengericht zu bekommen. Von "wichtigen Signalen für Opferschutz" spricht die Innensenatorin.
 
Insgesamt sei es wichtiger, bereits vorhandene Informationen besser zu verarbeiten, als ständig neue zu sammeln, sagt SPD-Innenexperte Matz dem rbb. Das reformierte Polizeigesetz gehe beim Datenabgleich einen wichtigen Schritt voran. Am Sonntagnachmittag gehen die Beratungen beider Parteien weiter.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 21.06.2024, 19.30 Uhr