Symbolbild:Fußgänger überqueren die Leipziger Straße in Berlin vor wartenden Autos.(Quelle:picture alliance/AP/M.Sohin)

Berlin In Berlin gibt es immer weniger Autofahrer und immer mehr Fußgänger

Stand: 09.04.2025 12:18 Uhr

Wenn es in Berlin Streit um den Verkehr gibt, geht es meistens um Autos oder Fahrräder, BVG oder S-Bahn. Eine neue Studie zeigt jetzt aber: Die Mobilität in der Stadt hat sich deutlich verändert. Von Klaas-Wilhelm Brandenburg

  • immer mehr Menschen in Berlin gehen zu Fuß
  • immer weniger haben Autos oder fahren mit ihnen
  • kaum Veränderung gibt es bei Fahrrad, Bus und Bahn

Autos raus aus der Stadt - diese Forderung mancher Umweltschutzorganisationen scheinen die Menschen in Berlin wörtlich zu nehmen: Denn sie haben immer seltener ein Auto und fahren auch weniger damit. Das zeigt eine Studie der Technischen Universität Dresden, deren Ergebnisse die Berliner Senatsverwaltung für Verkehr Anfang der Woche veröffentlichte [berlin.de]. Zuerst hatte die "Berliner Zeitung" am Dienstag darüber berichtet.
 
Demnach sank von 2013 bis 2023 der Anteil des sogenannten motorisierten Individualverkehrs (MIV), der vor allem aus Autos besteht, von 30 auf 22 Prozent. In derselben Zeit stieg der Anteil der Menschen, die zu Fuß gehen, von 31 auf 34 Prozent. Kaum Veränderungen gibt es beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), 2023 machte er 26 Prozent aus. Der Anteil des Fahrradverkehrs stieg im Zehn-Jahres-Vergleich um fünf Prozentpunkte auf 18 Prozent - so hoch war er allerdings schon 2018, seitdem hat er sich nicht verändert.

Symbolbild:Ein Bagger des Herstellers Liebherr steht auf der Strecke der U-Bahn-Linie U2 direkt hinter der Station Gleisdreieck in Berlin.(Quelle:picture alliance/C.E.Janssen)
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Bus und Bahn sind Sieger nach Kilometern

Wenn man nicht nur darauf schaut, welche Verkehrsmittel die Berliner:innen nehmen (Grafik oben), sondern auch darauf, wie viele Kilometer sie jeden Tag mit ihnen fahren (Grafik unten), ist das Bild schon etwas anders: Dann setzen sich Bus und Bahn an die Spitze - mit ihnen legen die Menschen in Berlin insgesamt die größte Strecke zurück. Dahinter folgen Autos und Fahrräder. Zu Fuß werden nur kürzere Strecken zurückgelegt.
 
Auch in dieser Betrachtung zeigt sich: Autos werden in Berlin immer unwichtiger. Ihr Anteil sank von 45 Prozent im Jahr 2013 auf 38 Prozent zehn Jahre später. Fahrräder gewinnen an Bedeutung, allerdings zuletzt weniger stark. Die Anteile des ÖPNV und des Fußverkehrs bleiben weitgehend gleich, mit einer leichten Tendenz nach oben.

Vor allem kleine Haushalte haben selten einen Pkw

Ein Grund, warum die Menschen in Berlin immer weniger Kilometer mit dem Auto zurücklegen: Sie haben seltener ein Auto. 2013 besaßen noch 60 Prozent der Haushalte mindestens einen Pkw, 2023 nur noch 54 Prozent. Das heißt aber auch: Die autofreien Haushalte in Berlin sind noch in der Minderheit.
 
Einen deutlichen Unterschied macht, ob in einem Haushalt nur ein Mensch lebt oder mehrere. Fast zwei Drittel der Ein-Personen-Haushalte unter 65 Jahren hatte kein Auto, bei den Über-65-Jährigen waren es mit 54 Prozent immer noch mehr als die Hälfte. Mehrpersonen-Haushalte dagegen haben nur zu etwa 28 Prozent kein Auto, das Alter der Menschen macht dabei kaum einen Unterschied aus.

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Auto ist das unbeliebteste Verkehrsmittel

Die Autos, die noch in Berlin fahren, werden eher selten bewegt: Nur 14 Prozent der Pkw-Fahrenden oder -Mitfahrenden nutzen das Auto täglich oder fast täglich. Den ÖPNV dagegen nutzen 28 Prozent der Fahrgäste täglich oder fast täglich. Und zu Fuß gehen 47 Prozent der Menschen (fast) jeden Tag.
 
Das Verkehrsmittel mit den höchsten Sympathiewerten der Berliner:innen ab 14 Jahren ist mit Abstand ihr eigenes Paar Füße, gefolgt vom Fahrrad und dem ÖPNV. Dass sie gerne mit dem Auto fahren, sagen die Wenigsten.

Die Ergebnisse sind Teil der deutschlandweiten Studie "Mobilität in Städten", für die das Marktforschungs-Institut Omnitrend im Auftrag der TU Dresden Haushalte in mehr als 100 Kommunen befragt hat. In Berlin nahmen von Februar 2023 bis Januar 2024 etwa 40.000 Menschen teil, die Teilnahme war freiwillig.