
Berlin Interview | Regisseur Herbert Fritsch: "Die Bühne ist für mich wie ein Musikinstrument"
Herbert Fritsch inszeniert den Klassiker "Ein Florentinerhut" an der Komischen Oper Berlin unter dem Titel "Pferd frisst Hut". Was es mit diesem Titel auf sich hat und welche Rolle Pop-Ikone Herbert Grönemeyer spielt, erzählt der Regisseur im Interview.
rbb: Herr Fritsch, warum trägt das Stück "Ein Florentinerhut" in Ihrer Inszenierung den Titel "Pferd frisst Hut"?
Herbert Fritsch: Ich wollte damals in Oberhausen den Florentinerhut machen. Durch Zufall habe ich herausgefunden, dass Orson Welles das Stück am Broadway gemacht hat und es "Horse Eats Hat" nannte. Mir hat das sofort gefallen und ich dachte, dass der Titel viel schöner ist als "Ein Florentinerhut".
Ihre Stücke sind emotionsgeladen und bringen das Publikum zum Lachen. In "Pferd frisst Hut" gibt es die Aussage "Wer braucht hier Grautöne?". Ist das die prägnante Zusammenfassung ihres Regie-Schaffens?
Ja, das trifft den Nagel auf den Kopf. Ich wollte alles anders machen, bunt werden und mich von den Grautönen entfernen. Die Farbe hat etwas sehr Befreiendes, sehr erhebendes und kann die Stimmung von jedem einzelnen beeinflussen. Das fasziniert mich.
Es heißt oft, dass Komödien bunt, laut und schnell sind. Das muss nicht immer so sein, aber wichtig ist, dass es knallt.
Große Vorbilder, sind die Filme von Buster Keaton, Charlie Chaplin – das sind alles Grautöne aber die Bewegungen, die Gesichter, diese unglaublichen Effekte, das war so bunt und so unglaublich. Wenn man das anguckt, vergisst man die Grautöne und denkt, das sei bunt.
Ein auffallendes, immer wiederkehrendes Stilmittel dieser Komödie sind Türen. Was hat es damit auf sich?
Eigentlich bin ich kein Fan von Türen, weil man die immer als Auftakt einsetzt. Ich dachte, wenn ich mal etwas mit Türen mache, dann mit richtig vielen, vor allem auch einer Drehtür in Anlehnung an "Playtime" von Jaques Tati.
Ich will immer alles doppelt so viel, doppelt so schlimm. Es soll so drüber sein, dass man als Zuschauer überhaupt nicht mehr zum Atmen kommt.
Ich will immer alles doppelt so viel, doppelt so schlimm. Es soll so drüber sein, dass man als Zuschauer überhaupt nicht mehr zum Atmen kommt. Ich finde es toll, wenn die Schauspieler ins Extreme gehen, das ist auch eigentlich etwas ganz Natürliches. Ich finde es ein Verlust, dass in der Moderne alles sachlich geworden ist, alle haben die gleichen Gesichter und es fehlt an Gefühlen. Diesen Verlust will ich mit Komödien wieder aufheben.
Herbert Grönemeyer vertont das Stück und Sie führen Regie. Wie hat sich das Duo Herbert & Herbert kennengelernt?
Herbert Grönemeyer war mit seiner Familie dreimal in meiner Komödie "Die Spanische Fliege". Er meinte zu mir, so etwas hätte er noch nie gesehen und so haben wir uns kennengelernt. Wir haben daraufhin versucht, zusammen zu arbeiten, was jedoch durch die Pandemie schiefgegangen ist. Daraufhin haben wir überlegt zu einem anderen Zeitpunkt etwas zu machen und so ist "Pferd frisst Hut" entstanden.
Was schätzen Sie an der Zusammenarbeit?
Herbert strahlt eine große Ruhe aus. Ich schätze seinen guten Humor und dass man mit ihm auch während der Probe lachen kann. Mit allen Leuten ist es ein tolles Zusammensein – mit Herbert, den Schauspielern, den Gewerken.
Es ist wichtig den Spaß bei der Arbeit nicht zu verlieren. Es gibt natürlich auch Phasen beim Proben, wo einem der Spaß manchmal vergeht. Zum Beispiel wenn die Schauspieler immer wieder genau auf den Takt in einem bestimmten Rhythmus gegen eine Tür rennen müssen. Die Bühne ist für mich eben wie ein Musikinstrument.
Haben Sie sich in Ihren Gebieten "Regie" und "Musik" abgegrenzt oder fand da ein gegenseitiger Austausch statt?
Nein, ich habe mich eigentlich nicht wirklich zu der Musik geäußert. Letztendlich hat Herbert alles selbst entschieden und da mische ich mich auch nicht ein. Ich habe nur insofern darauf geachtet, dass die Sänger der Musik einen Ausdruck verleihen und dass es nicht einfach so weggesungen ist.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview mit Herbert Fritsch führte Steffen Prell für rbbKultur - das Magazin.
Sendung: rbbKultur - das Magazin, 08.02.2025, 18:30 Uhr