Die zuständige Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Wolfgang Dobrikat (M) vor Prozessbeginn. Fünf Monate nach einem tödlichen Messerangriff auf eine 36-Jährige beginnt gegen ihren Ex-Mann der Prozess wegen Mordes vor dem Berliner Landgericht. (Quelle: dpa/Bartos)

Berlin Landgericht Berlin: Mordprozess im Fall einer erstochenen Frau gestartet

Stand: 27.01.2025 16:13 Uhr

Mutmaßlich war es Femizid: Ein Mann soll seine Ex-Frau im Sommer 2024 aus Eifersucht ermordet haben. Dabei bestand bereits ein Annäherungsverbot gegen ihn. Am Montag begann der Prozess - anwesend war auch die Familie der Geöteten.

Fünf Monate nach dem tödlichen Messerangriff auf eine 36 Jahre alte Frau in Berlin-Zehlendorf hat am Montag der Prozess gegen ihren Ex-Mann begonnen. Der 50-Jährige soll die vierfache Mutter laut Anklage aus "massiver Eifersucht" und "übersteigertem Besitzdenken" attackiert haben.
 
Der Verteidiger kündigte vor dem Landgericht an, dass sich der Angeklagte zu einem späteren Zeitpunkt zu den Vorwürfen äußern und es keinen Streit darüber geben werde, ob er die Tat begangen habe. Die Mordmerkmale aber seien fraglich, so der Anwalt bei seiner Eröffnungserklärung.
 
Die Kinder der Getöteten sowie ihre Eltern und mehrere Geschwister sind Nebenkläger im Prozess. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Femizid aus, also von der Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts. Konkret soll sich der Mann an seiner früheren Frau dafür gerächt haben, dass sie ihn verlassen hatte.

Archivbild:30.08.2024, Berlin: Kerzen und Blumen stehen und liegen in Berlin-Zehlendorf an dem Ort, an dem mutmaßlich ein Mann seine Ex-Frau erstochen haben soll.(Quelle:dpa/F.Sommer)
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Schläge, Tritte, Messerstiche

Ermittlungen zufolge hatte sich die Frau im Jahr 2020 getrennt und zwei Jahre später scheiden lassen. Der 50-Jährige habe sich "tief beleidigt und in seiner Ehre verletzt gefühlt", heißt es in der Anklage. Er sei nicht bereit gewesen, "zu akzeptieren, dass die Frau ihr Leben ohne ihn fortsetzen würde und sich anderen Männern zuwenden könnte". Immer wieder habe er ihr nachgestellt und sie schließlich am 28. August 2024 angegriffen.
 
Der Ex-Ehemann soll sich gegen 20 Uhr in einem Gebüsch verborgen haben - bewaffnet mit einem Messer. Als die Frau das Haus verließ, habe er sie unvermittelt angegriffen und beleidigt. Nach Schlägen und Tritten habe es die Frau zunächst geschafft, sich aufzurappeln und wegzurennen. Ihrem Ex-Mann sei es aber gelungen, sie einzuholen und sie erneut zu attackieren. Dabei stach er ihr laut Anklage dreimal "mit unbedingtem Tötungswillen" mit einem Messer in die Brust.
 
Ein Stich traf das Herz. Eine Zeugin legte sich den Ermittlungen zufolge noch schützend auf die verletzte Frau. Doch der Mann habe erneut auf das Opfer eingestochen, dann sei er am Tatort geblieben und habe die Rettungsversuche mehrerer Zeugen beobachtet, heißt es in der Anklage. Bei seiner Festnahme soll er weiter schimpfend geäußert haben, die Frau habe "nicht verdient zu leben, es sei um seine Ehre gegangen". Sie habe ihn "wahnsinnig" gemacht.

Eine kleine Gruppe steht vor dem Eingang des Kriminalgerichts in Moabit und demonstriert. (Quelle: dpa/Bartos)

Vor dem Gericht protestierten Menschen gegen Femizide

Verteidigung: "Spontane Gewalttat"

In der Ehe gab es den Angaben zufolge mehrfach Fälle von häuslicher Gewalt durch den Beschuldigten gegen die in Berlin geborene Frau. Die erwirkte nach der Trennung über ein Gericht eine sogenannte Gewaltschutzverfügung und ein Annäherungsverbot. Das heißt, der Ex-Ehemann durfte sich ihr nicht nähern, sie nicht ansprechen, sondern musste einen vorgeschriebenen Abstand halten. Zudem wurde die 36-Jährige in einer geschützten Wohnung untergebracht.
 
In seiner Eröffnungserklärung sagte der Verteidiger weiter, aus seiner Sicht werde die Verhandlung "nicht ergeben, dass er die Frau aufgrund ihres Geschlechts angriff". Der Begriff Femizid treffe in diesem Fall nicht zu. Sein Mandant sei am Tattag von einem Badesee gekommen. Der Anwalt sprach von einer "spontanen Gewalttat".

Der Mann befindet sich seit 29. August in Untersuchungshaft. Er ist laut Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung, Bedrohung und Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz vorbestraft. Laut Polizei hat er die Tat gestanden.
 
Vor dem Gerichtsgebäude protesierte am Montagmorgen eine kleine Gruppe gegen Femizide. Teilnehmer hielten unter anderem ein Banner hoch mit der Aufschrift "Wir wollen uns lebend. Stoppt Femizide".
 
Der Prozess wird am 31. Januar fortgesetzt.

Sendung: rbb 88,8, 27.01.2025, 11:00 Uhr