
Berlin Interview: Fête de la Musique
Zum 30. Mal findet am Samstag die Fête de la Musique in Berlin statt. rbb|24 hat mit dem Sprecher der Fête über Highlights aus drei Jahrzehnten, das diesjährige Fest und die Bedeutung von kostenlosen Konzerten gesprochen.
Am 21. Juni findet weltweit die Fête de la Musique statt. Auch in Berlin und Brandenburg wird gefeiert.
In allen Bezirken der Hauptstadt soll es am Samstag kostenlose Konzerte geben. Über 300 Locations werden bespielt. Die Berliner Fête gilt als die größte weltweit. In diesem Jahr feiert die Fête in Berlin ihr 30-jähriges Jubiläum. Aus diesem Grund hat rbb|24 mit Carsten Stricker über Highlights aus der Vergangenheit, Dinge, auf die sich Besucher in diesem Jahr freuen können und die Bedeutung von musikalischen Stadtfesten für eine Stadt gesprochen.
rbb|24: Die Fête de la Musique wird in diesem Jahr 30 Jahre alt. Was ist Ihre schönste Fête-de-la-Musique-Erinnerung?
Carsten Stricker: Da gibt es sehr viele schöne Erinnerungen. Mein persönliches Highlight war 2019 der "European Sing Along". Da werden Leute zum Flashmob zusammengerufen, um gemeinsam die "Ode an die Freude" und weitere Lieder zu singen. Wir haben das auf dem Gendarmenmarkt gemacht und mit 500 Menschen gerechnet. Am Ende waren es 4.500 Leute und der Platz war rappelvoll. Das war natürlich ein ganz tolles Gemeinschaftserlebnis.
Die Fête hat sich 30 Jahre gehalten – was machen Sie offenbar richtig?
Ich glaube, Berlin ist ein sehr guter Ort für die Fête, weil die Stadt so vielfältig ist und die Kieze so unterschiedlich sind. Jeder hat die Möglichkeit, im Rahmen der Fête de la Musique, das zu finden, was er mag. Musikalisch und stilistisch haben wir von Techno bis Punkrock, über Kindermusik bis zu den Berliner Philharmonikern alles dabei. Und das teilweise Tür an Tür, so dass die Leute ein ganz buntes Programm in fußläufiger Entfernung geboten bekommen, wenn sie zum Beispiel in Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow oder Mitte unterwegs sind. Aber auch in den Außenbezirken gibt es jede Menge zu hören und zu sehen.

Konzert auf der Fête de la Musique 2024.
Mit welchen Highlights können die Menschen in diesem Jahr rechnen?
Wir haben in diesem Jahr eine Rekordanzahl von Musikorten - fast 300. Wir werden also ungefähr 1.000 Konzerte haben. Daraus Highlights herauszuziehen ist schwierig, aber ich nenne mal stellvertretend ein paar Sachen, die ich persönlich spektakulär finde.
Die Berliner Philharmoniker spielen ein Konzert und werden es nach draußen übertragen. Wir haben ins Kulturforum eine große LED-Wand gestellt, sowie entsprechende Verstärkeranlagen und das kann man sich dann umsonst und draußen im Kulturforum anschauen.
Es gibt tolle Sachen im Pop- und Rockbereich und das renommierte Berliner Techno-Label "Stil vor Talent" spielen in der Wiener Straße. Dort legt Oliver Koletzki auf, das wird natürlich ein Highlight werden. Das Museum für Kommunikation macht wie jedes Jahr ein tolles Programm. "Rough Trade", ein Plattenladen in Neukölln, macht zum ersten Mal eine Open-Air-Bühne mit sehr ambitioniertem internationalem Programm.
Was mir persönlich auch gut gefällt, ist die Seniorenstiftung Prenzlauer Berg: Dort gibt es in jedem Jahr zur Fête de la Musique Rock im Altersheim. Das wird supergut angenommen. Tolles Programm gibt es auch im Golgatha, im Centre Francais und auf dem Flughafen Tempelhof. Ich könnte jetzt wahrscheinlich noch eine halbe Stunde weiter erzählen und es tut mir leid um jeden, den ich nicht nennen konnte.
Hunderte Spielorte, rund 1.000 Konzerte - das alles kostet viel Geld. Sie könnten dafür auch Eintritt verlangen. Das machen Sie aber nicht. Warum nicht?
Weil das das Prinzip der Fête de la Musique ist. Die wurde 1982 von Jack Lang, dem damaligen französischen Kulturminister, ins Leben gerufen mit der Prämisse: 'Leute, geht auf die Straße und musiziert. Egal, wie gut ihr euer Instrument spielt oder wie professionell ihr seid.' Dieser Spirit, des ehrenamtlichen Engagements, der Gedanke des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Nutzbarkeit des öffentlichen Raumes für alle, sind die Präambeln der Fête de la Musique.
Und nur so wird auch ein Schuh draus. Es gibt Friseursalons, die eigene Bühnen machen. Es gibt Straßenmusik und es gibt große Bühnen. Die Fête ist so unterschiedlich, das kriegt man nur unter einen Nenner, wenn alles umsonst ist und von ehrenamtlichem Engagement getrieben wird.
Berlin ist eine Stadt der Musik. Es gibt nicht nur die Fête de la Musique, sondern immer wieder kostenlose Open Air Konzerte. Was glauben Sie, welche Bedeutung haben solche kostenlosen Musikveranstaltungen für eine Stadt?
Ich glaube, dass die sehr wichtig sind. Meiner Meinung nach sind Musik und Kultur so etwas wie die Kleber, die die Gesellschaft zusammenhalten. Bei diesen niedrigschwelligen Veranstaltungen mit freiem Eintritt geht man auch mal wohin, wo man sonst nicht hingeht. Man bewegt sich aus seiner Bubble heraus, hört sich Musik an, die man sonst nicht kennt und trifft Leute, die man sonst vielleicht nicht in seinem normalen Umfeld trifft. Man geht in Kneipen oder Clubs, die man sonst nicht besucht. Man lernt die Stadt und die Menschen wieder ganz anders kennen, und ich glaube das ist ein sehr wichtiger gesellschaftspolitischer Faktor.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Yasser Speck, rbb|24.
Sendung: rbb24 Abendschau, 21.06.2025, 19:30 Uhr.