
Berlin Stream-Veranstaltung an FU: Kritik an Umgang mit Auftritten von umstrittener UN-Berichterstatterin Albanese
Die UN-Sonderberichterstatterin für Gaza, Francesca Albanese, sprach am Mittwoch in einem Stream zu FU-Studentinnen und Studenten. Vorausgegangen war eine Diskussion um die Veranstaltung.
Mehrere geplante Auftritte der UN-Sonderberichterstatterin für Gaza, Francesca Albanese, in Berlin haben zu Kritik am Umgang Berlins mit der umstrittenen Expertin geführt.
Am Mittwoch wurde eine Diskussionsveranstaltung mit Albanese und Eyal Weizman vom Projekt Forensic Architecture, die eigentlich an der Freien Universität hatte stattfinden sollen, im Internet in einen Hörsaal und andere Räume der Universität gestreamt. Statt persönlich sprach Albanese aus dem Umspannwerk in Kreuzberg zu den Studentinnen und Studenten.
Die Diskussionsveranstaltung war auch auf Druck des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) hin als Präsenzveranstaltung abgesagt worden.

Polizei spricht von "störungsfreier" Veranstaltung
Die Polizei begleitete nach Angaben der Deutschen Presse Agentur am Mittwoch die Veranstaltung im Umspannwerk. Auch an der FU seien Polizeikräfte vor Ort gewesen. Dort wurde der Stream in den Räumen des Allgemeinen Studierenden Ausschusses und im Hörsaal 1a, dem eigentlichen Veranstaltungsort gezeigt.
Wie die dpa unter Bezug auf einen Universitätssprecher berichtet, habe die FU die Polizei hinzugerufen, weil sie die Sicherheitslage als "nicht kontrollierbar" einstufte. Etwa 40 Personen sollen sich Zugang zu einem Hörsaal verschafft haben, gegen 12 Uhr hätten sie diesen aber wieder verlassen. Von einer Besetzung wollte die Universität allerdings nicht sprechen. Die Polizei gab an, beide Veranstaltungen - sowohl in der FU als auch im Umspannwerk seien "störungsfrei" beendet worden.
Zweiter Albanese-Auftritt in Berlin in dieser Woche
Albanese warnte bei der Veranstaltung davor, die Freiheit der Wissenschaft einzuschränken. Es sei besorgniserregend, dass Universitäten Vorträge absagten, sagte sie. Universitäten seien Orte, an denen man sich auch darauf einigen könne, sich nicht einig zu sein.
Bereits am Dienstagabend hatte Albanese einen Auftritt in Berlin gehabt - auch diesem war ein kurzfristiger Ortswechsel vorausgegangen. Statt im Umspannwerk sprach sie in den Räumen der Tageszeitung "Junge Welt" in Mitte. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurde auch dieser Auftritt von der Berliner Polizei begleitet, sogar der Staatsschutz sei vor Ort gewesen, um mögliche strafbare Aussagen Albaneses zu unterbinden. Der Geschäftsführer der Jungen Welt, Dietmar Koschmieder erklärte dazu, die Polizei sei gegen seinen Willen in den Veranstaltungsraum "eingedrungen". Gegenüber der "taz" hatte er im Vorfeld sogar ein mögliches juristisches Vorgehen gegen das Verhalten der Polizei angekündigt.
UN-Sonderberichterstatterin ist höchst umstritten
Die italienische Rechtswissenschaftlerin Francesca Albanese ist seit 2022 "UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas". Sie fiel in der Vergangenheit bereits mehrfach durch Aussagen und Posts in sozialen Netzwerken auf, die weithin als eindeutig antisemitisch eingestuft werden.
So befürwortete sie beispielsweise im vergangenen Sommer auf "x" einen Post, der den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Adolf Hitler verglich (externer Link: spiegel.de). Bereits früh in ihrer Amtszeit verwendete sie im Zusammenhang mit der Siedlungspolitik der israelischen Regierung auch den Begriff "Apartheids-Regime", sie musste sich auch schon für frühere Aussagen entschuldigen, die suggerierten, vermeintliche jüdische Eliten würden in den USA im Hintergrund herrschen.

Senat machte Druck auf FU
Der gestreamten Veranstaltung am Dienstag war eine längere Diskussion vorausgegangen. Nachdem die FU die Diskussion mit Albanese angekündigt hatte, äußerten sich bereits vor mehr als einer Woche Berliner Regierungspolitiker und forderten eine Absage. So übte die Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) Druck auf die Universität aus und bat öffentlich, den Vortrag zu überdenken. Auch Bürgermeister Kai Wegner schaltete sich einmal mehr persönlich ein.
Die jüdisch-deutsche Werteinitiative hatte mitgeteilt, man sei "höchst irritiert", dass Albanese und Weizmann eine Bühne an der FU geboten werden sollte. Letzteren bezeichnete die Deutsch-Israelische Gesellschaft, die den geplanten Termin ebenfalls kritisiert hatte, als "Hamasverharmloser". Zuvor war eine Veranstaltung mit Albanese in München, die an der Ludwig-Maximilians-Universität am vergangenen Wochenende geplant gewesen wäre, abgesagt worden. Die FU hatte die Veranstaltung letztlich aus Sicherheitsgründen nicht mehr in Präsenz abgehalten und sich stattdessen für die Zwischenlösung mit einem Stream entschieden.
Linke kritisiert Absage der Veranstaltung
Die Partei Die Linke kritisierte die Absage der Veranstaltung als "verstörend". Es müsse möglich sein, öffentlich über Menschenrechtsverletzungen im Gazastreifen zu sprechen. Auch den Vorwurf des "Genozids" wolle die Linke nicht pauschal verbieten. Dieser werde immerhin derzeit vom internationalen Strafgerichtshof in Den Haag geprüft.
Der IGH beschäftigt sich mit einer von Südafrika erhobenen Klage gegen die israelische Regierung wegen des Vorwurfs des Völkermordes. Die Art der Kriegsführung im Gazastreifen wurde auf internationaler Ebene mehrfach kritisiert. Nach Schätzungen sollen fast 50.000 Menschen in Gaza durch Angriffe des israelischen Militärs ums Leben gekommen sein. Die Zahlen beruhen auf Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde im von der Hamas kontrollierten Gaza, werden allerdings von vielen westlichen Regierungen und der UN als zuverlässige Quelle anerkannt.
Auslöser für den Ausbruch des Krieges war der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem fast 1.200 Menschen starben. Derzeit haben sich Israel und die Hamas auf eine vorrübergehende Waffenruhe geeinigt. Noch immer sind schätzungsweise etwa 70 Geiseln in der Hand der Hamas, einige sollen bereits tot sein. Im Rahmen des Deals kommen derzeit immer wieder vereinzelt israelische Geiseln frei (tagesschau.de) - im Gegenzug für palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen.